Niemand da?
Ich rieb mir schnell über die Augen. Das Klassenzimmer war leer. Ich verdrehte meine Augen und begann mich wieder umzudrehen. Langsam fuhr ich aus der Klasse heraus. Die Gänge waren so gut wie ausgestorben. Eine irgendwie komisch bedrückende Stimmung zog sich wie dichter Nebel durch die Gänge. Ich versuchte es zu ignorieren und schob es einfach auf meine lebhafte Vorstellungskraft. Eine ganze Weile ging das auch ziemlich gut, da ich ja schon Meister im selbst belügen war. Das Gebilde zerbrach allerdings, als ich einen kalten Wind in meinem Rücken zu spüren. Ich stand bereits im Aufzug und fuhr nach unten. Es war also nicht möglich, dass von irgendwoher wirklich ein Windstoß kam. Obwohl es beinahe schon an Verfolgungswahn grenzte, warf ich einen kurzen Blick über meine Schulter. Zur großen Überraschung aller Beteiligten befand sich hinter mir nur die silberne Metallwand des Fahrstuhls. Kurz und leicht begann der Aufzug dann zu ruckeln als er im Erdgeschoss zum stehen kam. Die Kälte brannte weiterhin in meinem Rücken, weshalb ich wirklich erleichtert war, als ich nach draußen kam. Nun war die Kälte gerechtfertigt und ich konnte weiter so tuen, als würde ich nicht spüren wie mich unsichtbare Augen beobachteten. Du belügst dich doch nur selbst. Spürst du es nicht? Sie sieht dir zu. Bei jeder Handlung. Sie hat alles gesehen.
Gespielt unbewusst begann ich den Rollstuhl schneller an zu treiben. Für einen kurzen Moment schien es mir fast so, als würde der Wind stärker werden und irgendwo her bildete ich mir ein, den erstickenden Schrei einer Frau zu hören. Alles nur Einbildung. Nichts davon ist echt. Dich holt nur langsam endlich der Wahnsinn ein.
Eine schiere Ewigkeit glaubte ich dann auch noch an der Stelle warten zu müssen, an der mich mein Bus immer abholte. So ziemlich zum ersten mal, seitdem ich dieses verfluchten Bus brauchte, war ich froh gewesen ihn zu benutzen. Dieser Käfig aus Blech schien mir Schutz vor diesen Geistern die mich jagten zu geben. Wahnsinnig. Wahnsinnig....Wahnsinnig.
Der Bus war relativ gut gefüllt und ich traf mal wieder auf ein mehr der minder bekanntes Gesicht. Ein schmaler Junge im Rollstuhl. Zwischen seinen beiden Hände hielt er jene Glasflasche, aus der er mich damals hatte trinken lassen. Ich hatte ihn seit damals nicht mehr gesehen. Viel an ihn gedacht hatte ich aber, wenn ich ehrlich gewesen war auch nicht. Als ich in den Van rollte, wand ich meinen Blick noch für einen Moment nach hinten, nur um sicher zu gehen, dass mir auch wirklich niemand folgte. Geister! Jetzt sieht er auch schon Geister.
Ich wurde neben den Junge gesetzt, dessen Hände merklich zitterten, auch wenn er versuchte es zu verbergen, indem er seine Hände fest gegen die gläserne Flasche drückte. Irgendwie begann mir der Junge leid zu tuen. Einen meiner Kopfhörer steckte ich mir ins Ohr, den anderen begann ich etwas zwischen meinen Fingern zu rollen und genauer zu betrachten. Schließlich überwand ich mich dann dazu einmal in meinem Leben nett zu einem anderen Menschen zu sein. Ich streckte meine Hand leicht zur Seite, zu dem Jungen der immer noch zitterte, als hätte es im Wagen minus Grade.
„Willst du mit hören?" Seine Augen wurden groß und irgendwie begann er mich einwenig an meine Schwester zu erinnern. Ich sah sie noch vor mir. Ihren kleinen, so abgemagerten Körper, der zitternd unter ihrem Bett lag. Zusammengerollt wie ein kleiner verängstigter Hundewelpe.
Eine Stunde war nun schon verstrichen. Mam und ich, zusammen mit Katrin suchten das ganze Haus inklusive Garten ab. Es schien aussichtslos. Lola schien mit einem mal wie vom Erdboden verschluckt. Ich war bereits ratlos im Gang geendet. Ich begann mich schuldig zu fühlen. Es war ja eigentlich meine Aufgabe gewesen auf sie aufzupassen, nur ich war so scheiß Faul gewesen.
Frustriert schlug ich meinen Kopf einmal rückwärts gegen die Wand, als mir plötzlich etwas auffiel. Die Zimmertür zum Zimmer meiner Mutter stand einen winzigen Spalt breit geöffnet. Sie war nicht sehr schwer, also war es auch durchaus möglich, dass eine knapp zwei jährige diese öffnen konnte. Der Rest meiner Familie streunte irgendwo herum, also ging ich einfach alleine rein.
DU LIEST GERADE
Born - Pregnant 2
HorrorDu kannst dir deine Geburt nicht aussuchen. Weder wo, noch wann, noch wie. Es ist uns vorbestimmt. Wir haben auf der Welt etwas zu leisten, dass wir uns nicht aussuchen können. Egal nun ob gut oder schlecht. Was nur wenn dein Schicksal so nie existi...