Der Tag danach - Alea, Cassian

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„Träumst du schon wieder?" K hatte die Beine an das Armaturenbrett gewinkelt und die Arme darum geschlungen. Ihren Kopf hatte sie etwas zur Seite gelegt und sah mich an.

„Hab nur etwas nachgedacht." Sie sah wieder nach draußen.

„Über diesen Jungen von Gestern?" Sie verkniff sich einwenig das Lachen. Ich versuchte es einfach zu ignorieren.

„...können wir über was anderes reden." gab ich etwas mürrisch zurück. Sie schüttelte nur wissend den Kopf.

„Ok..hier musst dann runter." Etwas ungläubig sah ich sie an, fuhr dann aber doch ohne großes Kommentar die Abfahrt von der alten Autobahn hinunter. Die Sonne brach nur dumpf durch die feine Nebelwand die einem Umgab. In kleineren Kreisen ging es dann hinunter wieder auf die Straße. Der Verkehr hielt sich komischer weise in grenzen, nur Lora begann sich stumm zu melden. Ich hatte sie auf lautlos geschalten, doch am Bildschirm, aus dem das Armaturenbrett großteils bestand, versuchte sie weiterhin mit mir zu kommunizieren. Einen beiläufigen Blick warf ich auf den Bildschirm, auf dem mir Lora eine ältere Rute anzeigte, die sich beinahe komplett mit unserer bisherigen überschnitt.

„Wohin bringst du mich eigentlich?" K lies die Beine sinken und lies sich tiefer in den Sitz sinken.

„Eine kleine Überraschung."Sie lächelte und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Ich versuchte mich mehr auf die Straße zu konzentrieren, doch ich wurde mit jedem Meter etwas unruhiger. Ein eigenartiges Gefühl beschlich mich, doch ich versuchte es so gut wie möglich auch nur irgendwie zu verdrängen.


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Schlafen konnte ich nicht. Mein Körper stand unter Strom und brachte meine Nervenden zum Kitzeln. Mit offenen Augen starrte ich an die Decke und sah Alea, deren helle grüne Augen mir entgegen leuchteten. Irgendwie war ich unglaublich glücklich. Ich konnte nicht aufhören zu lächeln und mir zu wünschen sie noch einmal küssen zu können. Gleichzeitig wehte ein unglaublich kalter Wind in meinem Rücken und ich begann am ganzen Körper zu zittern. Das hatte schon im Auto angefangen, weshalb mich Katrin auch in die dickste und wärmste Decke steckte, doch ich hörte nicht auf. Irgendwie war es mir allerdings egal. Ich war einfach nur glücklich.

Es musste so um drei in der früh gewesen sein, als sich die Tür langsam öffnete. Ich hob meinen Kopf und traf auf Casus erstaunten und deutlich durch Alkohol vernebelten Blick. Langsam schloss er die Tür und rieb sich über die Augen.

„Warum bist du den noch wach?" Sein Mund schien sich beim reden kaum zu öffnen und es war etwas schwer ihn zu verstehen.

„Kann nicht schlafen. Schläfst du gar nicht bei einer deiner Bekanntschaften?" Stöhnend rieb er sich über die schweren Augenlieder und schüttelte den Kopf.

„Ne...ende des Monats ist immer schlecht." Mit schweren Beinen schob er sich zu seinem Bett und lies sich darauf fallen. Erleichtert atmete er auf.

„Gott... Mädchen sind so verdammt anstrengend." stieß er lallend hervor. Die zuvor noch so starke Euphorie sank durch den abgestandenen Geruch, den er verbreitete etwas herab.

„Wieso wirst du dann nicht einfach Schwul, dann ersparst du uns beiden vieles." Kaum war ich mit dem Satz fertig schwang sein Körper im Bett hoch und er saß mit einem mal aufrecht. Mein Ansprechen seiner möglichen Homosexualität schien wie kaltes Wasser auf sein überhitztes Gemüt zu sein. Als er dann weiter sprach war seine Stimme fast ganz klar.

„Kannst du deine blöden scherze einmal lassen!" Mit einem mal war er wütend, doch mir war das herzlich egal. Es gab so viel wertvolleres mit dem ich meine Zeit verbringen konnte als meinem Bruder. Hätten wir uns nicht den Unterleib meiner Mutter geteilt, dann würde uns so ziemlich gar nichts verbinden. Wären wir uns so begegnet dann hätten wir uns sicher noch mehr gehasst.

„Erst wenn einer von uns verschwindet." Sagte ich unbeeindruckt und drehte mich in meinem Bett herum.

„Es würde dir nicht schaden, wenn du etwas charmanter wärest, dann hättest du inzwischen vielleicht auch eine Freundin und wärest nicht eine ewige Jungfrau." Ich lies das unkommentiert und versuchte die aufsteigende Wut in meinem Magen einfach herunter zu schlucken. Wenige Sekunden zuvor war ich noch glücklich...Warum frage ich auch? Wahrscheinlich ist er auch nur so besoffen, weil er nicht zum Schuss gekommen ist.

Der nächste Morgen war nicht viel besser. Irgendwann war ich dann zwar endlich eingeschlafen, doch mehr als drei, vier Stunden schlaf hatte ich dann auch nicht bekommen. Eine Stunde lag ich dann noch im Bett. Irgendwann erhob ich mich dann und fuhr mit meinem Rollstuhl aus dem Zimmer. Der Rest meiner Familie schlief noch und Casus würde auch sicher sobald nicht mehr aufwachen. Ich rollte in die Küche und legte meinen Kopf auf den kalten Tisch. Mein Körper zitterte immer noch, so dass mein Kopf schon etwas zu dröhnen begann. Jetzt schon begann ich mich zu langweilen. Langsam begann ich zu träumen. Ich sah die Schatten, die die Möbel in der Küche warfen, beginnen zu tanzen. Langsam lösten sie sich von ihrem dreidimensionalen Partner und begann über den Boden zu kriechen, wie angeschossene Soldaten. Arme hoben sie in die Luft und krallten die langen schwarzen Finger in den glatten lieblosen Boden. Ächzend reckten sich ihre Köpfe in die Luft. Sie versuchten Luft zu holen, doch sie hatten keine Lungen. Ihre Rachen blieben trocken. Immer weiter ächzten sie, bis es sogar so klang, als würden sie ein Lied singen. Stillschweigend sah ich ihnen zu, wie sie sich bewegten, über den Boden zogen, sich versuchten zu erheben. Sie schienen mich nicht zu sehen und einfach nur ihrem tuen nach zu gehen, als würde sie nichts anderes interessieren. Ihr einziges Bedürfnis schien es zu sein ihre Lungen mit Luft zu füllen.

Mit jeder Runde, die sie um den Tisch zogen schienen sie menschlicher. Weiter reckten sich ihre Köpfe in die Luft und begann sich langsam aufzurichten. Schmale Körper, manchmal nur Stege, die Glieder aneinander hielten, warfen nun eigenen Schatten auf mich. Sie gingen schwerfällig, als wären sie am Boden festgekettet . Weiter zogen sie ihre Beine. Dunkle, lange schwarze Kleider, flossen beinahe schon an ihren Leibern hinunter. Gesichter hatte sie nicht. Ihr Schädel war hol, man sah nur Splitter der eingeschlagenen Köpfe, dennoch schien es einer zu schaffen mich zu sehen. Er blieb stehen, die anderen liefen weiter. Drehten weiter ihre Kreise. Ich blieb ohne Regung am Tisch lehnend und beobachtete ihn, wie durch eine einzelne Linse. In meinen Ohren surrte es. Einen Schritt machte das Wesen noch, doch dann zuckte es zurück. Der Körper blieb wo er war, nur sein Kopf schien sich etwas nach vorne zu neigen, so als würde er wie ein Hund beginnen meinen Geruch in sich aufzunehmen. Ich hob meinen Kopf etwas und beobachtete wie er seinen etwas schief legte. Eine seiner verkrüppelten und komplett verbogenen Hände hob sich und langte in meine Richtung. Etwas zögerlich hob ich auch meine Hand in ihre Richtung. Es war nicht mehr weit, bis sich unsere Fingerspitzen berührt hätten, doch dann zuckte der magere Körper zusammen. Ein Schriller schrei dröhnte in meine Ohren wieder. Ich schreckte hoch und drückte meine Hände auf die Ohren. Alles um mich herum begann zu beben und auch die anderen Schatten begannen zu schreien. Ihre Arme rissen sie wieder unkontrolliert in die Luft, andere legten sie auf ihre Augen, Ohren oder um ihre Hälse. Unerbittlich schrieen sie, bis die Luft aus ihnen wich und sie sich in dunklen Pfützen auflösten.

Endlich schien wieder Luft durch meine Lungen zu fliesen, als die Wesen verschwunden waren. Im Flur hörte ich dann etwas klirren, dass meine Konzentration schließlich auf sich riss. 


Born - Pregnant 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt