Kapitel 80 (356) Meisterwerke + Besuch des Priesters

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Samstag, später Nachmittag, 25.2.
In dem kleinen Ort mit 518 Einwohner
Sackgasse 17
Cole-Reza Haus

Meisterwerke

Reza langweilte sich. Jonathan war mit Max auf dem Reiterhof und trainierte ihn und dessen Pony. Vermutlich quetschte er ihn auch wegen Melanie aus und drohte ihm mit einer Kastration, wenn er sich nicht benahm. Weiters hatte er Gespräche mit Stutenhalterinnen, die Sperma von Valentino wollten.

Reza schmunzelte, starrte dabei an die Decke, weil er auf seinem Bett lag, das nach Jonathan duftete und erinnerte sich daran, dass er Jonathan gebeten hatte nur die Hengstsamen zu verkaufen. Daraufhin hatte Jonathan ihm einen Klaps auf den Hintern gegeben und ihm danach einen geblasen. Reza wurde ganz heiß, als er daran zurückdachte...

Es klingelte, Michi sprang auf, weil er sich erhoffte, dass es Nathan war und ging die Tür öffnen.

"Mama?", stieß er überrascht aus. Er hatte mit Jonathan gerechnet. Sogleich genierte er sich, weil er gerade noch an Schweinerein gedacht hatte, auch, wenn sie das nicht wissen konnte.

Sie fiel ihm um den Hals und er schlang die Arme um ihre schlanke Taille. Seine Mama war eine unheimlich zarte Frau. Gut einen Kopf kleiner als er und sein Bruder. Dass sie zwei Mal schwanger gewesen war, drei Mal, denn ein Kind hatte sie verloren, sah man ihr nicht an. Ihre Hüfte war vielleicht etwas runder als in ihren Jugendtagen, aber mehr wies nicht darauf hin, dass sie zweifache Mutter war. Außer vielleicht die paar grauen Strähnen, die sie in ihrem dunklen Haar schon bekam. Aber das konnte auch an seinem Vater liegen, wenn er so darüber nachdachte.

Hinter seiner Mutter erblickte er seinen Onkel. Vaters Bruder. Mit einer Kippa am Kopf, ansonsten sehr alltäglich und neutral gekleidet.

Er lächelte ihn verwundert an, dann schob er seine Mutter von sich und blinzelte auf sie herab. Sie trug – so wie er sie auch in Erinnerung hatte – eine weiße Bluse, bis oben hin zu, einen dunkelblauen, knielangen Rock, dunkle Strümpfe und schwarze, flache Halbschuhe. Ein zartes, dunkelgrünes Seidentuch bedeckte in einem Dreieck ihren Dutt am Hinterkopf, doch die Stirn ließ es frei. Unter dem Hals war das Tuch mit einem lockeren Knoten zusammengebunden. Sie sah wunderschön aus. Wie immer.

Sie strich ihm noch in der offenen Tür stehend über die Wangen und hauchte: "Mein lieber Junge!", und fragte überglücklich, aber mit Tränen in den Augen: "Wie geht es dir?"

"Gut, Mama, danke. Aber...", er sah zu seinem Onkel, "Wo ist Vater? Er wird nicht dulden, dass du und Onkel Ilay, ohne seine Aufsicht, alleine seid!"

"Dein Vater ist in Israel."

"Wieso?"

"Ein entfernter Cousin hat ihn zu sich gebeten."

"Zum Glück, bleibt er dort?", fragte er hoffnungsvoll.

Seine Mutter lachte, weil sie den hoffnungsvollen Ton in seiner Stimme hören konnte, mit einem zarten Lächelnd auf den Lippen sagte sie: "Nein, er wird wieder zurückkommen. Und sprich nicht so über ihn", tadelte sie noch hinterher.

"Schade", sagte Michi und sein Onkel lachte.

Michael sah einmal mehr zu ihm und musste lächelnd feststellen, dass er immer noch verliebt in seine Mutter zu sein schien. Er wäre eine so viel bessere Wahl gewesen.

Wieder strich sie ihm über die Wange, dann nahm sie die zweite Hand dazu und strich ihm synchron über beide Augenbrauen, dann über die Unterlippe und flüsterte: "Wie viele Piercings hast du?"

"Zweiundzwanzig", sagte er geradeheraus, seine Mutter sah ihn verblüfft an, dann kicherte sie: "Wo haben die denn alle Platz?"

Reza zeigte ihr sein linkes Ohr, mit den sieben, schwarzen Steckern, die er gerade erst getauscht hatte. Vorher waren es noch Ringe gewesen. Dann zeigte er die zwei Helix am rechten Ohr, wobei einer davon ein Glitzerstecker von Sasha war und der andere ein silberner Ring. Er fuhr sich über beiden Augenbrauen, ein Piercing in der rechten Augenbraue, zwei links. Jeweils schwarze Bananen mit Kugeln. Danach berührte er sein Septum, welches an dieser Stelle schon Piercing Nummer dreizehn war. Die vier Piercings auf den Seiten der Unterlippe – seine Snake-Bites – berührte er, dann streckte er die Zunge raus und bekam ein Kommentar von seinem Onkel: "Geil!"

Russisches Ballett [BoyxBoy] Band IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt