Part 33 ~ Captured

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Mein Hinterkopf schlug gegen die Wand, und ich stöhnte auf vor Schmerz.
"Nicht so fest, Habibi. Lass ihr noch Luft zum atmen.", sagte Khalil, während er sich eine Kippe aus der Bauchtasche holte. Der Glatzkopf, der seine Hand um meine Kehle gelegt hatte und mich gegen die Mauer drückte sah mich mit strengem Blick an, und verringerte seine Kraft dann ein kleines bisschen.
"Was machen wir jetzt mit dir?", überlegte Khalil, und klemmte sich entspannt die Zigarette zwischen die Lippen. Nachdem klar war dass ich nicht aus der Bar herauskommen würde, taten alle so als würden sie mich kennen. Einfach damit niemand bemerkte, dass etwas nicht stimmte.

"Spiel mit. Wenn du Szene machst, bist du direkt weg.", flüsterte mir Khalil zu, nachdem er freundschaftlich seinen Arm um meine Schultern gelegt hatte. Mir blieb nichts anderes übrig, als mit ihm durch den Eingang nach draußen zu gehen. Ich hoffte insgeheim, dass einer der Jungs kommen würde. Immerhin war ich schon viel zu lange weg. Aber es kam niemand. Es standen nicht einmal irgendwelche fremden Leute vor der Bar, denen ich hätte Augenzeichen geben können. Ich war am Arsch. Zusammen mit seinen Freunden ging er mit mir hinter dir Bar, wo Vladislav damals bei der Schlägerei kassiert hatte.

"Ich wüsste was.", kommentierte der haarlose Mann vor mir. Erst wusste ich nicht was er meinte, bis ich ein kurzes klacken hörte. Er hatte ein schwarzes Klappmesser aufschnippen lassen, und sah mich mit einem beängstigenden Grinsen auf den Lippen an. Ich griff nach seinem Unteram und versuchte, seine Hand von meinem Hals weg zu ziehen. Als Reaktion darauf drückte er wieder ein bisschen fester zu. Durch den weiterhin anhaltenden Kopfschmerz und der begrenzten Möglichkeit zu atmen, war es schwer sich auf das was vor mir geschah zu konzentrieren. Ich sah auf das Messer in seiner Hand, und mir wurde heiß - obwohl es eiskalt draußen war.
"Bruder, nein. Wir brauchen sie lebend, du weißt.", sagte Khalil, zog an seiner Zigartte, und musterte mich von oben bis unten.
"Süß, deine Jacke. Aber safe nicht deine.", kommentierte er. Für einen Moment hatte ich echt Angst, sie würde mir die Jacke abnehmen. Aber zum Glück taten sie es nicht.
"Lässt Capi dich so rumlaufen? Und dann auch noch alleine?", fragte er, und scannte mich mit seinen Augen ab. Der Glatzkopf zog meine Jacke grob ein Stückchen auseinander, und gaffte mit einem ekelhaften Grinsen in meinen Ausschnitt. Wiederlich. Ich konzentrierte mich weiterhin auf die riesige Hand an meiner Kehle, und versuchte ruhig zu atmen, um nicht in Panik zu geraten.
"Er hat dich was gefragt!", schnauzte mich der Kerl vor mir an, und hielt die Spitze seines Klappmessers unter mein Kinn.
"Scheint so.", presste ich hechelnd hervor. Khalil schmunzelte, und schnaufte leise.
"Miri, was machen wir mit Leuten die denken, sie können frech mit uns reden?", fragte er seinen Kumpel. Miriton hieß der, genau. Jetzt fiel es mir wieder ein. Miri grinste, und ließ die Spitze des Messers über meine Haut wandern. Er zog es mit sanftem Druck nach unten. Es war nicht so doll dass es meine Haut aufriss, aber es tat trotzdem weh. Mit rasendem Herzen biss ich die Zähne zusammen, und versuchte still zu halten. Je mehr ich mich bewegte, desto enger wurde der Griff um meine Kehle. Er zog das Messer immer weiter und weiter nach unten, und dann wieder hoch. Bei meiner Schulter angekommen stoppte er kurz, schob die Jacke weiter weg, und zog den Träger meines Kleides weiter nach unten. Durch seine grobe Art konnte ich ein kurzes Aufzucken nicht unterdrücken.
"Reicht.", wandte Khalil ein. Unbemerkt atmete ich erleichtert auf, während Miri mich böse funkelnd ansah. Der schwarz gekleidete Araber nahm einen letzten Zug von seiner Kippe, bevor er sie auf den Boden schmiss. Gerade als er zum Sprechen ansetzen wollte, stoppte er abrupt. Er warf Miri einen merkwürdigen Blick zu, während er die Ohren aufsperrte und lauschte.
"Hier schleicht einer rum.", sagte er in einem etwas leiseren Ton.
"Beto, du passt auf die Kleine auf. Wir checken kurz." Der Kerl vor mir löste die Hand von meinem Hals, packte mich an den Schultern, und schubste mich in Beto's Richtung, sodass er mich direkt packen und festhalten konnte. Ich stand mit dem Rücken zu ihm, und sah dabei zu, wie Khalil und der andere Typ um die Ecke bogen.
Für einige Sekunden war Stille. So eine unangenehme Stille. Eine richtig, richtig unangenehme Stille. Keine Ahnung, was ich sagen oder machen sollte. Aber ich musste irgendetwas tun, wenn ich zurück zu den Jungs wollte. Die Frage war nur, wie. Einfach losreißen? Das wird doch niemals was. Beto benötigte keinen großen Kraftaufwand um mich fest zu halten. Obwohl er im Vergleich zu dem Glatzkopf relativ leicht zugriff, war ich mir sicher dass ich trotzdem keine Chance gegen ihn hätte. Aber das würde ich niemals herausfinden, wenn ich es nicht versuchte.
"Du hast mit der ganzen Sache nicht wirklich was zu tun, oder?", fragte er, als ich mich gedanklich bereits auf's losreißen vorbereitet hatte. Mit seiner Frage brachte er mich voll aus der Fassung.
"Ähm...naja...nicht direkt.", stotterte ich. Plötzlich ließ er mich los. Verwundert drehte ich mich zu dem größeren um.
"Wieso?", fragte ich überrascht.
"Geh. Ich lass mir was einfallen.", flüsterte er.
"Aber wa..."
"Lauf jetzt, bevor er wieder kommt.", unterbrach er mich. Ich ging zaghaft ein paar Schritte zurück, während ich ihn weiterhin ansah. Was er da gerade getan hatte, konnte ich einfach nicht glauben.
Kürz zögerte ich noch, und dann rannte ich los. Khalil hatte mich etwas weiter weg geschleppt, sodass ich kurz Orientierung finden musste. Einfach geradeaus und dann links. Oder? Egal, hauptsache weg. Hastig bog ich um die Ecke, rannte ein paar Meter und bog dann nach rechts ein. Ich drehte mich um, damit ich ausschließen konnte dass jemand hinter mir war. Als ich wieder nach vorne sah, spürte ich wie mich jemand packte. Panisch versuchte ich zu schreien, doch die Person presste mir die Hand auf den Mund und zerrte mich außerhalb des Lichtkegels der Laterne.
"Ruhig, ich bin's. Alles gut.", Hörte ich jemanden hinter mir flüstern. Granit?!
Ich beendete meine Kreischversuche, und er nahm die Hand von meinem Mund weg.
"Ich hab Geräusch gemacht, damit sie abgelenkt sind. Lass abauen, ehe die merken dass du weg bist.", sagte er, nahm meine Hand und zog mich eilig mit sich mit.
"Sind Capi und Samra im Auto?"
"Ja, ich wollte nur Vladislavs Handy holen. Aber warte!" Ich bremste ihn aus, und er drehte sich zu mir um.
"Ich bring dich zum Auto, komm."
"Nein! Also ja...aber ich will nicht, dass sie wissen was eben war. Bitte, versprich mir dass du ihnen nichts davon sagst."
"Warum?", fragte er verwirrt.
"Weil sie das nicht wissen müssen. Vladislav würde sich nur wieder Vorwürfe machen. Sag einfach nichts, okay?" Er sah mich einen Moment lang an, bevor er zu einer Antwort ansetzte.
"Dann lass ich dich paar Meter vom Auto entfernt los, damit sie mich nicht sehen. Aber ich warte, bis du drin' sitzt."
"Ist Okay.", stimmte ich dem Albaner zu, und wir liefen wieder weiter. Wie abgesprochen hielten wir mit ausreichendem Abstand zu Samras Auto an.
"Ist alles gut soweit?", fragte Granit, und musterte mich prüfend.
"Nur bisschen Kopfschmerzen."
"Hat er was gemacht?"
"Nein."
"Was hat er gesagt?"
"Keine Ahnung, nur unrelevantes Zeug.", antwortete ich.
"Okay. Dann pass auf dich auf, ja?" Ich nickte ihm stumm zu, nuschelte ein kurzes "Danke", und ließ mich zum Abschied von ihm in eine kurze Umarmung ziehen.
"Wir sehen uns.", fügte er noch hinzu, bevor ich zum Auto lief.
Erst jetzt bemerkte ich, dass der Träger meines Kleides immernoch heruntergezogen war. Schnell zog ich ihn wieder hoch und kuschelte mich in Vladislav's Jacke.
Als ich mich in den Lamborghini setzte, atmete ich erleichtert auf. Jetzt war ich endlich sicher. Nachdem ich den Wagen gestartet hatte und das Licht anging, sah ich die Jungs. Sie waren einfach beide eingepennt. Kein Wunder, dass sie nicht bemerkt hatten wie lange ich weg war. Erst als ich die Tür zu zog, regte sich einer der beiden.
"Sind wir zu Hause?", nuschelte Samra, der sich die Kaputze seines Pullovers bis ins Gesicht gezogen hatte und sich umsah.
"Nein.", antwortete ich ihm.
"Man, ich will nach Hause. Fahr nach Hause, yallah.", nörgelte er. Ist ja nicht so dass ich gerade fast drauf gegangen wäre, du Arsch. Aber penn ruhig weiter.
"Baby, hast du mein Handy?", meldete sich Vladislav von hinten zu Wort.
"Ja, hier." Ich reichte es ihm nach hinten, und er nuschelte irgendetwas unverständliches als Dankeschön.
"Fahr jetzt.", meckerte Samra ungeduldig, und lehnte seinen Kopf gegen das Fenster. Wie gerne ich ihn einfach hier gelassen hätte. Aber das ging leider nicht. Mit einem immernoch dröhnenden Kopf drückte ich aufs Gas, und hoffte dass der schlecht gelaunte Libanese einfach die Klappe hielt bis wir zu Hause waren. Da hat man eh schon einen beschissenen Tag, und wird dann noch so angepafft. Ach, was wunderte ich mich eigentlich? War doch normal. Anstatt weiter über das eben geschehene nachzudenken und mich über Samra zu ärgern, dachte ich an Granit's Worte. Irgendwie musste ich mir überlegen, wie ich zu Kareem kommen konnte. Aber ohne das Einverständnis von Vladislav würde das nichts werden. Entweder schlich ich mich also dort hin, oder ich musste es ihm sagen. Egal wie, ich würde mit Kareem reden. Wenn Vladislav nicht einverstanden war, musste ich das eben heimlich machen.

Mademoiselle ~ Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt