Und ich dachte wirklich ...

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MARIES POV:

"Lass. Mich. Los!", sagte ich ganz langsam und deutlich. Ju und die anderen waren auf der Treppe erstarrt, als ob sie sich nicht trauten, auch nur einen Schritt näher zu kommen.

"Lass es mich erklären", sagte Andre. Die Haare in meinem Nacken stellten sich auf. Ich zischte und begann, meine Fingernägel in seine Unterarme, die er immernoch um meinen Oberkörper geschlungen hatte, zu graben. Sie hinterließen rote gebogene Kerben in Andres Armen, doch das schien ihn gar nicht zu kümmern. Mit einer schnellen Bewegung drehte er mich um und drückte mich gegen die Wand. Seine Hände umklammerten meine Schultern, meine Hände versuchten weiterhin, immer tiefere rote Kerben in seiner Haut zu hinterlassen.

"Nele hatte ihre Augen überall! Sie hat mir Dinge erzählt, die nur ich hätte wissen können. das war keine leere Drohung, das war viel zu ernst. Ich hatte keine Wahl, Marie! Ich konnte dir nichts erzählen! Dann häre ihr schon viel früher etwas passiert", knurrte Andre. Seine Augen funkelten.

"Nicht, wenn wir schnell genug gehandelt hätten", erwiderte ich so dunkel und bedrohlich, wie es mir in diesem Moment möglich war.

"Das Risiko war mir verdammt nochmal zu groß!", brüllte Andre plötzlich und ich presste mich freiwillig ein Stücken fester an die Wand in meinem Rücken. Endlich reagierten Ju und Jan.

"Es reicht, Andre", rief Jan und kam immer näher zu uns heran, Ju an seiner Seite.

"Andre, lass sie los", sagte Ju ganz ruhig und versuchte, Augenkontakt mit meinem Gegenüber aufzunehmen. Andre rührte sich nicht vom Fleck, lockerte auch nicht seinen Griff.

"Andre", sagte Jan warnend und trat hinter ihn. Was wollte er jetzt tun? Andre war sowieso viel stärker. Vielleicht konnten Ju und Jan ja zusammen... Nein, Ju würde bei mir bleiben, daran würde ich nicht zweifeln. Panisch blickte ich zu Ju, de sich inzwischen neben mir positioniert hatte und überlegt fieberhaft, wie ich verhindern konnte, dass Andre irgendjemandem außer mir weh tat. Mein Blick wanderte wieder zu Andre. Plötzlich riss er mich von der Wand weg und ich fiel zu Boden. Mein Kopf knallte hart auf das Parkett. Ein heftiges Surren breitete sich darin aus. Andre lag unmittelbar neben mir, über ihn beugten sich Jan und Ju, hielten ihn fest, doch Andre zappelte.

"Ich will dich nur-", begann er, bevor Ju ihm eine wischte. Ich keuchte bei dem ekeligen Geräusch auf und versuchte vorsichtig, mich aufzurappeln. Es gelang mir immerhin, mich hinzusetzen, mein Kopf surrte noch immer schlimmer als jeder Wespenschwarm.

"Stopp!", rief ich und die drei Jungs zu meinen Knien erstarrten. Inzwischen waren auch Cengiz und Sarah wieder bewegungsfähig geworden. Sarah kniete sich neben mich und hielt mich an den Schultern, was ich auch bitter nötig hatte, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Alle Köpfe und Gesichter wanderten zu mir.

"Zeig mir, was du ihr geschrieben hast", lallte ich undeutlich und leise.

"Was?", fragte Andre, der sich nun nicht mehr wehrte, trotzdem noch von Ju und Jan auf den Boden gedrückt wurde und es kaum schaffte, den Kopf zu heben.

"Zeig mir, was du Nele geschrieben hast. Bevor sie weg war", versuchte ich es noch einmal deutlicher, acuh wenn ich kaum einen Unterschied hörte.

"Marie, du musst jetzt nicht-", begann Ju und nahm eine Hand von Andres Arm, um sie nach mir auszustrecken, doch ich drückute sie weg.

"Lass mir wenigstens das eine, okay? Bitte, ich weiß, was ich tue!", schluchzte ich. Ju zuckte zurück und schluckte laut. Auch Jan lies Andre nun endlich los. Er rappelte sich langsam auf. Ich sah zu bittend zu Sarah. Sie stand auf und ich ergriff ihr Hand, an der sie mich hoch zog.

"Danke", murmelte ich und Sarah lächelte kurz.

"Können wir vielleicht-", stotterte Andre und deutete mit einem Finger auf eines der Zimmer.

"Klar", sagte ich und lächelte Sarah noch einmal kurz an, bevor ich meine Hand wieder von ihrem Arm löste. Sie ging zu Cenigz, der gerade einen Eisbeutel aus der Küche holte und nahm ihm diesen ab. Dann gab sie ihn Andre.

