99. Massenausbruch

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Im Gemeinschaftsraum verzog ich mich in die hinterste Ecke und las den Brief von Caelum erneut durch.
Ich konnte einfach nicht glauben, dass er so etwas schreiben würde, wenn es nicht wahr wäre, das konnte einfach nicht sein.
Grübelnd saß ich über dem Brief und versuchte eventuelle Verschlüsselungen zu entdecken, doch nichts.
Ohne dass ich es bemerkte, leerte sich Stück für Stück der Raum, denn die meisten waren schon zu Bett gegangen.
"Du hängst doch nicht tatsächlich immer noch über diesem dämlichen Brief oder?", hörte ich Volans sagen, der schon neben mir aufgetaucht war und den Brief vom Tisch riss.
Ich atmete durch und sah ruhig zu Volans hinauf, "Caelum lügt nicht, Volans.", sagte ich leise, "Gib mir den Brief zurück."
Doch Volans dachte erst gar nicht daran. Er stand dort und las den Brief wieder einmal durch. Doch statt ihn anzuzünden, wie ich es erwartet hatte, überreichte er ihn mir wieder.
"Warum bist du dir da so sicher?", neugierig setzte er sich auf den freien Stuhl am Tisch und sah mich an.
"Caelum mag ein Idiot gewesen sein. Doch er würde einfach niemals so etwas machen, um uns nach Hause zu locken. Das wäre deine Masche, nicht sein, Volans.", ich schüttelte mit dem Kopf, "Es muss wahr sein, wir sollten Onkel Lucius schreiben und ihn fragen ob es wahr ist. Unsere Mutter wird sicherlich bei ihnen auftauchen, Tante Narzissa ist schließlich ihre Schwester.", sagte ich ernst.
Wütend sah Volans mich an und schließlich nickte er, "Du hast Recht, schreib Lucius, er wird sich bestimmt freuen, dass du dich einmischst.", er holte trotzig alles zum schreiben aus seiner Tasche, legte es vor mir auf den Tisch und sah mich erwartungsvoll an, "Na los, mach schon.", mein Bruder deutete auf die Feder.
"Was soll ich ihm schreiben? 'Hallo Onkel Lucius, ist unsere Mutter kürzlich bei euch aufgetaucht? Gruß, Aries'?", spöttisch sah ich ihn an. Genau so spöttisch sah mein Bruder zurück, "Habe ich mir doch gedacht, dass du nicht weißt, wie du unserem Onkel so etwas fragen sollst. Natürlich brauchst du mal wieder meine Hilfe.", sagte er eingebildet.
"Wir beide wissen ganz genau, dass du für ihn wie ein Sohn bist.", ich verschränkte die Arme.
Belustigt zog Volans das Pergament und die Feder zu sich und begann einen Brief an unseren Onkel zu schreiben.

Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, wollte Volans den Brief schnell abschicken. Doch es schien, als würde dies gar nicht mehr nötig sein.
In der großen Halle wurde es schlagartig leise, man hörte nur noch flüsternd Laute und alle Schüler drehten die Köpfe nach uns um.
Natürlich brachten wir dies nicht mit unseren Eltern in Verbindung und setzten uns zusammen zu Richard und und Pansy.
Ernsten Blickes schob Richard uns den neusten Tagespropheten über den Tisch. Wir mussten nicht einmal fragen, was er uns zeigen wollte.
Volans zog den Artikel weiter zu uns heran, "Massenflucht aus Askaban, Ministerium befürchtet, Black könnte Magnet für vormalige Todesser sein.", las er laut vor und sah mich kurz an. Einen entsetzten Blick, wie ich ihn noch nie bei Volans gesehen hatte verzierte nun seine Lippen.
Unter der Überschrift waren zehn schwarzweiß Fotos, mit jeweils den Namen der flüchtigen und ihre Taten drunter geschrieben.
"Bellatrix Lestrange, verurteilt wegen Folter verbunden mit dauerhafter, schwerer Schädigung von Frank und Alice Longbottom.", flüsterte ich und betrachtete das Bild meiner Mutter. Ihre Haare waren wild und zottelig, ganz anders, als auf dem Bild, was ich von meinen Eltern hatte.
Gleich neben meiner Mutter war das Bild meines Vaters, der auch nicht gepflegter, als meine Mutter aussah.
Plötzlich fing mein Bruder an zu grinsen und tippte auf ein Bild unter unseren Eltern, "Onkel Rabastan hat seinen Stolz immer noch in den Augen geschrieben.", sagte er grinsend und sah mich an.
Ich schluckte schwer, unsere Eltern waren entkommen, wurden gesucht und wir wussten, wo sie waren.
Ruhig betrachtete ich das Gesicht unseres Onkels, welches er wie wild hin und her riss.
"Volans. Ich will nach Hause.", sagte ich wie in Trance und erhob mich. Ohne auch nur das Frühstück angerührt zu haben verließ ich die Halle. Es fühlte sich merkwürdig an, denn ich konnte nicht kontrollieren was ich tat.
"Aries!", hörte ich meinen Bruder schreien, als ich um die Ecke in einen langen Korridor bog und meine Schritte sich plötzlich verschnellerten.
"Bleib sofort stehen! Du sollst stehen bleiben!", rief er mir hinterher.
Schließlich holte er mich ein und packte mich so sehr am  Oberarm, dass ich mich plötzlich in die Realität zurück geholt fühlte.
"Was denkst du dir nur dabei? Du kannst doch nicht mitten im Schuljahr nach Hause! Das geht nicht!", sagte er streng.
"Ich will nach Hause, Volans.", wiederholte ich mich in monotoner Stimmenlage.
Mein Bruder schüttelte mit dem Kopf, "Nein!", er schien eben so verwirrt zu sein und nicht zu wissen was er tat, doch er versuchte einen kühlen Kopf zu bewahren.
Schließlich riss ich mich wütend von meinem Bruder los, "Ich will nach Hause!", brüllte ich nun und rannte los.
Ich wusste nicht, ob es die richtige Reaktion war, doch mein Kopf sagte mir, ich muss so handeln.
Also lief ich voller Gedanken, die mir durch den Kopf schossen in Richtung Kerker, mein Bruder war dicht hinter mir.
Auf einmal zischte ein Schockzauber nur knapp an mir vorbei und ich blieb wie angewurzelt stehen. Schwer atmend drehte ich mich um, "Wir können nicht nach Hause, Aries, verstehe es doch. Dann würden doch alle wissen, dass unsere Eltern bei uns Zuhause oder bei unserem Onkel Zuflucht gefunden haben.", flüsterte er und kam auf mich zu, "Wir müssen einfach bis zum Sommer warten, es geht nicht anders. Aber vielleicht können wir ihnen schreiben.", sagte er nun so leise, dass ich es kaum hören konnte.
Wie aus dem nichts umarmte er mich plötzlich und drückte mich fest an sich.
So eine Umarmung hatte ich noch nie von Voalns gekriegt, doch irgendwie fühlte sie sich wundervoll warm an.

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