Kapitel 104 (380) Braver Bub! + Vorgeburtstagsgeschenk

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Montag, tagsüber, 13.3.
In dem kleinen Ort mit 518 Einwohnern
In der einzigen Schule des Dorfes
Im Kindergartenbereich

Braver Bub!

Erika stand vor der zweiten Glastür des Kindergartens. Hinter jener, hinter der sich die Kinder befanden. Hinter der ersten Glastür befanden sich Garderobe, Küchennische und Toiletten.

Suzanne stand neben ihr. Sie hatte sie angerufen, weil sie wusste, dass Erika absolut immer kommen konnte, da die jungen Eltern tagsüber beide beschäftigt waren. Deswegen ihrem Sohn natürlich nie die Hilfe verweigerten, doch so war es abgesprochen. Erika wurde zuerst angerufen, aber nur, wenn es nichts Ernstes zu besprechen gab.

Suzanne hatte sie hergebeten, weil sie Tims Verhalten nicht ganz verstand.

Erika ahnte wieso. Tim trug heute ein süßes, kurzärmliges, weißes Hemd mit einer Brusttasche und immer wieder sah er in seine Tasche, dann legte er die Hand darauf und erst dann spielte er weiter.

"Ich will nicht, dass er etwas dabeihat, auf das die anderen Kinder vielleicht neidisch werden könnten und es ihm wegnehmen wollen und dann weiß ich nicht einmal, was sie ihm weggenommen haben, wenn er dann weint. Aber er sagt es mir nicht. Ich hatte gehofft, dass du es herausfinden könntest. Ich habe ihm schon gesagt, dass ich es ihm nicht wegnehmen werde, dass ich nur neugierig darauf bin, zu wissen, was er dabeihat."
Erika nickte und es war auch gut, dass sie sich so schnell abgesprochen hatten. Zusätzliche Erwachsene blieben nie lange unbemerkt.
Schon zwei Kinder liefen zu Tim und machten ihn darauf aufmerksam, dass Erika da war.

Tim sah sie an.

Erika winkte ihm lächelnd. Tim sah kurz auf die Holzlokomotive, mit dem er gerade spielte, dann nahm er sie sicherheitshalber in die Hand, ehe er mit dieser zu ihr kam. Denn er hatte schon gelernt, dass im Kindergarten nie etwas dort stehen blieb, wo es zuletzt gesehen worden war und der Raum, in dem er sich mit den anderen Kindern befand, war sehr groß.

Erika ging in die Hocke und er umarmte sie, leise fragte er: "Hause?"

"Nein, noch nicht, mein Schatz, ich will dich nur besuchen", sie schob ihn von sich und lächelte ihn an. "Geht es dir gut?"

Er nickte und lächelte auch, einfach, weil sie es tat, nahm sie an. Oder, weil er sich freute, sie zu sehen.

"Was ist denn da drinnen, Timmylein?", fragte sie und tippte mit dem Zeigefinger ihrer rechten Hand auf die Brusttasche über seinem Herzen.

Er sah sie verlegen an.

Sie lachte leise und fragte verschwörerisch: "Hast du etwas versteckt?"

Er nickte beschämt.

Sie schmunzelte und fragte: "Darf ich wissen, was du versteckt hast?"

Er sah kurz zu Suzanne auf, die hinter Erika stand, welche immer noch bei ihm am Boden hockte.

Tim sah wieder zu seinem Kindermädchen, dann nickte er, legte die Tschu-Tschu-Lok ab und hielt seine Brusttasche auf.
Erika sah hinein und sagte: "Da ist nichts, Tim."
Er sah auch rein und entgegnete: "Oja, Haar!"

Sie zog die Brauen zusammen und sah noch einmal hinein. Und tatsächlich, in der weißen, kleinen, quadratischen Brusttasche mit einem kleinen, blauen Knopf, lag ein langes, dunkles Haar.

"Und von wem ist das Haar, Timmy?", wollte sie wissen.

"Mami Haar!"

Erika sah ihn verblüfft an, dann lachte sie und fragte: "Hat sie dir das gegeben?"
Er schüttelte den Kopf: "Gefunden!"

Russisches Ballett [BoyxBoy] Band IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt