157. Wehr dich

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Ich versuchte nicht ängstlich zu wirken. Doch seit dem Tag, an dem er mir den Cruciatus angetan hatte, hatte ich Angst er würde es wieder tun. Ich würde diese Qual und diesen Schmerz kein zweites mal aushalten können.
Ich rutschte vom Tisch herunter und sah nun zu meinem älteren Bruder hinauf, der knapp 1 ½ Köpfe größer als ich war.
"Was 'und du'?", fragte ich patzig, als er fast schon autoritär auf mich herab blickte.
Ohne es voraus gesehen zu haben, fing ich mir eine Ohrfeige von ihm ein. Der ganze Raum war mucksmäuschen still, es wagte sich nicht einmal jemand zu bewegen. Selbst Brian, der meinen Bruder so sehr vergötterte schien sein Handeln nicht zu verstehen.
Mit immer noch erhobenem Haupt sah ich zu meinem Bruder hinauf und tat so, als hätte mich die Ohrfeige überhaupt nicht gestört.
"Ich schäme mich so etwas wie dich meine Schwester nennen zu müssen.", schrie er mich wutgeladen an.
"Ach ja? Glaubst du mit dir geht es mir da anders?", brüllte ich ihn schon aus voller Kraft an.
Die Augen meines Bruders huschten wie wild über mein Gesicht. Ich hatte das Gefühl, dass er den anderen nur seine Macht demonstrieren wollte, doch ich hielt immer weiter dagegen.
Schließlich beugte er sich zu mir herunter und flüsterte direkt in mein Ohr, "Ich werde alles, wirklich alles, was du bis zum Sommer tust Mutter schreiben, also überleg dir ganz genau, was richtig ist und was falsch.", flüsterte er drohend. Wütend starrte ich an ihm vorbei, als er sich erhob und spöttisch auf mich herab blickte. Schnell sah ich durch den Gemeinschaftsraum, um zu prüfen ob die anderen uns beobachten.
Da wie immer die meisten Augen auf uns gerichtet war, ließ ich nicht nach und sah ihn triumphierend an, "Und was würden nur deine ganzen 'Freunde' sagen, wenn sie wüssten, dass du nur Lügen erzählst, um gut darzustehen, um gemocht zu werden, nur damit du hier nicht alleine runkriechen musst, Volans.", sagte ich in einem lauten und abwertenden Ton.
Alle Schüler im Gemeinschaftsraum schienen plötzlich aus einer Art Schlaf erwacht zu sein und begannen leise zu tuscheln.
Volans biss sich auf die Lippen und sah sich im Gemeinschaftsraum um, ihm war klar, dass nun alle über ihn redeten.
Grinsend sah ich zu Brian hinüber, der immer noch nicht zu wissen schien, auf welcher Seite er nun sein sollte.
"Sie lügt!", schrie Volans laut, "Sie lügt und das wisst ihr alle!", entsetzt blickte mein Bruder durch den Raum, doch niemand antwortete.
"Wer ist hier eigentlich der Feigling, Volans?", provozierte ich weiter, "Du hast mir immer eingeredet ich wäre es, doch würde man nicht eher jemanden einen Feigling nennen, der sein wahres Wesen überspielt und vieles vertuschen will?"
Wutgeladen und entsetzt zugleich sah er zwischen mir und unseren Mitschülern hin und her. So hatte ich ihn noch nie erlebt, denn er hatte immer passende Antworten auf Lager.
"Ich habe keine Schwester mehr.", sagte er knapp und ging mit wehendem Umhang in seinen Schlafsaal.
Nun war ich die, die auf ihrer Lippe herum biss und die angestarrt wurde. Ich tat es meinem Bruder gleich und verschwand mit knallender Tür in meinem Schlafsaal.
Ich schmiss mich mit dem Gesicht voraus auf mein Bett. Ich fühlte mich schuldig, wiederum fühlte ich mich aber gut, es war eine merkwürdige Mischung, doch es reichte mir, ich wollte nicht mehr von meinem Bruder herumgeschubst werden.
Ein paar Minuten spät, ich wollte gerade meine Schlafsachen anziehen, kam Jolka in den Saal, "Tolle Leistung, Aries.", sagte sie sarkastisch und ging schnurstracks auf ihr Bett zu.
"Er hat es nicht anders verdient.", murmelte ich gleichgültig und versank wieder in meine Gedanken.
Was wenn er sich rächen würde? Es würde mich genau so schlecht dastehen lassen, wie ich es tat. Oder er würde mich quälen, ganz sicher würde er das, er hat es schließlich schon einmal getan.
Während mein Kopf keine Ruhe gab, hielt Jolka eine Rede, sie hörte gar nicht mehr auf zu plappern, "Halt endlich die Klappe!", schrie ich sie an, als ich für einen Moment meine Gedanken beiseite schieben konnte, "Wie kann man nur so viel reden?", fügte ich hinzu und sah sie ungeduldig an.
Kleinlaut entschuldigte sie sich murmelnd, stieg in ihr Bett und drehte sich auf die andere Seite.

Als am nächsten Tag endlich die Schulglocke über die Ländereien ertönte und die Mittagspause ankündigte stieg ich mit Oliver und Brian gemeinsam zurück zum Schloss hoch. Es war nicht wie sonst, denn wir schwiegen die meiste Zeit, da niemand wusste, worüber wir reden sollten.
Schlecht gelaunt schmiss ich meine Schultasche auf die Bank neben mir und setzte mich. Brian und Oliver setzten sich mir gegenüber, ihre Stimmung war ebenfalls gekippt und lustlos füllten sie ihre Teller.
Ich jedoch starrte nur hinunter auf das was vor mir stand. Schlagartig wurde mir schlecht und ich wendete den Blick vom Tisch ab. Meine Augen fuhren über den langen Lehrertisch, der fast komplett besetzt war.
"Dumbledore ist schon wieder nicht da.", murmelte ich leise vor mich hin. Schon vor Weihnachten war mir aufgefallen, dass der Schulleiter oft nicht zum Essen auftauchte.
"Es wird behauptet er verlässt an einigen Tagen die Schule.", ertönte neben mir die Stimme von Richard, der sich zu uns setzte.
"Wohin geht er?", ich zog eine Augenbraue hoch und sah wieder hinauf zum Lehrertisch, wie Brian und Oliver.
Doch Richard zuckte mit den Schultern, "Das weiß niemand so genau. Einige sagen, dass er nur zu Mandame Rosmerta hinunter geht, aber andere sagen er disapperiert, bevor er dort ankommt. Er lässt die Schule einfach schutzlos zurück.", flüsterte er geheimnisvoll.
Wir sahen ihn alle interessiert an. "Woher weißt du nur immer so viel?", fragte ihn Oliver, doch wie jedes Mal, wenn ihn jemand danach fragte setzte er sein schelmischen Grinsen auf und begann schließlich zu essen.

Die besonderen Kinder der LestrangesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt