Schleier-Cassian

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Alea blieb still während wir mit den Aufzug hinunter fuhren. Sie starrte nach vorne an die Aufzugtür. Ich war mir eigentlich ziemlich sicher, dass sie über die Sache mit Sarah nachdachte.

Die Tür glitt nach einer scheinbar lagen, zu Tode geschwiegen fahrt, endlich auf. Ich fuhr zuerst raus und Alea ging hinter mir. Ihren Blick spürte ich in meinem Rücken. Meine Schulterpartie begann sich zu verspannen, was das antauchen meines Rollstuhles deutlich anstrengender machte. Mich beschlich ein komisches Gefühl, dass ich erneut nicht wirklich einordnen konnte. Es war allerdings nicht wie zuvor. Mein Körper schien sich auf eine androhende Gefahr vorzubereiten. Das Herz begann in meiner Brust schneller zu schlagen. Ich versuchte weiter zu atmen, mich irgendwie wieder zu beruhigen.

Da geht etwas vor. Die sich androhende Gefahr. Ich spüre die androhenden Blicke in meinem Rücken. Anscheint werde ich mein Schwert gegen einen in unseren Reihen erheben.

Alea war mit ihrem Auto da. Ich hievte mich selbst auf den Beifahrersitz und Alea verstaute meinen Rollstuhl in ihrem Kofferraum. Sie stieg in den Wagen. Ich sagte nichts, sah ihr lediglich dabei zu, wie sie sich hinsetzte und begann ein paar Knöpfe auf dem Armaturenbrett zu drücken. Eine Stimme begann sich zu melden. Alea sprach kurz mit ihr, ehe wir uns in Bewegung setzten. Ihre Hände hatte sie fest um den Lenker gelegt und hatte ihren Blick an die Straße gefesselt.

Mit einem mal begann sie dann zu lächeln. Keine Ahnung was sie so amüsierte, doch mit einem mal begann sie mich wieder anzusehen. Ihre Augen leuchteten dabei wieder gefährlich auf und sie legte den Kopf etwas schief, weiter in meine Richtung.

„Hast du Lust auf eine kleine Spritztour?" Ich sah sie nur erstaunt an. Die erste Intuitive Antwort war natürlich nein. Zwischen Autos und mir war eine klare Feindschaft entstanden. Alea wusste nichts davon und ich hatte auch nicht das nun lang und breit vor ihr auszubreiten. Einerseits wollte ich auch wirklich nicht wie ein Feigling dastehen, so dumm es auch klang.

„Wenn du meinst." Ich zog die Schultern möglichst entspannt nach oben und lächelte sie an. Ihre Augen begannen zu funkeln und brachte sich wieder in eine aufrechte Position. War der Wagen zuvor noch mit einer relativ tragbaren Geschwindigkeit gefahren, so drückte es mich jetzt in den Sitz. Das Herz hämmerte mit jeder Sekunde schneller in meiner Brust. Ich spürte wie Angst immer weiter meinen Körper zu erstarren brachte. Bilder des Unfalles flackerte unregelmäßig vor meinem geistigen Augen auf.

Sie schreien auf. Beine stoßen sich von dem erdigen, schlammigen Boden ab. Viele von uns werden heute sterben.

In meinen Ohren rasselte das laute quietschen von Autoreifen und ein beißender Geruch in meiner Nase. Ich versuchte es zu unterdrücken und nicht voller Angst aufzuschreien. Meine Grenze schien aber dann ziemlich schnell erreicht. In einem letzten verzweifelten versuch krallte ich meine Finger noch in den Sitz, doch mein Blick begann immer mehr zu verschwimmen und ich war mir ziemlich sicher, dass ich in diesem Moment eine ganz klassische Panikattacke hatte.

„Stop!!" presste ich hervor. Kurz darauf begann das Auto auf die Seite zu ziehen und wir legten eine Vollbremsung hin. Ein erstickter Schrei sperrte meine Kehle, so dass ich mit einem mal kaum noch atmen konnte. Ich begann zu husten und hatte angst ich würde wieder Schleim spucken, doch der Husten blieb trocken und schien mit Rasierklingen nur weiter meine Kehle aufzureißen. Ich sah Alea nicht an, da ich immer noch mit meiner Panik zu kämpfen hatte. Die Bilder hörten nicht auf vor meinem Auge wieder und wieder aufzuflackern. Ähnlich einer Diashow flimmerten sie. Eins nach dem anderen. Ich konnte spüren wie ich zitterte. Jeder Muskel in meinem Körper brannte.

„Es tut mir so leid...."


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Alles schien nach Plan zu verlaufen. Ich konnte Cassians Dämonen deutlich spüren. Er war ein mental schwacher Mensch und würde sicherlich zerbrechen, wenn ich es schaffte sie aus ihm hervor zu holen. Ich war zuvor schon in seinem Kopf gewesen, wusste auch sehr wohl von seiner Panik vor schnell fahrenden Autos. Einzelne Albträume hatte ich selbst gesehen und auch meinen Spaß daran gehabt sie in meinem Willen zu manipulieren. Es wäre eigentlich ganz leicht gewesen. Ich musste nur auf Gas steigen. Alea hatte ich anderweitig auch vorerst zum schweigen gebracht. Das ganze war so einfach, dennoch trat ich mit einem mal auf die Bremse.

Seine Stimme klang atemlos, fast schon hilfesuchend. Ich konnte nicht anders als den Wagen zur Seite zu ziehen und ihn zu stoppen. Hupend waren Autos an uns vorbei gerauscht. Für einen Moment schaffte ich es nicht mich zu rühren. Krampfhaft krallten sich meine Finger in den Lenker. Unglaubliche Kopfschmerzen begannen es in meinem Kopf zum rauschen zu bringen. Mein Körper verkrampfte sich. Es war nicht Alea, doch etwas schien in mir gegen mich anzukämpfen. Anders als sie rang es nicht um Freiheit, sondern hielt mich davon ab wieder aufs Gas zu treten. Neben mir hörte ich wie Cassian schwer Luft holte. Ich wagte es meinen Kopf ganz langsam herum zu drehen.

Cassians, doch recht dünner Körper, zitterte. Die Hände hatte er in den Sitz gekrallt und die Augen weit aufgerissen. Klare unverfälschte Angst war darin zu lesen. Es war ein elendiger Anblick und dennoch begann ich keine Abscheu für ihn zu fühlen, sondern fühlte mich schlecht. Mit einem mal erschien mir das was ich getan hatte falsch. Ich war verwirrt.

„Es tut mir so leid..." Ich flüsterte nur, damit ich mir einreden konnte ich hatte diese Worte nicht laut gesagt. Er reagierte nicht darauf. Sein Körper zitterte weiter und begann zu befürchten er würde jeden Moment ersticken. Ich konnte den dicken Schleier deutlich sehen, der sich um ihn legte. Es mussten schreckliche Erinnerungen sein, die ihn nun heimsuchten, da ich sogar begann Tränen in seinen Augen zu sehen.

Ich streckte meine Hand dem schwarzen Schleier entgegen, der mit jeder Minute dichter zu werden schien. Die Angst Cassians war deutlich zu spüren. Menschen trugen oft so einen Schleier über den Köpfen. Irgendwann würde man ihre Gesichter nicht mehr sehen. Ähnlich verhielt es sich auch bei Cassian, auch wenn fast sein ganzer Körper bedeckt war.  

Born - Pregnant 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt