Part 65 ~ Es geht nur ums Geschäft ~ Teil 1

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Zitternd hob ich meine Hand. Sie war völlig mit Blut verschmiert. Mit SEINEM Blut.
"Weg von ihm! Ich sag's nicht nochmal!", wurde ich angebrüllt. Verdammt, ich wollte ihn anschreien. Nicht anderes als einfach nur > Hast du sie nicht mehr alle?! < in sein Gesicht schmettern. Aber das hätte nichts gebracht. Egal was ich jetzt tat, es änderte nichts mehr. Unzählige Tränen liefen über meine Wangen, während ich die Hände nach oben nahm. Mein Blick war starr. Ich blickte in seine Augen. Kaltblütigkeit. Das war alles, was ich in ihnen sehen konnte.
"Vorbei jetzt." Das Klicken welches ertönte als er die Pistole lud, ließ mich schlucken. Er zielte damit direkt auf mich. In seinen Augen sah ich, dass er nicht bluffte. Hier würde alles ein Ende finden. Dieses mal endgültig.


24 h zuvor

Seufzend räumte ich das Geschirr in die Spülmaschine, welches vom Mittagessen stehen geblieben war. Vladislav hatte sich raus in die Sonne gelegt, und Samra telefonierte glaube ich in seinem Zimmer. Die ganze Zeit fragte ich mich, was nun auf mich zukommen würde. Sollte ich mich nicht freuen, dass es wieder so wie vorher werden sollte? Irgendwie überwiegte mein Misstrauen. Vielleicht war das aber auch gut so. Er wollte mir erzählen, dass er sich erinnerte. Aber sollte ich das glauben? Es gab so viele Dinge, die mich zweifeln ließen. Am schlausten wäre es, ihn zu testen. Ihn ein kleines bisschen zu provozieren. Dann würde ich ja sehen, wie hoch seine Toleranzgrenze war. Ob er das nur spielte und sich zusammenriss, oder ob er es ernst meinte.
Ich zuckte hoch, als es plötzlich an der Tür klopfte. Drei mal. Ich war starr vor Schreck. Die Jungs waren beide hier. Niemand von ihnen konnte vor der Tür stehen. Es klopfte wieder, drei Mal.
„Mach auf.", rief Samra plötzlich vom oberen Ende der Treppe aus, und warf mir seinen Schlüssel herunter. Ich bückte mich, um ihn aufzuheben. Stirnrunzelnd betrachtete ich ihn in meiner Hand, während ich mich wieder aufrichtete.
„Wer ist..." er war schon wieder in seinem Zimmer abgetaucht. Ich hatte ein ungutes Gefühl. Aber wenn Samra es absegnete, konnte es ja niemand gefährliches sein. Oder?
Mit Herzklopfen entriegelte ich die Haustür. Ich wich einen Schritt zurück, und mein Herz setzte für einen kurzen Moment aus.
„Was geeeht?", rief Granit freudestrahlend, riss seine Arme weit auseinander, und kam auf mich zu.
Ehe ich etwas erwidern konnte, hatte er mich schon an sich gezerrt. Er drückte mich fröhlich, schüttelte mich dabei leicht hin und her und rieb mir über den Rücken.
„Was machst du hier?", stieß ich erschrocken hervor. „Du musst wieder gehen, Granit." Ich wollte ihn direkt herausschieben, doch der drei Köpfe größere Albaner versperrte mir den Weg.
„Warum so panisch? Ich will dich mitnehmen, komm." Er winkte in Richtung Tür.
„Wieso? Wohin? Warum jetzt auf einmal, wir haben doch...warte." Ich trat einen Schritt von ihm zurück. „Hat Samra dich angeheuert?", fragte ich ihn entsetzt.
„Nein, ich will nur mit dir abhängen.", antwortete er schulterzuckend.
„Du lügst. Samra will, dass ich mit dir mitgehe, um von Vladislav wegzukommen, oder?"
„So ist es nicht."
„Doch, so ist es. Sonst hätte er mir gesagt, dass du kommst, oder du hättest dich bei mir gemeldet."
„Komm doch erst mal mit, lass uns im Auto reden." Er wollte mich an der Schulter nach draußen schieben, doch ich wich ihm aus.
„Nein, ich kann nicht. Das ist eine dumme Idee. Ich hab dich wirklich lieb und so, aber du musst wieder gehen. Wenn Vladislav das sieht, denkt er sofort, dass..."
„Josy.", unterbrach mich eine tief Stimme.
Seine Stimme. Verdammt, das konnte doch wirklich nicht wahr sein. Was verstand Samra an > Misch dich nicht ein < nicht?
„Komm mal kurz zu mir rüber, Baby.", forderte der Oberkörperfreie Ukrainer. Er sprach sanft, hatte aber diesen ernsten Unterton, der mich schlucken ließ.
„Ich warte kurz hier.", sagte Granit. Ich sah ihn mit einem flehenden Blick an, doch er zeigte keinerlei Reaktion. Okay, ihn würde ich wohl nicht loswerden. Mit langsamen Schritten lief ich zu Vladislav herüber, der mich mit schief liegendem Kopf betrachtete.
„Brauch dich kurz.", nuschelte er, nahm meine Hand, und führte mich zum Pool.
„Mach mal kurz, bitte." Er wies auf die Flasche mit Sonnencreme, die auf seiner Liege lag.
„Muss das jetzt sein?", fragte ich. Ich wusste, dass er mich nur von Granit wegziehen wollte. Aber ihn jetzt einfach im Flur stehen zu lassen, war auch scheiße.
„Ja.", beantwortete er meine Frage, und blickte wieder fordernd auf seine Liege.
„Na schön.", stimmte ich ein. Was blieb mir auch anderes übrig? Über seine Lippen huschte ein schnelles Grinsen, und er wandte mir den Rücken zu.
Ich portionierte mir etwas von der Creme in meine Handflächen, und legte sie dann auf seinen Rücken. Verdammt, dieser Rücken. Diese Perfektion. Der Wahnsinn.
„Was macht der Albo hier?", riss mich Vladislav aus meiner Schwärmerei heraus.
„Er will mit mir was unternehmen."
„Und was?", hakte er nach, während er seinen Rücken durchdrückte. Seit wann hatte er eigentlich so einen durchtrainierten Körper? Egal. Konzentrier dich, Josy. Lass dir was einfallen. Er durfte nicht noch misstrauischer werden.
„Weiß nicht, hat er nicht gesagt."
„Hm.", grummelte er. Ich überlegte kurz, und holte dann Luft.
„Ich will mitgehen.", entgegnete ich von hinten. Im nächsten Moment drehte er sich zu mir um. Er schaute an mir herunter, und sah dann auf seine Brust. Ich verstand sein Signal, und griff wieder nach der Sonnencreme. Er beobachtete jede kleine Bewegung von mir. Als ich begann die Creme Auf seiner Brust aufzutragen, hob er seinen Oberkörper an und zog Luft durch die Nase sein.
„Nein.", ertönte es streng von ihm. Ich sah zu ihm hoch. Seine rechte Augenbraue zuckte nach oben. Mir schien es so, als würde in diesem Moment ein kleiner Funke in seinen Augen aufblitzen.
„Er steht da und wartet. Es wäre unhöflich, ihn einfach stehen zu lassen."
„Wenn du hier fertig bist, kannst du ihn ja wieder rausschmeißen.",
„Das kann ich nicht. Das ist gemein.", widersetzte ich mich ihm stirnrunzelnd. Bei aller Liebe, so unhöflich würde ihm bestimmt nicht gegenübertreten. Ja ich weiß, eben wollte ich ihn auch wieder loswerden. Das war nicht korrekt von mir, gab ich zu. Noch einmal würde ich mich nicht so verhalten.
„Wir hatten einen Deal, Josy.", erinnerte er mich mit herber Stimme. Meine Atmung wurde schwerer. Ich wusste, dass er sich darauf berufen würde.
„Du hast aber auch gesagt, dass du willst, dass ich dir vertraue. Wie soll ich das machen, wenn du mir schonwieder drohst?"
„Ich drohe dir nicht. Ich erinnere dich nur an unsere Abmachung. Ich hab meinen Teil eingehalten. Jetzt bist du dran." Er nahm mir die Flasche mit Sonnencreme aus der Hand, und warf sie dann achtlos auf seine Liege.
„Wo liegt dein Problem, Capi? Lass sie doch.", hörte ich plötzlich Granit von etwas weiter weg rufen. „Oder willst du sie an dich ketten?" Trotz der ernsten Situation hörte ich den Sarkasmus aus seiner Stimme heraus. Im Gegensatz zu mir schien er das ganze locker zu sehen.
„Wenn's sein muss.", erwiderte Vladislav leise, und sah mich mit eindringlichem Blick an. Gänsehaut. Was jetzt in seinem Kopf vorging, wollte ich besser nicht wissen.
„Bitte, lass mich mitgehen. Heute Abend bin ich wieder da, versprochen." Ich nahm seine Hand, die er zu einer Faust geballt hatte. „Bitte."
Er machte eine Blitzschnelle Bewegung, und hatte sich dann mein Handgelenk geschnappt.
„Heute Abend. Dann will ich was mit dir
unternehmen.", knurrte er.
„Okay."
„Keine Tricks.", merkte er an, und drückte etwas zu fester zu um seine Warnung zu verdeutlichen.
„Ich weiß."

Mademoiselle ~ Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt