Part 93 ~ Hoffnungslos

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Josy

„Denkst du echt, du kommst damit durch?!", fauchte ich den Bartträger an. Khalil hatte sich grinsend vor mir positioniert, während einer seiner komischen Leute dabei war mich festzubinden. Keine Ahnung, in welche Absteige er mich nun wieder verschleppt hatte. Nachdem sie mich von Samra getrennt hatten, wurde ich mit verbundenen Augen in einem Auto hierher transportiert. Nun stand ich dem Teufel höchstpersönlich gegenüber – mit dem Rücken an einen Betonpfeiler gedrückt, hinter dem meine Hände mit engen, kalten Handschellen gefesselt waren. Das Seil, welches mehrfach um meinen Bauch und meine Knöchel gewickelt wurde und mich ebenfalls mit dem Pfeiler verband, nahm mir zusätzlich noch jede Art von Bewegungsfreiheit.
„Wenn du mich umbringen willst, warum machst du es nicht einfach?!", ging ich ihn frustriert an.
„Wer hat denn was von umbringen gesagt?", fragte er mit seinem psychopathischen Lächeln auf den Lippen, und betrachtete mich dabei amüsiert. „Ich hab ganz andere Pläne mit dir."
„Welche?"
„Eins nach dem anderen, Baby. Erst Theorie, dann Praxis."
Was zum Teufel sollte das nun wieder bedeuten?
„Erstmal will ich Informationen. Ich will, dass du mir alles über Capis Geschäfte erzählst."
„Geschäfte?"
„Mit wem er sich trifft, welche Läufer für ihn laufen, wo er seinen Stoff herholt. Alles, ich will alles wissen."
„Aber woher soll ich das wissen?" Verzweiflung machte sich in mir breit. Das waren alles Dinge, von denen ich keine Ahnung hatte. Aber selbst, wenn ich seine Fragen beantworten könnte, würde ich keine Informationen über Vladislav rausrücken.
„Ich weiß nichts von seinen Geschäften, er spricht mit mir nicht darüber. Bei sowas hält er mich raus."
Khalil betrachtete mich nachdenklich, und drehte mir dann den Rücken zu. Er lief ein paar Schritte von mir weg, drehte sich, und kam dann wieder zurück.
„Wieso willst du Vladislav unbedingt wegen dieser Sache bestrafen? Eigentlich warst du doch selbst schuld, dass alles so gekommen ist."
„Was weißt du schon?", spuckte er aggressiv, und bäumte sich vor mir auf.
„Du willst dich an Vladislav rächen, weil deine Freundin wegen ihm bei diesem Deal gestorben ist. Dass du sauer und verletzt bist kann ich verstehen. Aber Vladislav leiden zu lassen wird sie dir auch nicht wieder zurückbringen."
„Und wenn schon? Es geht nicht darum, dass ich sie mitgenommen habe, sondern dass Capi sich nicht unter Kontrolle hatte. Nur deswegen ist diese Scheiße passiert."
„Ach,und du bist besser?! Er war dein bester Freund. Und wegen dieser blöden Geschichte, wo er nur eine Teilschuld trägt, willst du sein Leben zerstören? Nicht wegen ihm allein ist deine Freundin draufgegangen, du hast das genauso verkackt!", platzte es aus mir heraus. Plötzlich stürmte der Libanese auf mich zu, umgriff mit seiner rechten Hand meinen Hals, und drückte meinen Kopf ruckartig nach hinten. Durch den Aufprall meines Schädels am Betonpfeiler wurde mir für einen Moment schwarz vor Augen. Um mich herum tanzten kleine, funkelnde Sternchen und mir wurde schlecht.
Ich versuchte den Schmerz wegzuatmen, und mich darauf zu konzentrieren nicht zu loszuheulen. Als ich die Augen wieder öffnete, befand sich Khalils wutverzogenes Gesicht nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Seine schwarzen, großen Augen blitzten bedrohlich auf, und seine Hand an meiner Kehle schnürte mir die Luft ab.
„Misch dich nicht in Dinge ein, von denen du keine Ahnung hast. Wenn du nicht aufpasst wie du mit mir redest, überlege ich mir nochmal, ob ich dich nicht vielleicht doch absteche. Wie sich das anfühlt, weißt du ja bereits."
„Würdest du mich umbringen wollen, hättest du es schon getan.", trotzte ich ihm entgegen. Keine Ahnung wo dieser Mut plötzlich herkam. Lag vielleicht daran, dass ich durch die halbe Gehirnerschütterung nicht ganz bei Sinnen war. Sein Griff verstärkte sich für einige Sekunden, und ich musste die Luft anhalten.
„Vergiss nicht, wen du vor dir hast, Habibi. Ich bin nicht Samra. Im Gegensatz zu ihm hab ich keine Hemmungen, dich bluten zu lassen."
Er löste seine Hand ruckartig von meiner Kehle, woraufhin ich wie wild zu Husten begann. Der erste Atemzug brannte wie Feuer, und meine verschwommene Sicht klarte ganz langsam wieder auf.
„Ich frag dich nochmal.", begann er mit ruhiger Stimme, und zog etwas aus seiner Hosentasche. Es war sein Klappmesser, welches er mit einer schnellen Fingerbewegung aufschnippen ließ. „Mit wem trifft sich Capi, wer sind seine Läufer, und wo holt er seinen Stoff her?"
„Ich hab doch schon gesagt, dass ich es nicht weiß.", brachte ich hechelnd hervor. Der Schlag gegen den Kopf und die kurzzeitige Kappung der Sauerstoffzufuhr hatten mir unheimlich viel Kraft geraubt, sodass ich mehr an diesen Betonpfeiler hing, als tatsächlich zu stehen.



Mademoiselle ~ Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt