MARIES POV:
Ich zappelte und versuchte, mich an der Stange vorbeizudrängen oder mich los zu machen. Auch, wenn es vorher schon nicht geklappt hatte, versuchte ich es immer und immer wieder.
"Mach dir nicht die Mühe", sagte Nele ruhig. Obwohl sie so unendlich weit weg war, konnte ich ihre Stimme klar und deutlich verstehen. Dieser Ort, diese weiße Unendlichkeit, schien eine deutlich höhere Dichte zu haben, den Schall viel besser zu übertragen. Es war eigentlich unmöglich, dass wusste ich selbst, aber es war so. Irgendwann gab ich es auf, zu Nele durchdringen zu wollen. Irgendwann sah ich ein, dass es nichts brachte. Nele stand unmittelbar neben dem schwarzen Leck. Sie trug ein langes weißes Kleid, fast wie ein Nachthemd oder das Geisterkostüm, unter dem wir zwei immer zu Halloween versteckt waren. Ihr Gesicht war fröhlicher, als ich es in Erinnerung hatte. Sie trug keine Schminke, ihr teint war lebendig und die Augenringe wie weg gefärbt.
"Du siehst besser aus", sagte ich vorsichtig und betrachtete sie weiter.
"Ja", meinte sie und strich sich mit einer Hand eine Falte glatt. Ich weiß nicht genau, wie lange wir zwei einfach so dastanden, einander ansahen, nichts taten. Einfach glücklich waren, hier zu sein.
"Warum bist du hier?", fragte ich schließlich. Neles Haare flogen in ihre Augen und sie strich sie mit einer Handgester zurück.
"Ich muss dir doch sagen, dass es nicht deine Schuld war", antwortete sie. Ich stockte. Was sollte das denn jetzt? Wieso bestrafte sie mich erst so und sagte dann, es sei nicht meine Schuld?
"Es war niemandens Schuld, es ist einfach passiert", fügt sie hinzu. Jetzt war ich vollkommen verwirrt. Nele hatte, moment, was hatte sie? Sie hatte sich selbst umgebracht, aber es war niemandens Schuld? Natürlich, es muss doch einen Grund gegeben haben!
"Das kannst du nicht ernst meinen!", sagte ich. Nele zögerte und wickelte sich eine Haarsträne um den Finger.
"Okay, einer hatte Schuld, aber du kennst ihn nicht. Und du wirst ihn auch nicht finden. Vielleicht kennt er dich sogar, also sei vorsichtig. Du weißt nicht, was alles passieren kann", antwortete sie. Neles Miene blieb nicht unverändert. Sie lächelte, als wären wir hier zu einer Nähgruppe unter Senioren eingeladen. Aber ich hatte Recht. Einer hatte Schuld. Aber wer könnte Schuld daran haben, den ich nicht kenne? Wenn ich es nicht bin? Und Ju und Andre oder ihre Eltern oder irgendein ehemaliger Klassenkamerad auch nicht? Wer könnte Nele zu so etwas treiben?
"Wieso bestrafst du mich dann so? Wenn ich nicht Schuld bin?", sprach ich meine Gedanken laut aus.
"Was meinst du?", fragte Nele. Zum ersten Mal wechselte sie ihren Gesichtsausdruck von freundlich zu verwirrt.
"Na das Leck da neben dir! Tu nicht so!", blaffte ich. Im nachinein schämte ich mich dafür.
"Das ist nicht mein Werk", sagte Nele wieder freundlich. "Das warst du selbst." Ich stockte wieder einmal. Was hatte sie da gesagt? ICH? Wenn ich so darüber nach dachte, erschien es mir sogar ein wenig logisch, aber wieso war es dann nicht schon längst geschlossen, wenn ich es mir doch so sehr wünschte? Nele spielte mit ihrem weißen Gewand und ging rückwarts in weiße Nichts.
"Nele, hey, warte! Was machst du?", rief ich und begann, wieder zu zappeln, um nach verne zu kommen, doch die Stange blieb eisern in meinem Bauch. Sie bewegte sich keinen Millimeter.
"Ich gehe", sagte sie. "Grüße Andre von mir. Aber eins noch. Heute wäre ich damals noch geblieben."
"Nele, hey, bitte! Sag mir wenigstens, wie ich dieses verdammte Loch wieder schließen kann!", schrie ich und zappelte immer stärker, auch wenn ich wusste, dass es nichts brachte. Nele drehte sie um und ging weiter. Ihr Körper begann zu verblassen.
"Nele, bitte!", rief ich noch einmal und legte so viel Emotion in diese beiden Worte, wie ich konnte. Zu meine Verwunderung warf Nele noch einmal einen Blick über die Schulter zurück.
"Phase Fünf", sagte sie nur, bevor ihr Körper sich ganz in Luft auflöste. Richtig, Phase Fünf. Akzeptanz.
Das erste Kapitel nach Rom, Leserchens,
ja, so langsam gehen mir die Ideen für die Endcarts aus, wie immer erst einmal DANKE für f*cking 19 K Reads und 850 Votes! Ihr seid einfach so unbeschreiblich klasse, vielen vielen lieben Dank für einfach alles, was ihr mir an Freude und Emotion schenkt!
LG Kaeferchen
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Wenn du alles aufgeben würdest... (Julien Bam FF FanFiction) (Zum Teil Apecrime)
FanfictionWenn man es genau nimmt, ist Marie so gut wie tot. Doch sie zeigt es nicht. Ihre Panik verschwindet in der Nacht und den leeren Gassen, in denen man ihre Schreie nicht hören würde. Aber plötzlich ist Marie in der Nacht nicht mehr allein. Ihr halbtot...