Kapitel 89 (365) Frühzeitige Entlassung

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Dienstagabend, 28.2.
Russland, Sankt Petersburg
Wladimirs Anwesen

Frühzeitige Entlassung 

Igor war mit Miroslav einkaufen gewesen, das wusste Wladimir. Nun trug dieser eine schicke, dunkelblaue Jeans, ein weißes Hemd und ein legeres, schwarzes Sakko. Dazu hatte er einen knielangen Mantel bekommen.

Für seinen Sohnemann hatte er – weil er dessen Größe wohl kannte – neue Ballettschläppchen erstanden und für die bezaubernde Frau an seiner Seite ein Blumen-Bouquet.

Bei ihm am Anwesen liefen unterdessen auch schon Vorbereitungen.

Der Besuch gestern im Gefängnis hatte gut funktioniert.

Miroslav war mit Igor in einer Suite abgestiegen, hatte aber keine seiner Damen gewollt, dabei hatte Igor ihm sogar eine vorgestellt. Vermutlich machten die beiden sich gerade auf den Weg herzufahren, oder waren schon unterwegs.

Sein Koch bereitete ein Fünf-Gänge-Menü vor. Miroslav hatte sicherlich einen Bärenhunger.

Refil wusste nichts davon. Casey auch nicht.

Wladimir wollte die beiden – und vor allem Refil – damit überraschen und ihm eine Freude machen.

Er selbst hatte dafür Sorge getragen, dass Miroslavs Konten wieder aus dem Winterschlaf erweckt wurden, damit er sich neue Kleidung kaufen konnte. Deswegen hatte er ihm auch Geld überwiesen. Igor hatte dafür gesorgt, dass sie vernünftig zu Mittag aßen und Miroslav nicht tagsüber schon nervös wurde, weil er seinen Sohn heute wiedersehen durfte.

Wladimir sah, mithilfe der Überwachungskameras, dass Igors Wagen auf sein Grundstück auffuhr. Also erhob er sich aus seinem Stuhl, verließ sein Büro und ging in den Eingangsbereich, gerade richtig, denn die Tür ging auf.



Zitternd betrat Miroslav das Haus von Wladimir, welcher ihn mit Küsschen links und rechts begrüßte, wie die italienische Mafia in Filmen. Ihm danach zu verstehen gab, dass er leise sein musste und bat ihn dann ihm – nachdem ein Butler ihm Mantel, Schal und Haube abgenommen hatte, die er heute neu gekauft hatte – zu folgen. Was er freilich tat.

Bei einem Tanzsaal blieben sie stehen.

Refil tanzte in engen Stumpfhosen und einem weiten Shirt, das unten den Armen offen und ärmelfrei war, mit Casey, welche eine Leggings und einen engen Body darüber trug. Sie in Spitzenschuhen, er in Ballettschläppchen.

Miroslav kamen die Tränen.

So wunderschön tanzte also sein Sohn.

Manchmal hatte er ihm schon in der Besucherzelle etwas gezeigt. Ansonsten kannte er seine Künste nur durch Bühnenmitschnitte, die er sich hatte ansehen dürfen. Aber das hier überstieg alles.

"Endlich kann ich dich einmal richtig tanzen sehen, mein Junge!", sagte er mit belegter Stimme.

Refil wirbelt augenblicklich herum und presste Casey dabei fest an sich, als würde er Halt brauchen.

Casey strahlte Miroslav an. Sie hatte nichts gewusst, aber egal was sie dachte, das hier passierte, sie schien sich zu freuen.

"Du tanzt ganz wundervoll, mein Junge!", hauchte Miro, dem die Tränen in den Augen standen. Er musste schlucken.

Refil entglitten die Gesichtszüge, als er begriff, dass er wirklich dastand. Er schien ein paar Sekunden zu brauchen, um zu verstehen, dass das wirklich wahr war.

Casey hingegen strahlte ihn an.

"Papa?", fragte er verblüfft, doch dann brauchte er keine Sekunde mehr, um ihm um den Hals zu fallen und ihn ganz fest bei sich zu halten.

Russisches Ballett [BoyxBoy] Band IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt