Die Entfernung (Teil vier)

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T E I L   V I E R - D I E   V E R Ä N D E R U N G

MARIES POV:

Es war noch nicht einmal eine Woche vergangen, seitdem ich beschlossen hatte, meinem Traum nachzujagen. In drei Tagen war mein Geburtstag, doch es war mir erlaubt worden, das Heim schon früher zu verlassen. Ich hatte alle meine Sachen in zwei Koffern und eine große Tasche gequetscht, die Einrichtung gehörte hier her, im Wohnheim würde ich wieder ein eigenes Zimmer bekommen. Ich sah niemanden an, als ich zum letzten mal die Tür dieses Heimes passierte, was ich sowieso nie getan hatte. Das Taxi brachte mich zum Haupbahnhof, wo Ju und die anderen auf mich warteten. Sie fielen mir um den Hals, umarmten mich kräftig, wünschten mir wundervolle Dinge und eine wundervolle Zeit. Ich weinte. Ich blieb stumm. Meine Lippen waren versiegelt wie die Tore von Jericho. Ich lächelte sie nicht an, ich sagte ihnen nicht, dass ich sie auch vermissen würde. Ich konnte nicht. Schließlich wand ich mir der letzten Person zu, die bei mir stand. In Rücksicht auf uns wendeten die anderen sich zum gehen, Regina warf mir noch ein Luftküsschen zu. Jus stand direkt vor mir und doch schien er mir jetzt schon so weit weg. Ich legte meine Hand auf seine Brust und krallte mich in seine Jacke.

"Ich liebe dich", säuselte Ju. "Und die Entfernung wird daran nichts ändern!"

"Ich weiß", murmelte ich. Meine Stimme hört sich rauchig an. Ich sah hoch und traf seine Augen, in denen ebenfalls ein Glanz meinen entgegen strahlte. Langsam stirich ich ihm mit den Finger über die Kontur seines Wangenkochens, er senkte seinen Kopf zu mir herab und küsste mich. Auf meinen Lippen explodierten die Gefühle, der Schmerz, die Sehnsucht, die Trauer. Schon nach kurzer Zeit löste ich mich von ihm, weil ich es nicht länger aushielt und fürchtete, es mir doch noch einmal anders zu überlegen. Hier zu bleiben. Das hätte ich sowieso tun sollen, laut meines Bauchgefühles. Ich kniff die Augen zusammen und versuchte die Träne zurück zu halten. Sie fand ihren Weg bis zu meinem Kinn, wo Ju sie mit seinem Zeigefinger auffang. Meine Hand löste sich von Jus Jacke und verkrallte sich stattdessen in meiner eigenen. Nicht lange, da ich nach meinen Koffern greifen musste.

"Bis dann", hauchte ich. Ju presste die Lippen aufeinander und nickte. Dann stieg ich in den Zug, schob meine Koffer in eines der Ablagefächer und setzte mich auf eine Platz am Fenster. Auf der anderen Seite stand Ju. Ich sah ihn traurig an und legte meine Hand auf die kalte Scheibe, er seine auf die andere Seite. Genauso würde es sein. Im Grunde berührten wir uns, doch mein Traum stand dazwischen. Durchsichtig, wie eine Glasscheibe, ließ es uns sehen, was wir begehrten, quälte uns, doch ließ uns nicht zueinander. Genauso würde es sich in den nächsten Monaten abspielen. Es sei denn, ich hatte vor, etwas daran zu ändern. Ich verharrte mit den Fingern am Glas, bis der Zug schon längs aus dem Bahnhof heraus fuhr und die Wärme von der anderen Seite schon längst verloschen war.

Kurz und traurig, Leserchens,

bald wird es besser, hoffentlich, langsam macht es mich auch immer trauriger.

LG Kaeferchen


Wenn du alles aufgeben würdest... (Julien Bam FF FanFiction) (Zum Teil Apecrime)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt