Kapitel 115

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"Taehyung, was ist denn dein Problem? Mathe ist doch so ein simples Fach", fragt Frau Amar meinen Freund, der vor sich hin grummelnd auf sein Blatt schaut.

"Simples Fach? Guter Witz. Ich weiß nicht mal, was ich nicht verstehe, Frau Amar. Wo kriegen Sie die 34 auf einmal her und wieso ist diese scheiß Aufgabe so lang? Mein ganzes Blatt ist mit einer Aufgabe voll und das nimmt gar kein Ende mehr!", antwortet Taehyung genervt und steht auf, um an die Tafel zu gehen.

Da wir so oft gefehlt haben, kommen Taehyung und ich gar nicht mehr in der Schule klar und stellen ständig fragen. Die Streber aus unserer Klasse sind schon richtig genervt von uns, aber was sollen wir machen? Wir müssen die Scheiße ebenfalls lernen für die Prüfungen. Angestrengt versuche ich zu verstehen, was Frau Amar Taehyung an der Tafel erklärt. Doch dieser sieht selbst so aus, als würde er gleich anfangen zu heulen und verzieht vor Verwirrung immer weiter das Gesicht.

"Hä? Aber wo kommt diese 34 her? Warum muss ich 104 geteilt durch 34 nehmen? Das macht doch überhaupt keinen Sinn", sagt er und tippt energisch auf die Tafel.

Seufzend verschränke ich die Arme auf den Tisch und vergrabe mein Gesicht in diese. Ich kann nicht mehr. Der Geburtstermin von Jaemin steht in weniger als zwei Wochen an und Eomma ist schon im Krankenhaus untergebracht worden, weil sie immer wieder etwas Fruchtwasser verliert und üble Rückenschmerzen hat. Der Bauch ist auch riesig geworden und bei ihrem zierlichen Körper ist es kein Wunder, dass sie Schmerzen hat. Tae und ich besuchen sie fast jeden Tag und warten bis Appa kommt, damit wir gehen können. Ich will sie ungern alleine lassen, wenn sie totale Schmerzen und Angst hat.

"Frau Amar, ich bin verzweifelt", höre ich Taehyung seufzen.

Ich hebe meinen Kopf an und sehe, wie Taehyung sich über das Gesicht fährt. Ruhig schaut sie ihn an, aber schüttelt anschließend nur noch den Kopf und schaut zu mir. Mitleidig mustert sie mich und bittet sich Taehyung wieder hinzusetzen.

"Ich hasse mein Leben", murmelt mein Freund, als er sich neben mich setzt und ebenfalls seinen Kopf auf den Tisch legt.

"Same, Bro, fucking same", erwidere ich deprimiert.

"Nenn' mich nicht 'Bro'. Das ist komisch", nuschelt er und sieht mich angeekelt an.

Ich verdrehe die Augen und wende den Blick von ihm ab. Also irgendwann brauche ich eine Pause von diesem Spast. Unsere Lehrerin lässt uns für die restliche Stunde in Ruhe und beinahe wäre ich eingeschlafen, wenn es nicht zur Pause geklingelt hätte.

Grummelnd hebe ich meinen Kopf und sehe, dass Taehyung meine Sachen zusammen packt und in meinen Rucksack stopft. Okay, ich liebe diesen Kerl doch. Er schmeißt sich meinen Rucksack über die Schulter und fordert mich dann auf, endlich aufzustehen. Ich greife nach seiner Hand und ziehe mich mit einem lauten Ächzen an ihm hoch.

"Du verhältst dich wie ein alter Opa, Jeongguk", schüttelt er den Kopf und zieht mich mit aus dem Klassenzimmer.

Im Flur steht schon Hobi, der sehnsüchtig in eine Richtung schaut und uns nicht mal bemerkt. Ich folge seinem Blick und sehe Yumi mit ihren Freundinnen davonlaufen. Soll ich jetzt irgendwas sagen oder doch lieber still bleiben?

"Du hast es anscheinend immer noch nicht mit ihr hingeschissen bekommen, hm?", fragt Tae ihn entgeistert.

Müde lehne ich mich an Taehyung und will am liebsten von ihm getragen werden. Aber ich befürchte, dass er mir dann eine Scheuern würde. Er musste mir heute morgen sogar meine Hose anziehen, weil ich mich mal wieder nicht aus dem Bett bewegen wollte. Was soll ich denn auch machen, wenn sein Zimmer so gut nach ihm riecht und sein Bett, der Himmel auf Erden ist?

"Sie hasst mich! Jihoon redet wenigstens wieder mit mir, aber sie blockt mich immer wieder ab. Du hast ja dieses Problem mit deiner ewigen Jungfrau nicht", sagt er traurig.

Taehyung und ich müssen uns das Lachen verkneifen und erwidern nichts dazu. Es ist einfach besser, dass er nichts davon erfährt. Vor allem sollte er nicht in der Schule erfahren, dass ich nach 18 Jahren keine Jungfrau mehr bin.

"Vielleicht solltest du sie mal ansprechen, wenn sie nicht mit ihren Freundinnen ist. Kann ja sein, dass sie dir dann eher zuhört, als wenn ihre Freunde dabei sind", meine ich und zucke mit den Schultern.

"Sei ruhig, Jogginganzug. Mit dir Schlafmütze hat keiner geredet. Mein Problem ist nicht so einfach gelöst, wie bei dir. Ich kann nicht in ihren Armen liegen und dann wie der letzte Idiot auf Erden in ihr Gesicht flüstern, dass ich sie liebe"

Beleidigt plustere ich die Wangen auf und zeige ihm den Mittelfinger. Taehyung lacht und legt einen Arm um meine Schulter. Er hinterlässt einen Kuss auf meiner Stirn und zieht mich dabei näher an sich.

"Das war so süß, Jeongguk. Ich hätte dich auffressen können und hab mich gleichzeitig verarscht von dir gefühlt", teilt mir mein Freund mit und küsst mir auf die Lippen, als ich ihn anschaue.

"Wenigstens einer, der das süß fand", gebe ich zurück und lächle breit.

"Bah, Liebe. Kann ich ja gar nicht mehr ab haben", wendet er angewidert den Blick von uns ab, verschränkt die Arme vor der Brust und bringt uns dazu, abermals die Augen zu verdrehen.

"Ey, Jeongguk und Taehyung! Die letzten beiden Stunden entfallen. Wir können nach Hause", ruft Mina aus unserer Klasse durch den kompletten Flur, sodass sich alle zu ihr umdrehen.

Taehyung und ich stöhnen erleichtert auf, da wir sonst Kunst hätten und seien wir mal ehrlich. Kunst in der Theorie ist so langweilig. Ich frage mich, wieso ich Kunst behalten habe, anstatt Musik. Musik interessiert mich so viel mehr.

"Ihr habt immer so Glück, dass eure Lehrer immer krank sind. Bei uns sind die nie krank", meckert Hoseok Hyung angepisst.

Jap, er ist unglücklich verliebt, aber ist selbst schuld, wenn er nichts dagegen tut. Spasti.

"Heul nicht rum. Wir gehen dann mal wieder ins Krankenhaus. Tschüß, Hyung", verabschiedet sich Taehyung genervt von ihm und zieht mich einfach mit sich.

"Sehr freundlich, Tae"

"Ja ja, ich weiß. Bin ich immer", lächelt er mich an und bringt mich ebenfalls zum Kichern.

I fucking hate you | TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt