Kapitel 132 (408) Calvins nackte Frau

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Montagabend, 27.3.
Russland, Sankt Petersburg
Auf den Straßen der Stadt - in einem Park 

Calvins nackte Frau

Calvin hatte von einem Kollegen aus seiner Klasse erfahren, dass er an dieser Adresse hier immer am Abend gegen 19 Uhr eine nackte Frau im dritten Fenster ganz links des blauen Hauses sehen konnte.

Jetzt stand er hier und sah sie sich an. Von Zuhause war er ausgebüxt. Das Abendessen würde gleich serviert werden, sein Vater würde gleich nach ihm rufen und anschließend darauf, weil er nicht erscheinen würde, nach ihm suchen lassen.

Aber das war Calvin gerade egal, er sah neugierig zum Fenster hoch. Sie war eine Wucht! Dass er dabei im Park stand, wie so ein Irrer und zum Fenster hochsah, war ihm ebenfalls egal. Es war aufregend eine echte Frau so zu sehen.

"Was machst du denn da?"

Calvin wirbelte herum und sah Artjom ins Gesicht, der ihn fragend anblickte. Sein Vater hatte sein Verschwinden also schon längst bemerkt und Artjom losgeschickt, der ihn auch direkt gefunden hatte. Gerade hatte Calvin keinen Kopf dafür, sich darüber Gedanken zu machen, wie das funktionieren konnte, doch er würde es herausfinden.

Er sah verstohlen zu dem Fenster und Artjom folgte seinem Blick, dann schmunzelte er und sagte: "Du bist zu jung dafür."

"Zu jung, um etwas sexy zu finden?"

"Zu jung, um das Wort sexy zu benutzen. Also auch, um etwas als solches zu empfinden, ja."

Calvin sah immer noch zu ihr hoch, wusste ganz genau, dass auch Artjom hochsah.

"Hast du eine Frau?"

"Ich habe in etwa so viele Frauen in meinem Leben, wie du."

Calvin sah ihn an. "Dann bist du also in die Freundin deines Bruders verliebt?"

Artjom wandte seinen Blick ihm zu, dann lächelte er. "Nein, aber in etwa so unerreichbar sind auch alle anderen für mich."

Calvin verstand das nicht ganz, nickte aber und sah auch wieder hoch.

"Wieso schaust du dann hin?", wollte er wissen.

"Es ist interessant."

"Interessant?", echote Calvin nachdenklich, weil Artjom es irgendwie zögerlich ausgesprochen hatte. Er sah zu Artjom auf und ärgerte sich, weil die Frau sich gerade in dem Moment mit dem Blick zum Fenster drehte. Er sah schnell wieder hoch. 

"Ja", antwortete Artjom knapp. Sie sprachen Russisch, dabei würden sie sich auch auf Deutsch unterhalten können. 

Calvins Herz schlug schneller als gewöhnlich und sein Blut rauschte in seinen Ohren. Er war sich sicher, würde Artjom nun nicht neben ihm stehen, würde er hart werden. Doch seine anfängliche Erregung schlug um, als ihm bewusstwurde, was er Artjom offenbart hatte. Dass er in Amy verliebt war. Und als ihm das und die Tatsache seiner Gefühle, die er für ein Mädchen hegte, wieder einfielen, bekam er ein schlechtes Gewissen und wandte sein Blick nun doch ab. Er drehte sich sogar um und sagte zu Artjom: "Komm, wir gehen."

Artjom gehorchte. "Ich sage nichts zu deinem Zwilling."

"Ich sage nichts zu meinem Vater, dass du Frauen nicht wertschätzt."

Artjom lachte. "Dein Bruder liebt Männer, wen ich liebe oder nicht liebe, wird für deinen Vater keinen Unterschied mehr machen."

Calvin blieb stehen. "Hast du etwas gegen Nikolaijs Orientierung?", dabei merkte er, dass er wütend wurde. Er selbst hatte anfangs Ekel vor Nikolaijs Orientierung gehabt, aber es missfiel ihm, wenn jemand anderer etwas andeutete.

Russisches Ballett [BoyxBoy] Band IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt