Part 71 ~ Alles kaputt

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„Bleib weg von mir!" Ich quälte mich selbst, indem ich weiter nach hinten lief. Eigentlich war mein Körper viel zu schwach dafür. Aber ich kämpfte mich durch, um Abstand zu ihm zu gewinnen. Immer noch tat mir alles weh, und mich auf den Beinen zu halten war schwer. Mehr als nur Schwer - denn ich war kurz davor, zusammen zu brechen. Dazu kamen wieder diese dröhnenden Kopfschmerzen, und das unangenehme Ziehen in der Stichwunde an meinem Bauch. Die Wirkung der Schmerztabletten hatte nachgelassen. Ich hatte erst vor zwanzig Minuten eine neue genommen, und kämpfte seitdem mit den Schmerzen. Der Nachteil bei Ibuprofen war eben auch, dass sie enorm auf den Kreislauf schlugen. Ich hätte gar nicht erst aufstehen sollen. Zumindest nicht alleine. Aber ich musste. Wenigstens ein oder zwei Schritte, hatte ich mir vorgenommen. Am Ende waren es mehr, da ich immer weiter zurückwich. Samra war die ganze Nacht bei mir. Er wollte sich nur einen Kaffee holen, und dann wiederkommen. Genau in dem Moment, als er zwei Minuten weg war, kam er.
„Du musst mir zuhören, bitte!", flehte er, und streckte die Hände nach mir aus.
„Nein, geh! Geh einfach weg!", schrie ich ihn unter Tränen an. Es war schon fast ein Kreischen, welches da aus meiner Kehle herauskam.
„Baby.", sprach er sanft, doch ich drehte mein Gesicht weg. Ich konnte ihn nicht einmal ansehen.
„Verschwinde!", widerholte ich mich, und zeigte mit zittrigem Finger auf die Tür. Meine Augen waren geschlossen. Ich hatte sie zusammengekniffen, als ich am Fenster angekommen war und nicht weiter ausweichen konnte. Erst als ich hörte wie sich die Tür schloss, sah ich wieder hin. Er war weg. Ich konnte wieder atmen. Mein Herz zog sich krampfhaft zusammen, und ich begann zu schluchzen. Es tat so weh. Ihn zu sehen...mich daran zu erinnern, was er getan hatte. Was er mir angetan hatte. Diesen Schmerz konnte man einfach nicht beschreiben.
Nachdem ich mich wieder ein wenig heruntergefahren hatte, sah ich mich im Zimmer um. Auf meinem Bett entdeckte ich etwas. Ein Kuscheltier. Ein Teddybär. Aber kein gewöhnlicher Teddy, nein. Er hatte meine Lieblingsfarbe.

Langsam bewegte ich mich auf das Bett zu

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Langsam bewegte ich mich auf das Bett zu. Dann nahm ich den türkisen Teddy hoch, und sah ihn mir genau an. Er war unglaublich weich. Und er roch...er roch nach ihm. Verdammt. Dieser blöde Teddy war einfach perfekt. 
Als die Tür wieder aufging, ließ ich das Kuscheltier schnell fallen. Vorsichtshalber ging ich wieder ein paar wackelige Schritte zurück.
„Ich hab doch gesagt, du sollst nicht alleine aufstehen!", nörgelte Samra mit seinem Kaffeebecher in der Hand.
„Er war hier.", brachte ich leise hervor. Der Libanese horchte auf.
„Capi?", fragte er verwundert, und ich nickte bestätigend.
„Und?", wollte er wissen. Er nippte an seinem Kaffee, und sah dann den blauen Teddy auf dem Krankenhausbett. Gleich danach ging sein neugieriger Blick zu mir.
„Ich hab ihn rausgeschmissen." Samra schaute nach unten, und nickte dann ein paar mal leicht. Mehr sagte er nicht dazu. Irgendwie war ich ihm dankbar, dass er nicht weiter nachfragte. Meine Gedanken waren noch immer nicht ganz so geordnet wie sonst. Das lag einfach an meiner schlechten körperlichen Verfassung. Wie es weitergehen sollte, wusste ich nicht. Und wirklich darüber nachdenken konnte ich auch nicht. Es bereitete mir nur noch mehr Kopfschmerzen.
„Was hast du?", fragte Samra. Das Ziehen meiner Stichwunde wurde plötzlich schlimmer. So schlimm, dass ich mich vor Schmerzen krümmte. Wäre Samra nicht sofort zu mir gesprungen, würde ich jetzt wahrscheinlich auf dem Boden liegen.
„Es tut weh.", krächzte ich unter Tränen. Ich wusste nicht, wie ich mich bewegen sollte. Ich wusste nicht einmal, wie ich atmen sollte. Der Schmerz war niederschmetternd. Es fühlte sich wie ein Krampf an. Langsam ließ das Ziehen wieder nach, und ich konnte mich ohne Hilfe auf den Beinen halten. Ganz verschwunden war der Schmerz allerdings noch nicht.
„Wir müssen hier weg.", kam es von Samra, der schon die ganze Zeit irgendetwas durch das Fenster beobachtete. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen.
„Seine Leute.", alarmierte Vladislav. „Am Haupteingang, Seiteneingang und am Hinterausgang. Nehmt hinteren Fahrstuhl und drückt auf E. Da ist so ein Hof wo Container sind, da ist frei. Aber macht schnell!" Und schon war er wieder verschwunden.
„Wessen Leute? Khalils?", fragte ich keuchend. 
„Nicht quatschen, bewegen.", antwortete er herb. Hastig packte er all meine Sachen in eine Reisetasche, und zog den Reißverschluss zu. Und wieder ging die Tür auf.
„Was haben Sie vor?", fragte der Arzt, und sah uns beide an. Hinter ihm betraten zwei weitere Männer im Kittel und eine Schwester das Zimmer.
„Wir müssen los. Notfall.", antwortete Samra mit halben Interesse, und kniete sich vor mich. Er hob meinen Fuß an, um mir meine Schuhe anziehen zu können. Ich musste mich an seiner Schulter festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
„Das ist leichtsinnig. Wir sollten die Werte abwarten. Wenn ihr Hämoglobin immer noch so niedrig ist wie gestern, müssen wir nochmal Blut geben!", warnte uns der Arzt.
„Dann kommen wir wieder.", sagte Samra, richtete sich wieder auf, und stellte sich neben mich. „Nein, so funktioniert das nicht. Sie können nicht kommen und gehen, wie Sie wollen. Entweder sie bleibt hier und wird behandelt, oder sie entlässt sich selbst auf eigene Verantwortung."
Samra schenkte dem Arzt einen ernsten Blick. Dann sah der Mann in weiß zu mir. Ich wusste gerade gar nicht, was ich sagen oder machen sollte. Die Situation überforderte mich komplett. Erst als Samra seine Hand auf meinen Rücken legte und mich leicht anstupste, bekam ich einen Ton heraus.
„Auf eigene Verantwortung.", krächzte ich.
„Dann gehen Sie bitte zu einer der Schwestern, und lassen sie ein Dokument geben, welches Sie dann unterschreiben."
„Dafür haben wir keine Zeit.", sagte Samra, und schob mich an, damit ich mit ihm mitlief.
„Ohne Unterschrift kann ich Sie nicht gehen lassen!", mahnte der Arzt. Dann war Stille. Die Luft war so gespannt, dass ich mich kaum traute zu atmen. Beide sahen sich todernst an. Die Situation war mehr als unangenehm.
„Tamam. Dann geben Sie uns das Drecks Formular, damit wir abhauen können."
„Ich kümmre mich.", ergriff die Schwester das Wort. Sie machte eine Handbewegung, damit wir ihr folgten. Mühsam schleppte ich mich mit Samra mit. Je mehr Schritte ich machte, desto komischer fühlte ich mich. Ich hatte das Gefühl, dass mich meine Beine einfach tragen würden, ohne dass ich was tat. Es fühlte sich fast schon wie Schweben an. Auf einmal standen wir vor dem Schwesterzimmer.
„Eigentlich sollte ich bei der Visite mitlaufen.", hörte ich die Schwester seufzen. „Aber für Sie mache ich eine Ausnahme." Ich sah, wie sie Samra anlächelte. Sie hatte blonde, lockige Haare und war locker über 40. Sie war mir sympathisch. Sie war nicht so abgestumpft wie einige andere hier.
„Sie sind ein Engel.", brummte Samra dankbar. Sein Arm war um meine Hüfte gelegt, um mir Halt zu geben. Mit dem anderen hielt er die Tasche. In seiner Hand, wo auch die Tasche war, entdeckte ich den blauen Teddy, den mir Vladislav hinterlassen hatte. Keine Ahnung warum, aber ich wollte ihn nehmen. Also griff ich nach dem flauschigen Bein des Kuscheltiers, und angelte ihn zu mir. Im Augenwinkel sah ich, wie Samra kurz zu mir herunterschaute. Dann konzentrierte er sich wieder auf die Schwester, die das Formular für uns ausdruckte.
„Josy." Seine Stimme war so rau, dass ich mich leicht erschrak. Vor ihm lag das Blatt, auf dem ich unterschreiben musste. Die Schwester schenkte mir ein warmen Lächeln, und reichte mir ihren Kugelschreiber.
„Danke.", murmelte ich. Ich war so müde. Am liebsten wäre ich im Stehen eingeschlafen. Die Augen offen zu halten, war ein Kampf für mich. Ich klierte meine Unterschrift irgendwo auf das Blatt. Wird schon die richtige Stelle sein, dachte ich mir. 
„Ich schicke ihnen den Entlassungsbrief per Post. Wenn es ihr schlechter geht, wenden Sie sich bitte an den Hausarzt." Die Schwester lächelte Samra freundlich an. Dass sie ihn mehr als nur nett fand, entging nicht einmal mir. Und ich war in dem Moment nur körperlich Anwesend.
„Sie haben ein süßes Lächeln.", hörte ich ihn sagen.
„Sie aber auch.", antwortete sie kichernd. Ich musste die Augen schließen. In meinem Kopf drehte sich alles. Um nicht aus dem Gleichgewicht zu kommen, hielt ich mich an Samra fest. Beziehungsweise an seinem Shirt.
„Also, Danke und so. Wir müssen jetzt los." Sein Griff an meiner Hüfte wurde etwas stärker, und schon liefen wir wieder. Es fiel mir unglaublich schwer, mit ihm mitzulaufen. Du fällst jetzt nicht um, dachte ich mir.
Die plötzliche Kälte an meinem halbnackten Rücken holte mich ins Hier und Jetzt zurück.
„Sind die Schmerzen besser?", fragte Samra, welcher mir gegenüberstand. Wir beide lehnten mit dem Rücken an der kühlen, metallischen Innenwand des Aufzuges. Ich hatte gar nicht richtig mitbekommen, wie wir hier eingestiegen waren. Alles zog einfach so an mir vorbei.
„Ja." Tatsächlich war der Schmerz dann so schnell weg, wie er gekommen war. Die Kreislaufprobleme waren nun mein Hauptproblem.
„Mir ist nur schwindelig. Ich kann nicht mehr lange stehen...", sagte ich so leise, dass es eigentlich nur ein flüstern war.
„Hast es gleich geschafft. Müssen nur zum Auto kommen, dann kannst du dich ausruhen." Ich nickte schwach. Die silberne Schiebetür öffnete sich, und ein warmer Luftzug umgab meinen Körper. Die Sonne blendete meine gereizten Augen, sodass ich sie zusammenkneifen musste. Samra stütze mich wieder, während wir über das Gelände liefen.
„Was hat da so lange gedauert?", hörte ich Vladislavs Stimme. Ich schaute nach oben, und sah ihn an seinem Auto lehnen.
„Mussten so ein scheiß Dings unterschreiben, wegen eigener Entlassung. Egal, lass nach Hause." Mein Blick traf den von Vladislav. Er schaute auf den Teddybär in meiner Hand. Auch ich sah zu dem türkisen Kuscheltier herunter. Das war unangenehm. Mehr als unangenehm. In diesem Augenblick wäre ich wirklich gerne woanders gewesen.
Samra unterbrach die peinliche Stille, und schob mich in Richtung Auto.
„Nein!", stoppte ich ihn, als ich kapierte was er vorhatte. Der Libanese sah mich verwundert an.
„Ich steige in kein Auto mit ihm! Nicht nochmal."
„Wir müssen hier weg, Josy.", sagte Samra in erstem Ton. Doch ich schüttelte stur mit dem Kopf.
„Lieber geh ich drauf." Im Augenwinkel sah ich, wie Vladislav gekränkt das Gesicht verzog. Die Jungs warfen sich bedeutungsvolle Blicke zu.
„Wir nehmen Taxi.", sagte Samra, und warf dem Ukrainer meine Tasche zu. Ich schluckte schwer, und sah weg. Momentan konnte ich ihn einfach nicht ansehen. Er ertönte das Knallen der Autotür, gefolgt vom aufheulenden Motor. Dann stand ich mit Samra alleine am Straßenrand. In meiner Hand befand sich noch immer der blaue Teddy. Ich drückte sein Beinchen, und sah dann zu Samra. Dieser schaute sich um.
„Komm, lass mal verstecken irgendwo. Die dürfen uns nicht sehen." Damit stützte er mich wieder, und wir bogen in eine Straße ein. Er hob mich hoch, sodass ich auf einer Steinmauer zum Sitzen kam. Dann nahm er sein Handy, und rief uns ein Taxi.
„Bist du nicht hergefahren?", fragte ich ihn müde. Er steckte sein Handy zurück in seine Tasche, und zündete sich eine Zigarette an.
„Doch, klar. Aber wenn wir zu meinem Auto laufen, sehen die Pisser uns ja. Ich hol das später ab, oder lass es von Samed holen."
„Wer?", fragte ich. Dieser Name kam mir irgendwie bekannt vor. Hatte er ihn schonmal erwähnt?
„Samed. Bester Freund." Ja...nein. Keine Ahnung. Ich war wahrscheinlich zu verballert, um diesen Name gerade irgendwo zuordnen zu können. Samra zog an seiner Kippe, und sah in den Himmel.
„Wieso redest du überhaupt mit ihm? Nach allem, was war?", Samra pustete den Rauch in die Luft, und schaute im Augenwinkel kurz zu mir herüber.
„Weil er wieder normal ist.", antwortete er. Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken. „Du warst ne ganze Weile Bewusstlos, Josy. Wir hatten viel Zeit zum Reden und so. Der komische Haken, weißt du noch? Er hat das Teil auf den Schädel bekommen. Wahrscheinlich hat ihn das zurückgeholt. Aber soll er dir selber erzählen, wenn wir zu Hause sind."
Ich sah nach unten. Blickte auf meine Schuhe, an denen noch der Staub von diesem kiesbedeckten Parkplatz des verlassenen Knastgeländes hing. Dann setzte ich den Teddy auf meinen Schoß. Er war so unglaublich weich und flauschig. Noch immer hing sein Geruch an ihm. Durch den sanften Wind stieg er in meine Nase. Ich schloss für einen Moment die Augen, und atmete durch. Dann öffnete ich sie wieder.
„Ich will nicht nach Hause." Ich strich traurig über das Ohr des Teddys. Samra setzte sich neben mich auf die Mauer, und betrachtete das kleine Kuscheltier auf meinem Schoß.
„Versteh ich, wallah. Aber hier können wir nicht bleiben."
„Hotel?", fragte ich, ohne ihn anzusehen. Er schnaufte leise.
„Du würdest freiwillig mit mir im Hotel pennen, nur damit du Capi nicht sehen musst?", fragte er mit einem überraschten Grinsen. Ich sah zu ihm. Ungewollt rollte mir wieder eine Träne über die Wange. Daraufhin wandte ich den Blick wieder ab. Seinen Name zu hören, allein das tat schon weh. Es machte mich fertig, dass ich ihn nicht sehen wollte. Dass ich es nicht konnte. Es holte die ganzen Erinnerungen wieder hoch. Jede psychische Wunde, die er mir zugefügt hatte – jedes Mal riss sie auf's neue auf, wenn ich an ihn dachte. Dieses Mal war er einfach zu weit gegangen.
„Ich weiß nicht, ob die Idee so gut ist.", sagte Samra, nachdem er eingesehen hatte, dass das alles andere als lustig war.
„Wieso?"
Er atmete laut durch die Nase durch. „Weil Capi das nicht gut finden würde."
Ich blickte stutzig auf. „> Weil Capi das nicht gut finden würde? <", wiederholte ich seine Aussage spöttisch. Wut machte sich in meinem Bauch breit. Hörte er, was er da redete? 
„Vorgestern wolltest du ihn noch umbringen. Und jetzt...jetzt kriechst du ihm den Arsch?", fragte ich den Rapper aufgebracht.
„Ey, pass auf wie du redest.", drohte er knurrend. Ich rutschte von der Mauer herunter. Einen Moment musste ich innehalten und mich abstützen, als mich das Schwindelgefühl wieder überkam.
„Josy.", sprach er sanft, und stieg ebenfalls von der Mauer herunter. „Er ist wieder wie vorher. Das wolltest du doch die ganze Zeit."
Ich schüttelte mit dem Kopf. „Er wollte mich verkaufen. Es war ihm egal, ob ich überleben würde oder nicht." Samra wollte zum Reden ansetzen, aber ich kam ihm zuvor.
„Er hat mich verarscht, von vorne bis hinten. Sag mir, wie soll ich ihm jemals wieder vertrauen? Wie soll ich das machen?", fragte ich zitternd. Über dieses Thema zu reden, wühlte alles in mir wieder auf. Es holte den Schmerz hoch, und ließ Übelkeit in mir aufsteigen.
„Ich hatte Sex mit ihm, verdammt!", schrie ich, und schmiss Samra den Teddy gegen die Brust. „Nicht nur einmal, sondern zweimal." Schniefend wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht.
„Ich dachte, es wäre wie früher. Ich hab es ihm geglaubt. Alles was er gemacht hat, es war wie vorher. Nein, es war sogar noch besser als vorher. Es war perfekt, verstehst du das?", fragte ich ihn unter Tränen. „Und dann...dann schiebt er mir einfach das Messer in den Rücken. Ohne irgendwelche Emotionen, ohne Schuldgefühle. Er hatte Spaß daran, das mit mir zu machen!" Mein Herz schlug so schnell, dass mein Brustkorb brannte. Es fiel mir schwer, richtig Luft zu holen. Als würde ein Stein auf meiner Brust liegen. Mir blieb die Luft weg, und ich begann panischer zu Atmen. Ich musste mich wieder an der Mauer abstützen, um nicht umzufallen.
„Du musst dich beruhigen, Josy.", vernahm ich Samras kehlige Stimme neben mir.
„Ich kann nicht...", brachte ich unter Atemnot hervor. Die Kraft in meinen Beinen verließ mich immer mehr. Aufrecht zu stehen war ohne Hilfe gerade überhaupt nicht möglich.
„Sht, schon okay.", brummte er. Seine Hand strich sanft über meinen Kopf.
„Es ist alles gut.", brummte er.
„Hör doch auf zu lügen!", weinte ich wieder. „Nichts ist gut. Gar nichts."
„Okay, ich versteh dich. Wallah, ich fühl das.", versuchte er mich zu besänftigen.
„Achja? Wurdest du schonmal von der Person die du am meisten liebst verraten? Hat schonmal jemand dein Vertrauen so krass missbraucht?", schluchzte ich.
Es kam keine Antwort von ihm. Natürlich nicht. Ich schüttelte verzweifelt mit dem Kopf.
„Ich will stark sein, aber ich kann nicht. Ich kanns einfach nicht."
„Lass uns nach Hause fahren, Josy. Du brauchst schlaf. Und Ruhe. Der Stress ist nicht gut für dich." Er half mir, mich wieder ein wenig aufzurichten.
„Du musst nicht mit ihm reden, wenn du nicht willst. Ich will nur, dass du erstmal sicher zu Hause ankommst." Er hielt mir den Teddy hin. Nach kurzem Zögern nahm ich ihn entgegen, und drückte ihn an mich.
„Taxi ist da.", sagte Samra. Als ich mich zur Straße umdrehen wollte, knickte ich wieder ein. Das Stechen kam zurück.
„Was?", fragte er erschrocken.
„Tut weh." Das war alles, was ich herausbekam, während ich mich vor Schmerzen krümmte. Es war so schlimm, dass es mir erneut die Luft wegschnappte.
„Scheiße.", fluchte Samra. Er hatte sich umgedreht, und beobachtete die zwei schwarz gekleideten Männer, die auf uns zugelaufen kamen.
„In's Taxi, jetzt!", befahl er hektisch, und schob mich zum Auto.
„Fahren Sie, fahren Sie! Los!", brüllte er den Taxifahrer an, nachdem wir uns auf die Rückbank fallen gelassen hatten.
„Wohin?", fragte der Mann gelassen.
„Erstmal weg hier!"
„Okay." Endlich drückte der Fahrer aufs Gaspedal, und wir bewegten uns von der Stelle. Samra sah aus dem Fenster, und ließ sich dann erleichtert in den Sitz zurückfallen.
„Geht?", fragte er mich. Ich nickte, und ließ mich dann ebenfalls in den Sitz sinken. Je weiter wir von diesen Kerlen weg waren, desto mehr ließen die Schmerzen nach.
„Also, wohin?", fragte der Taxifahrer erneut, und Samra nannte ihm unsere Adresse. Während der Fahrt fielen mir immer wieder die Augen zu.



Mademoiselle ~ Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt