JUS POV:
"Ich bin mir sicher, dass sie ihre Freundin heil wieder hier her bringen werden." Die Assistentin brachte mir mittlerweile schon die dritte Tasse Tee. Den gleichen Satz hatte sie die beiden Tassen davor auch schon gesagt. Langsam fing ich an, an seiner Glaubhaftigkeit zu zweifeln.
"Und der Typ hat gegen sich selbst Anzeige erstattet?", fragte ich nach.
"Sieht so aus, ja", antwortete sie.
"Und wenn er das nur gemacht hat, weil sie tot ist? Weil er seine Arbeit zu Ende geführt hat? Und weil es im Gefängnis sicherer ist, als in der Außenwelt, wo er vor einem Mafiaboss flüchten muss, wenn er einen Auftrag nicht sachgemäß erfüllt?" Ich gab zu, es klang unrealistisch. Ich gab es für mich zu.
"Also von einem Mafiaboss würde ich nun nicht gleich reden", meinte die Assistentin nur, den Rest meiner Vermutung ließ sie im Raum stehen. Ich begann zu schweigen. Trank meinen Tee. Und als die Frau fragte, ob ich noch einen wollte, schüttelte ich nur den Kopf. Ich würde jetzt einfach hier warten, bis es Neuigkeiten gab. Einen Anruf oder das Hereinstürmen von Polizisten. Mit Marie. Ja, mit meiner kleinen Marie. Dann würde ich sie in die Arme schließen und ihr versprechen, sie nie wieder loszulassen, aus meinen Augen. Vierundzwanzig sieben bei ihr zu sein. Um sie nie, nie wieder zu verlieren. Das waren meine letzten Gedanken, bevor ich meine Augen schloss und mitten auf dem Polizeirevier einschlief.
"Hallo? Entschuldigung?" Diese Stimme war definitiv unangenehm laut und dunkel. Ich schlug die Augen auf. Unmittelbar vor meiner Nase befand sich das Gesicht des Kommissars von vorhin.
"Hmm?", fragte ich. Der Kommissar stöhnte.
"Das heißt dann wohl, sie sind nicht daran interessiert, was bei diesem Einsatz passiert ist und wie es um ihre Freundin steht?", fragte er. Mit einem Schlag war ich mehr als hellwach.
"Wo ist sie?" Ich sprang auf. "Ist Marie hier?"
"Schön wär's", antwortete der Mann. Ich hätte ihm ins Gesicht schlagen können für diese Antwort. "Wir haben zwei Männer vorläufig festgenommen, einer der beiden hat gegen sich selbst und den anderen ausgesagt. Angeblich hielten sie in einem Kellerraum zwei Mädchen fest. Den Kellerraum haben wir gefunden, die Mädchen jedoch nicht. Bei einem der Mädchen handelte es sich laut Aussage des einen Mannes um Marie Kriesch."
"Und jetzt?" Das war zwar eine schöne Beschreibung, aber was sollte nun passieren? Fakt war: Marie war immer noch verschwunden. Und keiner hatte eine verfickte Ahnung, wo zur Hölle sie sein könnte.
Mein Handy klingelte.
Rufnummer anonym.
Ich ging ran.
"Ju?"
MARIES POV:
"Du hast von Anfang an gewusst, dass sie nur nach mir gesucht haben, oder?", fragte ich Aylin. "Dass ich der Grund dafür bin, warum dein Bruder tot ist?" Ich hörte sie schluchzen. "Dein Bruder konnte sich sehr wohl an meinen Namen erinnern."
"Ja." In ihrer Stimme lag nicht, wie erwartet, grenzenlose Wut, sondern nur tiefste Trauer. "Was meinst du, warum du hier bist? Das ist doch alles nur wegen mir passiert!"
"Wie meinst du das?", fragte ich verwundert. Aylins Stimme klang brüchig und sie musste erst ein paar mal durchatmen und neu ansetzen, bevor ich sie verstehen konnte.
"Vor der Beerdigung von meinem Bruder, da hat mich Dan abgefangen und mir erzählt, dass du am Tod meines Bruders Schuld bist. Nicht, dass er ihn umgebracht hat, aber dass nach dir gesucht wurde. Und dann haben wir einen Deal ausgemacht. Er wollte dich und ich konnte mich so an dir rächen. Ich war in dem Moment so... voller Wut und Rachsucht, da habe ich einfach ja gesagt. Aber als es dann losging, da hatte ich so Angst und ich wusste nicht, ob ich dir das wirklich antun wollte. Da war eine Bekannte von einer Bekannten mir, die so ähnlich hieß. Ich dachte halt, ich könnte sie denen auslief-" Wir erstarrten gleichzeitig, als wir Lärm hörten. Es hallte und knallte, laut. Und ich hörte Schreie. Dans Schreie.
"Ich bringe sie um! Du bist so ein verfickter Scheißidiot! Mit deinen verkorksten Gefühlen! Fick dich! Ich bringe sie jetzt um!" Dann einer Stimme, die ich kaum verstand, weil sie so leise war.
"SCHEIß AUF NICOS VERFICKTE MEINUNG!!!", brüllte Dan mit einer Lautstärke, die meine Ohren klingeln ließ. Plötzlich packte Aylin meinen Arm und zerrte mich hoch. Ich stolperte über meine eigenen Füße, so sehr lähmte mich die Angst vor Dan. Aylin zog mich quer durch den Raum, in die Kartons.
"Komm weiter, kämpf dich hier durch!", rief sie und ich hörte, wie die Kartons raschelten und weiter im Inneren des Raumes landeten. ich strampelte und schlug um mich, einfach nur, um vorwärts zu kommen.
"Hier her", sagte Aylin. ich versuchte, zu erkennen, von wo ihre Stimme kam und kämpfte mich zwischen den Kartons in diese Richtung weiter.
"DIESE VERFICKTEN ARSCHGÖREN HABEN DICH UM DEN FINGER GEWICKELT, DU ARSCHGESICHT!", hörte ich Dans Brüllen noch näher und noch lauter, als schon zuvor. Ich dachte, mein Trommelfell müsste jeden Moment zerspringen. Doch ich schwamm zwischen den Kartons weiter. Aylin keuchte auf und ich hörte ein Schleifen über den Boden, wie eine schwere Marmorplatte. Ich war fast bei ihr angekommen.
"Los, kletter' da runter, da müssten Sprossen sein!", befahl sie mir.
"Was ist das?", fragte ich. Denn ich hatte Angst. Wo führte sie mich hin?
"Das ist ein Gulli", antwortete Aylin. Ich weiß nicht, was mich in diesem Moment antrieb. vermutlich war es Todesangst. Aber ich stieg einfach hinein und kletterte so schnell, wie es mir möglich war immer weiter nach unter. Ich spürte, wie Aylin mir nachkam und dann hörte ich wieder dieses laute Schleifen, dann ein Knallen und dann... dann kam ein wenig Licht von oben durch den einen Spalt in dem geschlossenen Gullideckel. Ich konnte Aylins Silhouette erkennen. Und dann...
"Wo zur verfickten Hölle SIND DIE MÄDCHEN?"
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Wenn du alles aufgeben würdest... (Julien Bam FF FanFiction) (Zum Teil Apecrime)
FanfictionWenn man es genau nimmt, ist Marie so gut wie tot. Doch sie zeigt es nicht. Ihre Panik verschwindet in der Nacht und den leeren Gassen, in denen man ihre Schreie nicht hören würde. Aber plötzlich ist Marie in der Nacht nicht mehr allein. Ihr halbtot...