"Danke, Sarah", sagte er leise und presste ihn sich gegen den Wangenknochen. Als der Eisbeutel sein Gesicht berührte, kniff er die Augen zusammen und stief ein leises "Au" aus. Jan warf noch einen letzten kontrollierenden Blick in Andres Richtung, dann verschwand er in sein Zimmer. Ju lehnte sich an die Wand neben der Tür und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich sah ihm in die Augen und formte ein "Entschuldigung" mit den Lippen, bevor ich Andre durch die Tür folgte, die er soeben geöffnet hatte und auch hinter mir sofort wieder verschloss. Unschlüssig stand ich in der Mitte seines Zimmers. Andre griff sich sein Handy von der Fensterbank und setzte sich auf die Bettkante. Vorsichtig, um seine Reaktion abzupassen, setzte ich mich neben ihn. Andre wischte auf seinem Handy herum und drückte es mir schließlich in die Hand. Ich prüfte das Datum des Chats. Vier Tage zuvor. Da war die Adresse des Clubs von Andre und Neles Frage danach. Vorher eine Frage, wo wir seien und dann eine seltsame Nachricht von Nele.

Ich weiß jetzt, wo mein Platz ist hatte sie geschrieben.

"Ich dachte, sei würde zu uns kommen", sagte Andre auf einmal. Ich sah ihn von der Seite an und bemerkte eine funkelnde Schliere auf seiner Wange. Vorsichtig drückte ich ihm das Handy zurück in die Hand.

"Das hätte ich an deiner Stelle auch gedacht", gestand ich ."Es tut mir leid, das ich dich so angemacht habe. Ich hätte dir zuhören sollen, ich-"

"Ist schon gut. Jetzt weißt du ja, was passiert ist", unterbrach er mich. Auf der anderen Wange hielt er den Eisbeutel fest an sein Gesicht gedrückt. Ich fühlt mich irgendwie verantwortlich dafür.

"Zeig mal", sagte ich und kletterte um hinter Andre über das Bett. Er nahm den Eisbeutel weg. Die Stelle hatte sich bereits lila gefärbt. Ich strich mit dem Finger darüber und Andre zuckte heftig zusammen. "Er hat dich ziemlich erwischt", stellte ich fest. "Kanntest du Nele schon von früher?" Andre zögerte eine Weile mit seiner Antwort. In der Zwischenzeit legte ich den Eisbeutel wieder auf seinen Wangenknochen.

"Nein, aber ich wünsche es mir. Vielleicht hätte sie mir ja dann mehr vertraut und hätte mich mitkommen lassen-"

"Du hast dich in sie verliebt", sagte ich gerade heraus. Andre starrte mich geschockt an. "Es stimmt doch, oder?"

"Vielleicht", sagte Andre langsam und ließ sich mit dem Rücken nach hinten fallen. "Ich frage mich einfach, warum sie das getan hat. Sie hat sich so für mich interessiert und da dachte ich halt, ich dachte einfach, sie würde zurück kommen. Ich dachte-"

"Das ändert nicht an der Tatsache, dass sie jetzt weg ist. Und wir müssen irgendwie lernen, damit auszukommen. Sie quält mich. Ständig sehe ich irgendwelche Situationen vor mir, in denen ich sie mies behandelt habe und das ist schrecklich. Ich wünsche mir einfach, dass das alles endlich aufhört und dass Nele damit aufhört!" Ich fing an, zu weinen, als ich immer wieder an Nele dachte, sie immer wieder vor Augen hatte. Immer wieder blitze die Gestalt von bester Freundin auf, die Ju dort aus dem Wasser gezogen hatte. Zwei Arme kegten sich um mich und drückten mich sanft nach unten auf die Matratze.

"Sch", versuchte Andre, doch ich hörte an dem Brüchigen, selbst in diesem kurzen Laut, dass auch er mit den Tränen kämpfte. Ich schlang meine Arme um ihn und teilte mein Leid um Nele. WIr weinten und gaben einander irgendwie auch Halt. WIr verstanden einander. WIr beide vermissten sie. Und wir beide fühlten uns schuldig, in einer gewissen Art und Weise, auch wenn uns von den Anderen genau das Gegenteil erzählt wurde. Andre war der einzige, der mich in diesem Moment verstand. Ich sanke immer tiefer in mich selbst und weinte weiter. Ich ließ alles raus. Irgendwann stand ich wieder in dieser weißen Unendlichkeit, die ich aus dem Krankenhaus kannte. In meinem Bauch der große Stahlträger, der mich von diesem schwarzen Leck fern hielt. Doch jemand stand daneben und rief mir etwas zu.

"Hallo Marie", kam eine Stimme an mein Ohr. Ich hatte sie unendlich lange nicht mehr gehört, denn sie kam von keinem anderen, als von Nele.

Soo Leserchens,

irgendwie gefällt mir dieses Kapitel nicht so richtig, aber aus Erfahrung weiß ich, dass ihr das genau immer dann anders seht (wetten jetzt kommt einer aus der Ecke und sagt: Ja ne, hast schon Recht, Marie. Das Kapitel war mies). Irgendwie fühle ich mich ziemlich gemein, euch jetzt sechs Tage auf diesem Cut sitzen zu lassen. Aber dafür komme ich dann voller neuer Ideen und Inspirationen zurück! Also, bis in sechs Tagen *heul*

LG Kaeferchen

Wenn du alles aufgeben würdest... (Julien Bam FF FanFiction) (Zum Teil Apecrime)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt