Eine Weile blieb es dann still und beobachtete wie Katrin auf das Bild starte und jeden Strich den ich auf das Papier gesetzt hatte analysierte, bis sie wieder erkannte wen ich da auf das Papier gesetzt hatte.
„Hast du wieder von ihr geträumt?" Stumm nickte ich und hörte wie meine Schwester mühsam versuchte ihre angehaltene Luft aus ihren Lungen zu drücken. Sie hatte diese Erscheinung früher sehr oft zu Gesicht bekommen. Als ich zwei oder drei Jahre alt war hatte ich sehr oft von dieser Frau erzählt. Ich hatte sie in Parks, beim Einkaufen mit meiner Mutter oder sogar in meinen Träumen immer wieder gesehen. Meine Eltern hatte das als die Einbildungen eines kleinen Jungen mit zuviel Fantasie abgetan, allerdings hatte meine Schwester mir immer geglaubt und es machte ihr angst. Sie war zwar drei Jahre älter als ich, doch vor allem als Kind sehr ängstlich gewesen. Irgendwann hatten meine Eltern mir verboten ihr davon zu erzählen, doch ich hörte nicht auf sie. Ich hatte einfach so fest an sie geglaubt und war mir sicher das ich die Gespräche mit ihr mir nicht eingebildet hatte. Alles an ihr schien so real gewesen zu sein. Ihre langen braunen Haare die sich mit dem Wind bewegten, die warme und liebevolle Stimme, mit der sie mich immer begrüßte, wenn wir uns im Park wieder trafen. Es schien alles so real zu sein. Bis zu jenem Tag war ich mir nicht hundertprozentig sicher, ob ich sie mir nur eingebildet hatte. Irgendwann verschwand sie dann und ich sah sie lange Zeit nicht mehr wieder. Das letzte Mal war nur wenige Tage vor dem Autounfall, der mich für immer an dieses Gestell gefesselt hatte. Damals hatte sie nicht mehr so nett gewirkt, eher wirkte sie traurig und verkümmert, was mir auf eine komische und beklemmende Art angst machte.„Was hält sie da im Arm." Mit einem Finger zeigte meine Schwester nun auf das kleine Bündel in ihren Armen, dessen Gesicht man nicht sehen konnte.
„Ein Baby." Mehr sagte ich nicht, sondern klappte einfach die lederne Mappe wieder zu. Ich sprach nicht gern über sie. Keiner verstand so recht wie es sich anfühlte immer wieder diese Frau zu sehen. Sie taten es einfach nur als Wahnvorstellung ab. So gut es ging versuchte ich es ihnen gleich zu tun. Hierbei konnte ich mich aber nicht so gut anlügen.„Ich komm gleich zu essen. Gib mir nur noch einen Moment, okay?" meinte ich, doch sah meine Schwester dabei nicht an. Sie kannte mich schon lange und wusste genau, dass mich diese Frau wieder sehr beschäftigen würde. Ich wollte ihr mit meinem verzweifelten Blick nicht noch die Bestätigung dafür geben.
„Okay." Mit diesen Worten verließ sie mein Zimmer. Zögerlich begann ich meine Lungen wieder mit einer ordentlichen Menge Luft zu füllen, dann klappte ich die Mappe erneut auf. Das Bild von der Frau war nun fast komplett aus meinem Gedächtnis gelöscht, so dass ich nicht mehr davon hatte als dieses Bild. Allerdings fand ich nicht, dass es meinen Gedanken auch nur ansatzweise nahe kam. Es war frustrierend und ich begann es sofort zu bereuen, dass ich dieses Bild gezeichnet hatte. So schnell ich sie geöffnet hatte, so schnell klappte ich sie auch wieder zu. Bevor ich noch mehr begann mich über meine schlechte Kommunikation zwischen meiner Hand und meinem Hirn auf zu regen, drehte ich mich um und verließ den Raum.
In der Küche hatten sich nun bereits meine ganze verbliebende Familie eingefunden. Ich rollte zum Tisch und setzte mich zwischen meine beiden Schwestern, was hieß, dass ich gegenüber von meinem Bruder saß. Auf dessen Hals prangte mal wieder ein großer lilaner Knutschfleck. Entweder er hat sich nach der Schule mal wieder mit seinem Spielzeug getroffen oder er ist generell auf eines Modell umgestiegen.
„Also...wie war es denn heute bei dir in der Schule Cassian." Ich sah zu meiner Schwester, die mich erwartungsvoll ansah, während ich auch von der kleinen Prinzessin zu meiner rechten erwartungsvolle Blicke zugeworfen bekam. Selbst Casus schien etwas interessiert daran. Ich war doch etwas überrascht.
„Ähm...ganz okay schätz ich." Für alle schien meine Antwort mehr als unzureichend gewesen zu sein. Die gieren doch alle nur auf schmutzige Details. Was ich mir bei dem ganzen wirklich gedacht habe ist denen sicher komplett egal.
„Meine Klasse scheint nett zu sein. Ich bin noch nicht wirklich dazu gekommen mich mit jemanden zu unterhalten." Katrin nickte und auch die kleine Prinzessin schien auch fürs erste zumindest besänftigt, nur mein Bruder warf weiterhin einen gespielt beiläufigen Blick auf mich. Will der jetzt wissen wie viele mich nach seiner Nummer oder so gefragt haben? Meint er wirklich ich habe nichts besseres zu tuen...ich könnte es ihm einfach nicht erzählen. Vielleicht stirbt er ja vor Neugier.Bei dem Gedanken musste ich dann doch etwas amüsiert schmunzeln und überlegte wirklich es ihm einfach nicht zu sagen. Es schien für mich einfach so selbstverliebt, dass ich seinem Ego gerne einen kleinen Tritt gegeben hatte, doch gleichzeitig wollte ich ihm diese Tatsache auch vorhalten.
„In meiner Klasse ist ein paar Leuten die Ähnlichkeit zwischen uns aufgefallen." Ich sah wie sich sein Blick direkt nun auf mich legte und er schien freudig darauf zu waren, was ich nun als nächstes Sagen würde. Es wäre jetzt so leicht ihm das rein zu drücken. So einfach...
„Ich habe aber gesagt wir wären nicht verwand. Dachte es wäre einfach für uns beide." Ich beobachtete meinen Bruder genau, als ich die Worte aussprach und wollte seine Reaktion abwarten. Für einen kurzen Augenblick weiteten sich seine Augen und ich war mir nicht sicher, ob er nun so schockiert war, weil ich keine Nummern für ihn hatte, oder weil ich unsere Blutsverwandtschaft geleugnet hatte. Schnell schaffte er es aber wieder eine Maske auf zu legen und so zutun, als wäre ihm das egal.
„Warum hast du das gemacht?" fragte mein lieber Bruder. Seine Stimme klang rau, als versuche er Emotionen zurück zu halten. Einwenig amüsierte es mich.
„Wie gesagt, ich dachte einfach es wäre besser für uns. Immerhin will ich ja nicht, dass dein guter Ruf durch mich schaden nimmt." Meine Worten schienen ihn wie eine Faust in sein Gesicht zu treffen. Er wusste schon zuvor, dass ich so meine Probleme mit ihm hatte, doch anscheinend hatte er sich immer noch eingeredet, dass wir ja zumindest noch Brüder wären. Kann es dich wirklich so schocken, dass ich so denke. Du hast mir doch schon immer alles genommen, also warum sollte ich nun Mitgefühl mit dir haben. Oder erträgst du es nur einfach nicht, wenn du etwas verlierst?
„Wie kommst du darauf?" Casus schien aufgebracht, doch ich versuchte ruhig zu bleiben. Einer Seits amüsierte mich sein naives denken zwar, doch gleichzeitig rief es mir wieder vor Augen, wie wenig mich doch selbst meine eigene Familie kannte. Ein Mensch unter Millionen und trotzdem fühlt er sich so allein. Es ist fast ironisch.
„Tu nicht so, als hättest du es nicht längst schon bemerkt." meinte ich nur mit eine monotonen Sprechmelodie. Plötzlich drückte mein Bruder mit enormer angestauter Wut seine Gabel und das Messer auf den Tisch und funkelte mich böse an. Na sieh an, wer da mal wieder echte Emotionen mir gegenüber zeigt. Kein Mitleid. Keine Trauer. Keine Gespielte Freundlichkeit. Einfach nur Wut die er mir wie Bälle durch seine Augen entgegen wirft.
„Trägst du mir diesen scheiß immer noch nach!? Selbst nach all dieser Zeit!" Nun war es an mir wütend zu werden. Ich hasste es, wenn er wieder begann dieses Thema aufzuwerfen, da er es anscheinend als einzigen Grund sah, wieso ich ihn verabscheuen könnte.
„Ja! Für dich mag das ja nur eine Kleinigkeit gewesen sein. Für mich allerdings hat sie die Welt bedeuten! Doch selbst ohne sie könnte ich mich nicht erneut dazu bringen dir Sympathie entgegen zu bringen." Ich sah die vor Schock geweiteten Augen meines Bruders und schien es zum ersten Mal nicht zu bereuen, dass ich meine Gedanken laut ausgesprochen hatte. Auch Katrin schien geschockt über meine Worte, doch nur um Lola, die nun weinend neben mir saß, tat es mir wirklich leid. Sie kannte mich nur in diesem Ding und ich wollte nie, dass sie mitbekam wie sehr ich all die Wut darüber in mich rein fraß.„Tut mir leid Lola." flüsterte ich so leise wie ich nur konnte, als ich mich von diesem Menschen langsam entfernte.
„Cassian! Wo willst du hin?" rief Katrin. Ihr Gesicht war ganz weiß, nur ihre Wangen glühten vor Aufregung. Jeder der sie kennt würde alles dafür geben sie so zu sehen. Sie verlor ja so selten die Fassung.„Ich muss einmal raus."
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Born - Pregnant 2
HorrorDu kannst dir deine Geburt nicht aussuchen. Weder wo, noch wann, noch wie. Es ist uns vorbestimmt. Wir haben auf der Welt etwas zu leisten, dass wir uns nicht aussuchen können. Egal nun ob gut oder schlecht. Was nur wenn dein Schicksal so nie existi...