107. Vormittag vor dem Spiel

436 22 0
                                    

Ich träumte davon, dass Volans und ich endlich nach Hause fahren würden und unsere Eltern treffen würden.
Erschrocken und verwirrt wachte ich mitten in der Nacht auf, der Schlafsaal war stockdunkel und Jolka schlief ruhig atmend in dem Bett neben mir.
Schnell erhob ich mich und griff nach meinem Zauberstab, "Lumos.", flüsterte ich und die Spitze meines Zauberstabs fing an zu leuchten.
Auf der Bettkante sitzend überlegte ich, ob ich meine Schlafsachen anziehen sollte oder ob ich mich in den Gemeinschaftsraum setzte.
Leise schlich ich aus dem Schlafsaal, bog links ab und ging den kleinen Flur an den Schlafsälen der Mädchen vorbei.
Am Ende des Flures öffnete ich die Tür zum Gemeinschaftsbadezimmer und stellte mich an ein Waschbecken. Tief einatmend sah ich mich im Spiegel an. Es herrschte vollkommene Stille im ganzen Gemeinschaftsraum, so dass das leiseste Geräusch was ich machte, sich schon wahnsinnig laut anhörte.
Nachdem ich mir das Gesicht mit kaltem Wasser gewaschen hatte, verließ ich das Bad und sah mich im warmen Gemeinschaftsraum um, der nur noch von der Glut des Kaminfeuers beleuchtet war.
Diese merkwürdige Stille hatte etwas unheimliches, doch auch etwas sehr beruhigendes an sich.
Ich stand neben einer Säule, als mit einem leisen Plop ein Hauself im Gemeinschaftsraum auftauchte.
Leise sah er sich um und begann schließlich den Raum aufzuräumen und zu putzen.
Als er mich bemerkte heulte er erschreckt auf, "Miss Lestrange. Miss.", sagte er aufgeregt und wuselte im Gemeinschaftsraum herum und ordnete Bücher und Pergamentrollen.
"Dobby.", sagte ich feststellend. Doch der kleine Elf merkte schnell, dass es mich nicht interessierte, was er dort tat.
Gerade, als ich mich umdrehen wollte, um zurück ins Bett zu gehen, ergriff Dobby das Wort, "Dobby hat nichts gegen Sie, Miss. Sie waren niemals so böse zu ihm, wie ihre Brüder oder Onkel.", obwohl er meinem Onkel nicht mehr diente, schlug er sich erschrocken die Hände auf den Mund und schlug sich anschließend gegen den großen Kopf.
Ich zuckte mit den Schultern, "Du bist nur ein Hauself, Dobby. Dein Verlust ist es nicht einmal Wert erwähnt zu werden."
Dobby sah mich mit großen, traurigen Augen an. Ich stieß mich von der Wand ab und ging zurück in meinen Schlafsaal.
Die Müdigkeit hatte mich nun doch überrumpelt und ich legte mich zurück in mein Bett.

Am nächsten morgen war heitere Stimmung im Schloss. Das Spiel Gryffindor gegen Ravenclaw sollte heute stattfinden.
Volans und ich wollten es nicht verpassen, schließlich waren wir sehr gespannt darauf, wie viele Klatscher am Spiel teilnehmen würden.
"Hey, Aries, warte!", rief Richard, als ich durch den Gemeinschaftsraum ging.
Er sprang sofort auf und kam zu mir herüber, "Gehst du heute zum Spiel?", fragend sah er mich an.
Ich nickte kurz, "Ich gehe mit meinem Bruder nachher zum Spiel. Komm doch mit, wenn du möchtest."
Richard verzog schlagartig das Gesicht und stieg mit mir durch die alte Mauer auf den Korridor hinaus.
"Weißt du, ich verstehe das zwischen dir und Volans nicht. Klar, ihr seid Geschwister, man hasst sich, man streitet und so weiter. Aber bei dir und deinem Bruder kann die Stimmung von einer auf die andere Sekunde im Keller sein und ein paar Minuten später erklimmt sie den höchsten Turm von Hogwarts.", sagte er ohne Verständnis.
Grinsend sah ich zu den Gemälden an den Wänden, die ich schon unzählige Male angestarrt hatte, "Ich kenne es nicht anders. Volans war schon immer so, doch er ist mein Bruder, ich komme damit schon zurecht.", ich lachte halbherzig und stieg die Wendeltreppe aus dem Kerker heraus voran hoch.
"Schläft Jolka noch? Ich habe sie heute morgen noch gar nicht gesehen.", Richard sah sich suchend um.
"Ist bei Hoke, dem Schleimer.", ertönte Brians gehässige Stimme, als wir uns zu ihn setzten.
"Sie trifft sich ständig mit dem, das ist ja nicht zum aushalten.", stöhnte Brian und trank seinen Kakao aus.
"So etwas muss doch nerven. Jetzt ehrlich, jeden Tag sehen sie sich, reden miteinander, verbringen Zeit zu zweit. Mich würde es nicht wundern, wenn sie bald verrückt wird.", sagte ich abschätzig und griff nach einem Brötchen.
"Wird?", Richard sah mich laut lachend an, "Wer sich so etwas jeden Tag antut, der IST verrückt.", sagte er und versuchte sehr weise dabei zu klingen.
"Außerdem ist Jolka doch erst 14. Da ist man nun mal so töricht."
"Du bist nicht viel älter und sowieso auf keinen Fall erwachsener, als wir, Richard.", sagte ich beiläufig und beachtete ihn nicht weiter.
Doch entsetzt sah er mich an. Ich wusste, dass er nun aus Spaß einen aufstand machen würde, "Ich bin 16. Wenn hier am Tisch jemand erwachsen ist, dann ja wohl ich. Ich weiß am besten, wie sich erwachsene verhalten.", sagte er und tat so, als wäre er beleidigt.
Ich musste nun doch grinsen und schubste ihn leicht zur Seite, bis er mir schließlich zu zwinkerte.

Zu dritt verbrachten wir den Vormittag auf den Ländereien von Hogwarts.
Ich lag im grünen Gras, hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und sah glücklich in den blauen Himmel, während die beiden Jungs Koboldstein spielten.
"Baaah!", hörte ich Brian in regelmäßigen Abständen schreien, denn er bekam immer wieder Flüssigkeit der Steine uns Gesicht, da er dauernd Punkte verlor.
Belustigt setzte ich mich auf und sah lachend zu Brian, der nun mit Hilfe seines Zauberstabes die Flüssigkeit entfernte.
"Du bist und bleibst ein Versager in dem Spiel, McFory.", sagte Richard lachend und räumte das Spiel mit einem schlenker des Zauberstabes weg, als sie fertig waren.
"Wo er Recht hat.", sagte ich schulterzuckend, als Brian hilfesuchend zu mir sah.
"Na ja.", sagte er gleichgültig und erhob sich, "Dafür bin ich in anderen Dingen besser. In Zauberschach war ich immer ungeschlagener Meister in meiner Familie.", sagte er stolz.
Richard ließ ein gemeines Lachen hören, "Also gibt es wirklich noch Leute, die blöder sind, als du?", fragte er schelmisch, erhob sich und schlug Brian freundschaftlich auf die Schultern.

Die besonderen Kinder der LestrangesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt