Part 109 ~ Ich glaub, ich hass dich

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Mit verschränkten Armen und grimmigem Blick schaute ich aus dem Beifahrerfenster von Samras Auto. Die ganze Fahrt über hatten wir kein Wort miteinander gewechselt. Als wir zu Hause ankamen, brach der Libanese dann die Stille.
„Wie geht es deinem Rücken?", fragte er, nachdem wir ausgestiegen waren.
„Passt schon.", warf ich kurz angebunden zurück. Wie frustriert ich war konnte man meiner Stimme deutlich entnehmen.
„Ey.", stoppte mich Samra, indem er nach meinem Oberarm griff.
„Lass mich los.", zischte ich zickig, was den Rapper jedoch herzlich wenig beeindruckte.
„Wir müssen jemanden nachgucken lassen, Josy. Das ist nicht normal. Da ist irgendwas, was da nicht hingehört.", sprach er streng, mit ernstem Blick.
„Gar nichts müssen wir. Außerdem kann ich selbst über meinen Körper entscheiden, und ich will nicht, dass da jemand guckt.", wies ich ihn an.
„Josy.", stöhnte er entnervt, als ich versuchte meinen Arm von seiner Hand zu befreien.
„Nimm endlich deine Finger weg!", fuhr ich ihn, deutlich wutgeladener als vor zwei Sekunden an, woraufhin er mich losließ.
„Was ist dein Scheiß Problem?!", plusterte er sich auf.
„DU bist mein Problem! Weil du mich nicht zu ihm lässt!"
Der Libanese rollte mit einem in die Länge gezogenen, genervten Stöhnen die Augen, während er an mir vorbeizog. „Geht das jetzt schonwieder los?", nörgelte er, und begab sich dabei zur Haustür, um diese aufzuschließen.
„Ja! Du kannst ihn nicht einfach einsperren, das ist immer noch Vladislav!"
„Warum geht das nicht in deinen Schädel?", platzte es aus ihm heraus. Dann drehte er sich zu mir um.
„Das ist nicht Vladislav, sondern der Joker! Wie oft soll er dir noch in den Bauch boxen, damit du es endlich kapierst? Wie oft soll er dich noch ficken, Josy?!", brüllte er mich ungehalten an.
„Ich kann ihn zurückholen, ich weiß es!", stampfte ich auf.
„Ach, hör doch auf!", winkte er genervt ab, und schloss dann die Haustür auf.
„Nein! Du hast einfach keine Ahnung! Ich weiß, wie ich Vladislav zurückbekomme! Er hat es mir gesagt!"
Samra lachte verächtlich auf. „Er hat es dir gesagt, alles klar.", schnaufte er kopfschüttelnd.
„Ich habe mit ihm geredet, im Traum. Er hat mir gesagt, wie ich ihn retten kann."
„Bist du jetzt komplett geistig behindert geworden? Hörst du dir selber noch zu? Merkst du, wie irre das klingt?"
„Ah ja? Und dass du Vladislav eingesperrt hast, weil der Joker Besitz von ihm ergriffen hat, klingt total normal oder was?!"
„Genug jetzt, ich hab keine Nerven mehr dafür!", Schrie er mich an. „Geh in dein Zimmer, yallah!"
Die Wut kochte mehr und mehr in mir nach oben. Es war unmöglich, ruhig zu bleiben. Am liebsten hätte ich alles durch die Kante geschmissen, so sauer war ich.
„Du schickst mich auf mein Zimmer?!", kreischte ich schon fast, und tippte dabei mit dem Finger auf meine Stirn. „Ich glaub, jetzt geht's los! Was bildest du dir ein?!"
„Solange du bei mir bist, in meinem Haus wohnst und ich die Verantwortung für dich habe, machst du was ich dir sage!", feuerte er zurück.
„Bist du bescheuert?! Bist du mein Vater, oder was?! Ich bin weder ein kleines Kind, noch bin ich entmündigt!"
„Na dann sollten wir das vielleicht mal in die Wege leiten!"
„Dann brauchst du aber nicht mehr darauf warten, dass mich jemand umbringt, dann nehm ich mir selbst nen Strick!" Ich schrie ihn so laut an, dass meine Stimme am Ende versagte. Noch nie in meinem Leben ist ein Streit zwischen uns beiden derartig eskaliert.
„Hah!", lachte er lauthals auf. „Das will ich sehen! Du heulst ja schon rum, wenn dir jemand ein Pflaster abzieht!"
Die heiße Wut stieg weiter nach oben, bis in meinen Kopf. Dort sorgte sie dafür, dass sich Tränen in meinen Augen bildeten.
„Fick dich, ganz ehrlich! Du bist so ein Arschloch!", platzte es aus mir heraus.
„Ja, und?! Kennst du mich anders?!", brüllte er. „Und wenn du nicht willst, dass ich noch mehr zum Arschloch werde, dann verpisst du dich jetzt in dein scheiß Zimmer, machst die Tür zu, und gehst mir für den Rest des Tages nicht mehr auf den Sack!"
Autsch. Das war der Tropfen, der das Tränenfass zum Überlaufen brachte.
„Hättest du mich doch einfach abgestochen, als du unter Drogen standest! Das wäre für uns beide am besten gewesen!" Schrie ich, völlig außer mir. Ich wollte schon an ihm vorbeiziehen, da legte ich noch einen drauf. „Weißt du, beim Joker im Käfig elendig zu verrecken wäre mir tausendmal lieber gewesen, als hier mit dir zu sein! Lieber würde ich mir den ganzen Tag in den Bauch schlagen lassen, als von dir wie ein dummes Kind behandelt zu werden! Ich hab's so satt, ehrlich!", knallte ich ihm an den Kopf.
Dieser Zorn war so überwältigend, dass ich keine Kontrolle mehr über die Worte hatte, die meinen Mund verließen. Mit einem Gemisch aus Wut, Verzweiflung, Frustration Tränen stürmte ich am schwarzhaarigen Riese vorbei. Oben angekommen knallte ich meine Tür so laut zu, dass der Boden unter mir vibrierte.

Mademoiselle ~ Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt