Nicht meiner - Alea

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Beeindrucken ließ ich mich von ihm nicht und ging einfach ohne eine Erwiderung zur Kasse. Mit einem immer noch etwas angedeuteten Lächeln zog die Dame meinen großen Einkauf an der Kamera vorbei. Sofort wurde mir ein Zettel mit dem Betrag meines Einkaufes ausgedruckt. Meine Karte hielt ich dann einfach gegen die Kamera und verließ dankenden den kleinen Supermarkt. Vorgehabt hatte ich es nicht, mit diesem Denis noch ein weiteres Wort zu wechseln. Irgendwie empfand ich ihn einwenig als Bedrohung. Er schien wie viele Menschen die ich kannte etwas falsches an sich zu haben.

„Hey du! Warte doch mal!" hörte ich die Stimme des eben genannten Denis von hinten an mein Ohr dringen. Keine Ahnung wieso, doch ich blieb stehen. Langsam drehte ich mich herum und sah den Mann in meine Richtung laufen. Seine dunkeln Haare flogen herum und erst jetzt sah ich die silberne Strähne, die er hinter sein rechtes Ohr gestrichen hatte.

„Was willst du?" Ein paar Schritte vor mir blieb er stehen. Die Hände lies er in seine Hosentasche sinken und begann nur zu lachen. Was für ein schräger Typ.

„Dir ist nur etwas hinunter gefallen. Ich dachte mir nur, dass du es vielleicht wieder haben willst." Langsam zog er seine linke Hand wieder aus seiner Hosentasche. An seiner Hand baumelte nun eine dünne Kette, an der ein kleines silbernes Kreuz hing. Nicht im geringsten kam mir die Kette bekannt vor, dennoch fing ich sie, als der Mann sie mir entgegen warf. Das kalte Metall kribbelte, als es meine Haut striff. Ich begann es mir ganz genau anzusehen. Es war nicht sehr aufwendig gestaltet. Das Metall war relativ dünn und hatte nur die einfache Form eines Kreuzes. Keine Gravur oder etwas anderes konnte einem sagen wem es gehörte, doch man erkannte, dass es nicht aus irgendeinem Laden war, sondern wirklich von einem Juwelier stammen musste.

„Tut mir leid, aber das gehört nicht mir." Etwas überrascht über meine Wortwahl war ich dann doch, dennoch widerrief ich meine Aussage nicht. Keine schwäche zeigen.

„Wirklich?" Er schien sich ganz schön einen ins Fäustchen zu lachen und entweder war er echt schlecht darin es zu verstecken oder er gab sich einfach nicht wirklich mühe darin. Ich versuchte mir meinen Ärger über sein Amüsement nicht anmerken zu lassen und streckte meine Hand mit der Kette darin wieder in seine Richtung.

„Ja...also nimm sie wieder und gib sie lieber dem rechtmässigen Besitzer." Er hatte seine Hände wieder in die Taschen gleiten lassen und zog nun unschuldig die Schultern hoch.

„Da kann man wohl nichts machen." Mit etwas Schwung drehte er sich auf den Fersen herum und begann sich von mir weg zu bewegen.

„Hei!" Er hob nur die Hand.

„Behalt es. Oder such selbst nach dem Besitzer." Mit diesen Worten lies er mich alleine auf dem Parkplatz stehen. Etwas fassungslos stand ich nun da, in meiner Hand die Kette. Der Typ hat mich doch wirklich einfach so stehen lassen!

Vor Wut mit den Zähnen knirschend begann ich mich nun auch wieder auf den Weg zum Auto zu machen. Es war immer noch schweinekalt und die Jacke schütze nur minder. Schnell ließ ich also die Kette in einer Tasche verschwinden und rannte zu meinem Auto, dessen Tür sich bereits öffnete, als ich nur leicht die Finger um den Schlüssel legte. Ich setzte mich hinein und freute mich über die Wärme, die nun begann entlang meines Körper zu zirkulieren.

„Lora zeig mir den schnellsten Weg nach Hause." Nun sprang das ganze Auto an und ich fuhr aus der Einfahrt. Loras Stimme drang währenddessen aus den Lautsprechern zu mir und führte mich schnell wieder nach Hause.


Wirklich Hunger hatte ich ja nicht. Meine Mutter hatte irgendetwas total gesundes gekocht, mithilfe dieser neuen Produkte die Angilate dauernd in ihren nervigen Pop-Ups bewarb. Das war eine große Firma, die sich vor nur etwas mehr als zehn Jahren, vielleicht sogar weniger begonnen hatte zu etablieren. Mit neuen Produkten, zum großteils Gentechnisch verändert, meinten sie die Welt etwas besser machen zu können. „Survival of the fitest" war ihr Motto, ob sie wussten dass dies eigentlich eine Aussage aus der Evolutionslehre war, war mir nicht klar. Dämlich fand ich es allerdings allemal. Das einzige Problem war, dass meine Eltern überzeugte Kunden dieser Firma waren, weshalb solche Sachen bei uns großteils täglich auf den Tisch kamen. So recht ohne Genmanipulation ging es eigentlich eh nicht mehr, dennoch waren mir große Konzerne einfach vom System her schon suspekt.

„Schatz, weißt du nun eigentlich schon was du zu deinem Geburtstag machen willst?" Überrascht verschluckte ich etwas von dem Essen und begann heftig zu husten. Meine Mutter sprang sofort auf und klopfte mir fest auf den Rücken, hingegen mein Vater nur zusah.

„Danke Mama, geht schon wieder." Meine Hand drückte ich fest gegen meine Brust und ich schluckte. Erleichtert holte ich tief Luft. Meine Mutter hatte sich inzwischen wieder hingesetzt und sah mich nun erwartungsvoll an.

„Ähm...ich weis nicht. Ich hab darüber noch gar nicht nachgedacht." Meine Mutter schien überrascht und auch meinen Vater schien das nicht unbedingt unberührt zu lassen. Es stimmte ja schon, dass nächste Woche mein 18. Geburtstag seien würde. Ich verdrängte diese Tatsache allerdings eher, als dass ich diesen Tag herbei sehnte. Warum genau wusste ich selbst nicht so recht. Einmal schwebte mir immer noch mein letzter Geburtstag all zu deutlich vor Augen, genauso wie meine Mutter und ihr vor Trauer zuckende Körper. Zwar wusste ich ja immer noch nicht, ob es wegen meinem Geburtstag war, doch vergessen konnte ich es auch nicht. Andererseits war da auch noch die steigende Verantwortung, die das vollendete 18 Lebensjahr einfach mit sich brachte. Einwenig mulmig wurde mir bei dem Gedanken schon und irgendwo war auch diese Angst davor falsche Entscheidungen zu treffen, die nun viel schlimmere Auswirkungen haben konnten, als noch wenige Wochen zuvor.

„Aber Schatz! Du solltest schon feiern. Man wird immerhin nicht alle Tage achtzehn! Geh doch mit freunden Weg." Erst jetzt viel mir so richtig auf, dass meine Mutter viel stärker an einem ausgebildeten Sozialleben war, als ich. Verstehen mag das wer will. Ich tat es ja selbst nur um mir anderes Übel als Außenseiterin zu ersparen.

„Ja...vielleicht. Ich werd mal mit den Leuten aus meiner Klasse reden." Ich lächelte und meine Mutter schien sich zu freuen, hingegen war mein Vater wie immer verhalten. Was ich von alle dem halten sollte war mir schleierhaft. Ich war einfach nur froh, als ich mich wieder in mein Zimmer verkriechen konnte.

Mit den Rücken lehnte ich gegen mein Bett. Die Vorhänge hatte ich weit aufgezogen und konnte so das Panorama bewundern, dass sich einem Bot. Draußen erleuchtete das weiße Licht die Stadt. Alles erschien so noch kälter und irgendwie hätte ich mir doch Schnee gewünscht, selbst wenn er nicht liegen geblieben wäre. Ich hätte nur einfach gerne gesehen, wie die weißen langsam zu Boden sanken und mich langsam begannen zu umschmeicheln. Ich wollte die Kälte spüren und sie dennoch nicht an mich heran lassen.

Mein Sketchband vibrierte unaufhörlich, doch ich versuchte so gut es mir eben möglich war es zu ignorieren. Gerade genoss ich meine Einsamkeit und wollte mich nicht mit der Welt außerhalb meines Zimmer beschäftigen. Ich lehnte meinen Kopf zurück auf die weiche Matratze, die auf meinem Bett lag. Wie schon so oft wollte ich mich in dem roten Meer über mir verlieren, doch etwas lenkte mich ab und hielt mich in diesem Zimmer. Langsam hob ich also meinen Kopf wieder und fand direkt die schwarze Lederjacke, die ich über meinen Stuhl gehängt hatte. Einige Minuten starrte ich sie einfach nur an, bis ich dann aufstand. Langsam und wachsam ging ich auf sie zu. Vorsichtig streckte ich dann meine Hand aus und fuhr in die eine Tasche rein. Sofort spürte ich das kalte Metal an meiner Hand. Es jagte einen milden Schauer über meinen Arm und ich hätte ihn fast wieder weg gezogen. Sei nicht albern.

Vorsichtig zog ich es heraus. Die Kette rollte sich aus und der Anhänger sank Richtung Boden, doch sein Fall wurde abrupt beendet. Unkontrolliert und ungewollt schwang der Anhänger nun durch die Luft. Ich sah ihm zu und versuchte mir vor zu stellen was für eine Person diesen Anhänger getragen haben könnte. In meiner Vorstellung war sie nicht zwangsweise religiös, doch sicherlich hing sie an diesem Anhänger. Er schien schon etwas älter zu sein und nicht oft abgenommen worden zu sein, da beide Seiten etwas angelaufen waren. Irgendwie musste ich lächeln, auch wenn mich, je länger ich den Anhänger betrachtete, eben dieser immer trauriger stimmte. Sie könnte ihn wirklich sehr vermissen.


Born - Pregnant 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt