Part 26 ~ Schwarzer Rauch

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Vladislav hatte seine Ohren aufgesperrt und versuchte zu deuten, aus welcher Richtung die Explosionen kamen.
"Was ist hier los?", fragte Samra, der zusammen mit Milo angelaufen kam. Beide Jungs sahen uns an. Naja, eigentlich starrten sie nur mich an.
"Hose, Baby.", nuschelte Vladislav, und zog meine Jeans wieder hoch.
"Ach du Scheiße!", sagte ich fluchend, und knöpfte sie hastig zu.
"Lass nachgucken.", kam es von dem Ukrainer, der sich von mir abwandte und direkt losmarschierte. Mit hochrotem Kopf sah ich zu Samra, der immernoch wie angewurzelt dastand und mich angeierte.
"Komm schon, großer." Milo boxte ihm gegen den Oberarm, und folgte dann mit eiligen Schritten Vladislav, der schon um die Ecke verschwunden war. Auch ich setzte mich in Bewegung, damit ich den Anschluss nicht verlor. Im Augenwinkel sah ich, wie Samra mit dem Kopf schüttelte und dann ebenfalls hinterherkam.
"Stop.", hielt uns Vladislav zurück, der mit dem Rücken zu uns an einer Ecke stand und etwas beobachtete.
"Was ist da?", fragte ich aufgeregt und wollte an ihm vorbeigucken, doch er streckte seinen Arm nach hinten aus und hielt mich somit davon ab.
"Lass ihn mal machen, Mädchen.", warf Milo mir zu, und zerrte mich am Arm zurück.
"Fass mich nicht an.", beschwerte ich mich, und befreite mich von ihm.
"Fresse!", zischte Vladislav, der immernoch vor uns stand und als einzigster von uns sah, was da vorne abging.
"Tamam, ich denke ist vorbei.", sagte er nun wieder in mormalem Tonfall und ging wieder vorneweg. Ich zog an Milo vorbei, sodass ich direkt hinter Vladislav lief. Um uns herum qualmte es, und wir standen in einer wiederlichen Wolke aus dem Gestank von verbranntem Gummi.
"Jebem ti majku.", nuschelte Vladislav, der vor mir lief und sich umsah.
"Was heißt das?", fragte ich ihn, während auch ich die Gegend inspizierte.
"Ey!", brüllte er plötzlich, als er jemanden in der Ferne erspähte. Ich zuckte durch seinen plötzlichen Aufschrei kurz zusammen, und sah weiter hinten jemanden abhauen.
"Ey du kleiner Hurensohn, beweg deinen Arsch hier her!", schrie er durch die komplette Straße, und rannte los.
"Wie behindert muss man sein?", fragte Samra, der sich die ganzen qualmenden Autos am Straßenrand ansah. Irgendein Vollidiot hatte hier mehrere Wagen hoch gejagt. Aus ihnen stiegen fette, graue Rauchwolken nach oben. Das, was vorher mal ein Auto war, konnte man nun nur noch als Schrott abhandeln.
"Guck, das weiße Auto. Komplett verbrannt.", sagte ich zu Samra, der neben mir stand und schweigend die verkohlten Fahrzeuge betrachtete.
"Und?", entgegnete er wenig interessiert.
"So sieht deine Lunge auch aus, wenn du weiter so viel rauchst." Im Augenwinkel hatte ich gesehen, wie er vorher bereits eine Kippe aus seiner Bauchtasche geholt hatte. Er sah zum Auto, und dann auf die Zigarette in seiner Hand. Für einen kurzen Moment überlegte er.
"Du denkst auch du bist witzig, oder?", meckerte er, und zündete das kleiner weiße Stängelchen in seiner Hand an.
"Gelengentlich.", grinste ich. Vladislav war weiterhin verschwunden. Aus der Ferne hörten wir zwar Gebrüll, doch wir blieben an der selben Stelle stehen, wie eben auch schon. Irgendwann kam der Ukrainer dann zurück. Im Schlepptau hatte er Khai, dessen Nacken er mit seiner Hand so fest umgriffen hatte, dass der arme halb gebückt laufen musste. Wie ich seinen Schmerz einfach fühlen konnte in diesem Moment. Milo hatte das bei mir schließlich auch gemacht. Aber bei Vladislav sah es tausend mal schmerzvoller aus. Die beiden kamen auf uns, und blieben dann ca einen Meter vor uns stehen.
"Ihr solltet jetzt lieber abhauen.", sagte er, während Khai qualvoll das Gesicht verzog.
"Das kannst du nicht machen.", sagte ich erschrocken. Er hatte wieder diesen Blick. Diesen eiskalten, skrupellosen Blick von vorhind. In meinem Kopf spielten sich einfach gerade die schlimmsten Szenarien ab. Keine Ahnung was Vladislav mit Khai anstellen wollte, aber es konnte einfach nichts gutes sein.
"Was nicht machen?! Ich lass den kleinen Hurensohn garantiert nicht laufen!", gab er wütend von sich.
"Aber Gewalt ist auch keine Lösung." Er sah mich zuerst verwirrt an. Doch lockerte sich seine Mimik auf, und er grinste.
"Du denkst, ich will ihm wehtun?", fragte er mit einem merkwürdigen Schmunzeln. Als Antwort zuckte ich nur mit den Schultern. Was hatte er denn sonst vor?
"Oh, glaub mir, ich werde ihm wehtun. Aber jetzt noch nicht. Erst kümmert sich jemand anderes um den kleinen Pic." Genau eine Sekunde nachdem er seinen Satz beendet hatte, ertönte die Polizeisirene. Alle außer Vladislav horchen auf, und sahen sich um. Es war, als wüsste er exakt wann die Sirene losgehen würde. Irgendwie beängstigend.
"Haut ab. Ich mach das.", sagte er, und wies mit seinem Kopf in die Richtung der Gasse, aus der wir gekommen waren. Während er mir mit diesem merkwürdigen Blick in die Augen sag, merkte ich wie jemand meinen Arm berührte. Aus irgendeinem Grund hielten wir ziemlich lange Blickkontakt. Ich konnte das einfach nicht beschreiben. Er schaute jetzt nicht so, als wäre er wütend auf mich. Aber sein Blick war finster. Es war, als würde er mir etwas mit seiner Mimik sagen wollen. Doch ich hatte keine Ahnung was. Obwohl mir sein Auftreten irgendwie Angst machte, weckte es ein merkwürdiges Gefühl in mir. Dass es ein schlechtes Gefühl war, konnte ich nicht sagen. Es war mehr so ein Mischmasch. Einerseits beunruhigte mich dieser Blick, aber andererseits...oh mein Gott. Andererseits war er einfach nur abnormal sexy.
"Man, komm jetzt.", holte mich Samra aus meiner Trance. Er wollte mich am Arm von hier wegziehen, aber ich riss mich los.
"Nein."
"Wie, nein?", fragte er überrascht.
"Geht ihr, ich bleibe hier."
"Lan du kommst mit! Beweg dich, mach schon.", entgegnete Samra genervt. Erneute wollte er nach mir schnappen, doch ich ging einen Schritt nach hinten.
"Ich schwöre bei Gott, entweder du kommst jetzt oder ich schleif dich hier weg. Capi, sag was!", wandte er sich an den Ukrainer. Ich drehte mich zu ihm um. Immernoch hatte er den gleichen Blick drauf wie eben. Wie schon zuvor sah er mir in die Augen, ohne ein Wort zu verlieren. Wir sahen uns an, während die Sirenen immer näher kamen.
"Geh. Ich mach das hier.", kam es in ruhigem Ton vom ihm. Seine Stimme war nicht so, wie man es erwartet hätte. Seinem Blick zufolge könnte man denken, dass er nur darauf wartete mit Khai alleine zu sein, um ihm was weiß ich für Dinge anzutun.
"Ich bleibe bei dir.", wiedersetzte ich mich ihm. Khai stöhnte kurz auf. Scheinbar verstärkte Vladislav seinen Griff um den Nacken des Jungen, was es für ihn deutlich schmerzhafter machte. Samra sah den Ukrainer an, und bekam ein kleines, kaum auffälliges Nicken von ihm. Er drehte sich um und rannte dann zu Milo, der hinter der Ecke bereits auf ihn wartete. Nachdem Samra weg war, sah ich wieder zu meinem Freund. Immernoch der gleiche Blick wie eben. Mein Herz überschlug sich fast. Ich hatte mich gerade wirklich gegen beide gestellt, um meinen Willen durchzusetzen. Keine Ahnung ob ich das später noch bereuen würde. Im Moment war ich einfach mega stolz auf mich selbst. Weiterhin sahen Vladislav und ich uns an. Erst als die Polizeiwagen eintrafen, drehte er seinen Kopf nach links.

Mademoiselle ~ Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt