Dienstagnachmittag, gegen 15 Uhr
In dem kleinen Ort mit 518 Einwohner
In Andreas Haus
Im Wohnzimmer
Auf der Couch
Und jetzt?Seine blonde Kollegin saß neben ihm auf der Couch. Gemeinsam beugten sie sich über ihre Universitätsunterlagen und diskutierten. Sie hatten zwar noch Ferien, aber nicht alle Prüfungen im Januar bestanden, weswegen sie in wenigen Tagen noch einmal zu zwei Prüfungen antreten würden. Damit sie dann – auch er, da er vollkommen quer eingestiegen war, weil er Nachweise gebracht hatte, dass er dazu in der Lage war alles nachzuholen – ab März so richtig regulär weitermachen konnten. Gemeinsam. Er mochte seine Kollegin. Sie war eigentlich eine Ballerina. Nikolaij sollte sie kennen. Sie kannte ihn zumindest. Er sah zu Lucy und fragte: "Wieso willst du keine Ballerina bleiben?"
Sie wandte sich ihm zu und sagte: "Das will ich schon, aber das geht nicht für immer. Also lege ich mir nun einen Plan B zurecht und dieser soll sein, dass ich Kinder unterrichte. Das wird mir auch helfen, falls ich statt schulischem Unterricht lieber Ballettstunden geben würde. Dann kann ich mit einem Nachweis meiner pädagogischen Ausbildung besser als solche arbeiten."
"Klug", sagte er und lächelte.
"Du kennst Nikolaij, hast du gesagt?", fragte sie.
"Ja", sagte er.
"Woher?"
Er lächelte sie an, dann sagte er: "Sein Verlobter ist ein guter Freund von mir."
Sie sah ihn kurz überrascht an, so sagte er geschockt: "Oh Gott! Habe ich ihn gerade geoutet? Bitte vergiss es sofort wieder! Ich dachte er lebt es offen aus!""Nein, nein!", sagte sie schnell und legte ihm eine Hand auf den Unterarm, um ihn zu beruhigen, "Alles ist gut. Ich weiß, dass er schwul ist. Ich kenne auch seinen Verlobten. Cevin, ein sehr süßer blonder Mann."
"Ja", lächelte Casimir, "Genau das ist er", er ließ die Luft aus seinen Lungen entweichen, "Gut, ich dachte schon ich hätte ihn jetzt verraten. Das hätte mir sehr leidgetan", er lächelte sie an, dann sagte er: "Außerdem gehen er und Cevin in die Klasse in der ich mein Praktikum mache."
"Stimmt. Nikolaij hatte erwähnt, dass er hier noch einmal freiwillig zur Schule geht, damit er mehr Allgemeinbildung bekommt und die Sprache leben lernt. Es ist sicherlich anstrengend ständig in einer Fremdsprache zu denken", sagte sie.
"Ich glaube er denkt nicht in Deutsch. Ich glaube er spricht es nur. Einfach ein Vokabelabrufen, weißt du?"
"Ist es bei dir so?", fragte sie.
Er lächelte sie an.
"Du bist doch Franzose, oder?", fragte sie unsicher.
Er lachte: "Ja, bin ich. Stimmt. Und ja, so ist es bei mir. Alles was ich höre denke ich meistens auf Französisch um, dann denke ich meine Antwort auf Französisch und dichte sie zu deutschen Sätzen."
Sie lächelte ihn an und sagte mit sanfter Stimme: "Das ist bewundernswert!"
Er lächelte glücklich und bedankte sich. Casimir wusste, dass es Andreas auch lange Zeit so ergangen war. Aber da er schon seit – er wusste gar nicht wie lang genau – Jahren, vielleicht auch schon einem Jahrzehnt oder etwas mehr hier war fiel es ihm natürlich schon leichter auch einfach auf Deutsch zu denken, da er sonst niemanden hatte mit dem er normalerweise Englisch, geschweige denn Irisch sprach. Dabei könnte er mit Benjamin, Roben und James fließend die ganze Zeit in Englisch kommunizieren, nur, dass Roben eben einen abweichenden Akzent haben würde. Den hatte Andreas allerdings auch, da er irisches Englisch und nicht britisches Englisch sprach. Die Zwillinge, so wusste er von Cevin, sprachen auch perfekt Englisch, da sie in London aufgewachsen waren und erst seit drei Jahren hier lebten. Aber, da sie Deutsch schon im Kindergarten, oder in der Grundschule – er wusste es nicht mehr genau – gelernt hatten fiel es ihnen relativ leicht sich zurecht zu finden. Was sicherlich auch half war, dass sie auch Zuhause nur Deutsch sprachen. Das würde sich vielleicht legen, hatte Benji einmal gemeint, wenn sie alle drei so fest in der deutschen Sprache sicher auf beiden Beinen standen, dass es nicht mehr schlimm wäre, wenn sie dann anfingen zwischen zwei Sprachen zu wechseln.
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Russisches Ballett [BoyxBoy] Band III
RomanceDas kleine Dorf mit etwas mehr als 500 Einwohnern strotzt nur so vor Nationalitäten und Religionen. Engländer/Schotten, Iren, Amerikaner, Russen und Franzosen mischen sich mit den Einheimischen. In einem harten Kontrast dazu leben Refil und Casey i...