129. Feigling

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"Ihr beide wisst, dass Draco einen Auftrag vom dunklen Lord persönlich bekommen hat.", flüsterte sie leidenschaftlich und starrte uns an. Gleichzeitig begannen wir zu nicken.
"Ihr wisst was es für ein Auftrag ist.", ein verrücktes Lächeln huschte über ihr Gesicht, "Der dunkle Lord gestattet es, dass ihr beide ihm behilflich sein dürft.", sie flüsterte immer noch und lächelte nun voller Stolz, als sie sich erhob und wieder um den Tisch herum ging.
Sie blieb hinter Volans stehen und legte beide Hände auf seine Schultern. Volans starrte entschlossen gegen die Wand, die ihm gegenüber war.
"Ich weiß, dass du diesen Auftrag auch alleine ausführen könntest, mein Junge. Aber wir wissen, warum der dunkle Lord Draco gewählt hat.", zischte sie besessen und kam nun zu mir. Grob drehte sie meinen Kopf zur Seite und ich musste ihr wohl oder übel in die Augen sehen. Mit ihrem kühlen, stolzen Blick sah sie auf mich herab, "Und von dir erwarte ich natürlich auch, dass du dein Bestes gibst.", sie beugte sich zu mir hinunter und flüsterte mir etwas ins Ohr, was nur ich hören konnte, "Man ist niemals zu jung, um dem dunklen Lord zu dienen.", sie strich grob über mein Haar, als sie sich schnellen Schrittes aus dem Speisesaal entfernte.
Selbstsicher erhob sich neben mir mein Bruder. Er hatte ein zufriedenes, fieses Grinsen aufgesetzt und beachtete mich immer noch kein Stück.
Natürlich wollte ich meine Mutter und vor allen Dingen meinen Onkel und Vater stolz machen. Ich versuchte ebenfalls ein zufriedenes Lächeln aufzusetzen und mich genau so selbstsicher wie mein Bruder es tat, aus dem Speisesaal zu schleichen.
Als ich am Salon vorbei ging, um zurück in mein Zimmer zu gelangen, fixierte mich mein Vater mit strengem Blick. Sofort spürte ich die Unsicherheit in mir hochsteigen, als ich bemerkte, dass er den Blick nicht von mir nahm. Wie angewurzelt blieb ich stehen und starrte auf die Stufen der Treppe, die in erreichbarer Nähe vor mir lag. Ich begann schneller zu atmen, als mein Vater sich aus dem Lesesessel erhob und etwas beiseite legte. So schnell ich konnte rannte ich auf die Treppe zu, hastete die Stufen hinauf und erreichte einige Sekunden später meine Zimmertür, die ich leise hinter mir schloss.
Mein Herz raste vor Aufregung und Unsicherheit.
Mir schossen plötzlich tausend Gedanken durch den Kopf. Was wollte mein Vater überhaupt? Hatte meine Mutter nicht alles gesagt, was zu sagen war? Wieso sah er mich so streng an und wird er in den nächsten paar Minuten hier in meinem Zimmer auftauchen?
In solchen Momenten wünschte ich mir, dass ich außerhalb von Hogwarts zaubern dürfe. Ich könnte mich verstecken, irgendwie entkommen, doch ich saß hier in meinem Zimmer und wartete regelrecht darauf, dass mein Vater durch die Tür treten würde.
Ich starrte wie verrückt gegen meine Tür, doch nichts geschah. Es waren bereits fünf Minuten vergangen, in dem sich nichts auf dem Flur oder vor meiner Tür regte.
Erleichtert atmete ich aus und schmiss mich auf mein Bett. Ich fühlte mich nun um einiges erleichterter, doch da klopfte es auch schon an der Tür.
Ich regte mich nicht und gab kein Ton von mir, bis es erneut klopfte. Angespannt setzte ich mich wieder auf, "Ja?", sagte ich mit lauter Stimme und schon öffnete sich die Tür langsam.
Doch dort stand nicht wie gedacht mein Vater, nein, Caelum stand im Türrahmen und betrat sofort mein Zimmer, als er mich erblickte. Er schloss  leise die Tür hinter sich und ging schnurstracks auf mich zu.
"Ich weiß, du bist noch sauer auf mich, doch lass uns den Streit begraben. Ich hatte einfach viel um die Ohren, ich musste meine angestaute Wut einfach raus lassen, bitte verzeih mir, Aries."
Es hörte sich an, als hätte er diese halbe Rede lange vor dem Spiegel geübt. Ich zuckte lachend mit den Schultern, da ich glücklich war, dass Caelum mich besuchen kam und nicht unser Vater, "Schon vergessen, Caelum.", sagte ich leise und sah ihn an.
Es schien mir, als wüsste er nicht wohin mit sich, er ging hinüber zu meinem Fenster und sah hinaus. Ich verfolge ihn mit meinem Blick, "Sonst noch etwas?", fragte ich hochmütig und erhob mich von meinem Bett.
Zögernd drehte er sich zu mir um, "Was wollte Mutter mit dir und Volans besprechen?", fragte er neugierig.
Ich erzählte ihm nur knapp, was  unsere Mutter sagte und erwähnte die Reaktion unseres Vaters, als er mich sah, mit keinem einzigen Wort.
Caelum nickte nachdenklich, "Traust du dir das zu?", fragte er, als er schon in Richtung meiner Zimmertür ging, um zu verschwinden. Gerade als er nach dem Türknauf greifen wollte, öffnete sich die Tür und mein Vater stand nun dort, wo auch Caelum vor einigen Minuten standstand.
Ohne dass ich meinem Bruder antworten konnte, verließ er den Raum und ließ meinen Vater eintreten.
Er war das erste mal in meinem Zimmer und sah sich interessiert um, nachdem er die Tür geschlossen hatte. Er ging wie Caelum zuvor auf das Fenster zu und blieb davor stehen. Er verschränkte die Hände auf dem Rücken und sah über die Ländereien.
"Langsam aber sicher...", begann er langsam und leise zu sprechen, "Komme ich zu dem Entschluss, dass du ein Feigling bist.", sagte er ruhig und drehte sich nun zu mir um.
Mein Herz fing wieder einmal an schmerzhaft zu klopfen und meine Atmung verschnellerte sich.
"Weder Caelum, noch Volans sind Feiglinge, warum also du?", mit bedrohlichem Ton kam er nun langsam auf mich zu.
"Ich bin kein Feigling, Vater.", sagte ich nachdrücklich und hielt seinem Blick stand, "Wieso denkst du das?", fügte ich leise hinzu.
Die Selbstsicherheit, die ich sonst an den Tag legte war verschwunden, doch ich versuchte dies meinem Vater gegenüber nicht zu zeigen.

Die besonderen Kinder der LestrangesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt