Kapitel 6 (282) Nikolaijs Verlobter!

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Donnerstagnachmittag, 2.2.
In der Stadt
Im Küstentheater


Nikolaijs Verlobter!


Nikolaij saß am Boden der Bühne und hielt sich den rechten Knöchel, mit welchem er gerade umgeknickt war.
"Wen soll ich anrufen?", fragte sein Kollege, mit welchem er noch vor zwei Minuten mehr oder weniger um die Wette getanzt hatte, da die Choreographin und ihr Direktor sich noch nicht einig waren wer von ihnen der Prinz und wer der Hofnarr werden durfte. Nikolaij wollte den Hofnarren spielen dürfen, so sehr und jetzt war er deswegen umgeknickt.

Und nur deswegen und nicht, weil es weh tat, kamen ihm die Tränen. Tränen der Verzweiflung, weil es das erste Mal seit er tanzte passiert war, dass er sich so weh getan hatte, dass er den Fuß nicht mehr belasten wollte.

"Wen kann ich anrufen?", fragte sein Kollege noch einmal, mittlerweile waren auch die Choreographin, deren Assistent und der Direktor auf der Bühne erschienen. Der Assistent reichte ihm ein Glas, doch wagte er nicht ihn anzufassen. Die lesbische Tanzgestalterin war weniger scheu, legte ihm eine Hand auf den Oberschenkel, da sie so grundverschieden waren, dass es ihnen beiden nichts ausmachte, wenn sie sich in der Nähe von erogenen Zonen berührten, und fragte: "Der Knöchel?"

Er trank einen Schluck, ließ die Augen geschlossen und nickte. Nicht, weil ihm schlecht oder schwindlig war, sondern weil er weinen würde, würde er jetzt in all die geschockten, besorgten Gesichter blicken, die ihm alleine damit zu verstehen gaben, dass er jetzt für ein paar Tage aussetzen würde müssen und seine gewünschte Rolle bestimmt nicht mehr bekam. Ganz gleich wessen Sohn er war. Was auch okay so war, denn er wollte nicht bevorzugt werden, nur weil er der Sohn der großen Anita Vladislava Stoijov war, er wollte so gut wie sie sein, damit ihn alle mochten. Weswegen er hier so gerne war. Zwar wusste der slawische Direktor und dessen Ehemann wer er war, doch das tat unter den anderen Tänzern nichts zur Sache, was er sehr begrüßte.

"Wie tut es weh?", fragte Radim, sein Direktor.

"Es zieht", sagte er leise, "Und ist heiß."

"Wen verdammt kann ich anrufen?", hackte sein Kollege immer noch nach.

"Niemanden!", murrte er seinen Kollegen an, "Mein Verlobter kommt bald."

"Mit dem Auto?"

"Nein, er fährt noch nicht alleine, wenn ich dann neben ihm sitze wird er sich vielleicht trauen."

"Du bist mit deinem schicken Wagen da?", fragte die Tanzlehrerin.

"Ja, aber er hat auch einen schönen. Einen Aston Martin."

"Wow!", sagte der Assistent, dessen Namen er schon wieder vergessen hatte. Sie waren sich nicht sehr sympathisch, zumindest war er Nikolaij nicht sehr sympathisch, wie es dem Assistenten in ihrer nonverbalen, kühlen Beziehung zueinander ging war ihm relativ egal. Aber es gab so Menschen, die einen einfach nicht interessierten.

"Seit wann seid ihr verlobt?", freute sich Radim.

"Seit dem sechsten Januar."

"Schön!", sagte er, "Gratulation!"

"Danke", lächelte Nikolaij und schlug nun doch die Augen auf. Er sah den Direktor an und sagte niedergeschlagen: "Tut mir leid, ich habe dich enttäuscht."

"Enttäuscht? Mich? Nein! Überhaupt nicht. Mir tut es leid, dass du dich verletzt hast, das hätte nicht passieren dürfen. Bist du ausgerutscht?"

"Ich weiß nicht was passiert ist, mein Knöchel gab glaube ich einfach nach."

Das Geräusch der Schwingtüren, die aufgeschoben wurden, erklang.

Nikolaij sah an der Choreographin vorbei. Rund um ihn herum saßen drei Männer und eine Frau bei ihm am Bühnenboden.

Russisches Ballett [BoyxBoy] Band IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt