Part 80 ~ I Need Some Sleep

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„Wo ist sie?", fragte ich, nachdem ich Kalazh begrüßt und meine Jacke ausgezogen hatte.
„Schläft. Ihr ging es nicht so gut, weißt du? Deswegen hab ich sie ins Gästezimmer gehen lassen, damit sie dort schlafen kann."
„Gut. Habt ihr gegessen?"
„Ja, schon. Also nicht viel. Ich hab uns Döner geholt, aber sie hat nur ein bisschen davon gegessen. Ich wollte sie jetzt auch nicht zwingen oder so."
„Alles gut Bra, danke dir." Ich klopfte ihm dankend auf die Schulter. Wusste ich doch, dass sie bei ihm in besten Händen war.
„Kommst du dann?", fragte er mich.
„Ja, gleich. Mach schonmal an, ich geh kurz nach ihr gucken."
„Ist keine gute Idee, Bruder. Sie war ehrlich genervt, weil du sie hiergelassen hast, obwohl es ihr so dreckig ging."
„Ich regle das, mach dir keinen Kopf. Geh schon rüber, ich bin gleich da." Kalazh beließ es dabei, und begab sich nach nebenan.
Bevor ich entspannt zocken konnte, musste ich mich erst um Josy kümmern. Sie war eh schon nicht gut auf mich zu sprechen. Jetzt einfach GTA zu spielen, während sie auf mich wartete, wäre assi gewesen. Außerdem wollte ich sie unbedingt sehen. Immerhin war ich den ganzen Tag von ihr getrennt.
Ich klopfte vorsichtig an die Tür des Gästezimmers, und hielt dann einen Moment inne. Als nach einem weiteren, etwas lauteten Klopfen keine Antwort kam, öffnete ich die Tür einfach.
„Josy?", fragte ich leise, und schaute ins Zimmer hinein. Mein erster Blick ging zum leeren Bett. Dann sah ich sie auf der Couch liegen. Eingemummelt in eine dicke, braune Wolldecke lag sie da, mit dem Rücken zur Lehne. In mein Gesicht schlich sich ein kleines Lächeln, wenn ich sie so ansah. Mit leisen Schritten ging ich zu dem schlafenden Mädchen herüber. Die Couch war relativ breit und Josy nahm nicht viel Fläche davon ein- somit hatte ich Platz, um mich mit hinzusetzen.
„Heey.", brummte ich, und streichelte dabei sanft über ihren Kopf. Erst bei genauerem Hinsehen bemerkte ich, dass ihr Gesicht irgendwie feucht war. Fuck, nein. Entweder hatte sie sich in den Schlaf geweint oder wieder etwas behindertes geträumt. Oder beides...
Ich konnte nicht anders, als die kleinen Tränen von ihren Wangen mit dem Finger wegzuwischen. Sie war wunderschön, wenn sie schlief. Ich hatte es schon immer geliebt, sie dabei zu beobachten. Das war total beruhigend für mich.
Plötzlich bewegte sie sich. Sie zog sich die Decke etwas höher, und wurde dann ganz langsam wach. Als sie mich bemerkte, zuckte sie wie vom Blitz getroffen nach oben. Innerhalb einer Sekunde saß sie dort mit angewinkelten Beinen, und weit aufgerissenen Augen, in denen sich ihre Angst widerspiegelte.
„Entspann dich, Baby. Ich mach nix."
Sie musterte mich von oben bis unten. Dann schluckte sie, und krallte sich mit ihren kleinen Händen an der Decke fest. Man, sie sah mich an als wäre ich ein Killer. Ich wollte nicht, dass sie das tat. Ich wollte, dass sie sich bei mir sicher fühlte. Aber irgendwie ging alles was ich tat nach hinten los.
„Du hast wieder mies geträumt, hm?" Ich wollte vorsichtig ihre Hand nehmen, damit sie aufhörte sich so zu verkrampfen. Doch als ich ihr näherkam, zuckte sie sofort weg.
„Wie gehts dir, Prinzessa?"
Sie sah für eine Sekunde in meine Augen, und wandte den Blick dann sofort wieder ab. Ich bekam keine Antwort auf meine Frage. Damit war deutlich, dass sie keinen Bock auf mich hatte. Aber ich wäre nicht Capi, wenn ich das nicht perfekt überspielen könnte.
„Du musst aufstehen.", sagte ich sanft.
„Gehen wir nach Hause?", murmelte sie mit kratziger Stimme.
„Noch nicht, Baby. Aber ich will, dass du mit rüberkommst. Zu Kalazh und mir. Wir wollen zocken."
„Nein.", wies sie mich direkt ab. „Ich bin total im Eimer."
„Du kannst drüben auch liegen. Da ist auch ein Sofa."
Sie schüttelte stirnrunzelnd mit dem Kopf.
„Ich bleibe hier. Außerdem sieht man mich dann in der Kamera."
„Man sieht dich nicht in der Kamera, wir sitzen doch davor."
„Doch, frag Kalazh. Oder guck selber nach."
„Los jetzt. Ich will, dass du mit rüberkommst.", wiederholte ich mich etwas strenger, um meinen Willen durchzusetzen. War aber nicht gut durchdacht, wie ich dann feststellen musste.
„Kapierst du es nicht?", fuhr sie mich plötzlich an. Ihre grünen Augen funkelten vor Zorn, und erneut bildeten sich in ihnen Tränen.
„Ich bin einfach nur müde, und ich kann nicht mehr! Du hast mich den ganzen Tag hier alleine gelassen, warum willst du mich jetzt auf einmal bei dir haben?" Sie hielt einen Moment inne.
„Genau das ist dein Plan, oder?"
„Was?", fragte ich verwundert. Keine Ahnung, was sie damit meinte.
„Du willst mich fertig machen."
Automatisch begannen sich meine Mundwinkel nach oben zu ziehen. Ich wollte nicht lächeln, aber ich konnte nicht anders. Das war irgendwie zu süß.
„Du kranker...", setzte sie an, und rutschte so weit auf dem Sofa nach hinten, wie sie konnte.
„Baby, nein.", lachte ich. „Wo denkst du hin, hm?" Diese Filme die sie schob, waren schon niedlich. Sie musste denken, ich wäre der Sheytan höchstpersönlich oder sowas.
„Ich schwöre dir auf alles, ich will dir nichts Böses.", versicherte ich ihr. „Ich bin ein ganz lieber.", packte ich noch drauf, und musste dabei wieder grinsen. Mein Versuch, die Spannung etwas aufzulockern, scheiterte jedoch kläglich.
Ihre geröteten, kleinen Augen warfen mir vorwurfsvolle Blicke zu. Wenn mich diese miese Stimmung zwischen uns nicht so abfucken würde, wäre das voll lustig gewesen. Aber es war ja auch meine eigene Schuld, dass jetzt alles so behindert lief.
„Okay, hör zu. Du bleibst hier, und schläfst weiter. Kalazh und ich sind drüben. Wenn du was brauchst, schreib mir. Aber bitte, nicht einfach reinkommen, sonst sehen dich die Leute." Sie wandte den Blick ab, zog sie die Decke über die Schultern, und schniefte dann leise.
„Wie lange bleiben wir noch?", fragte sie mich.
„Uff, ich kann's dir nicht sagen. Ein paar Stunden." Sie nickte, mit starrem Blick nach unten. Dann schnaufte sie durch die Nase, schüttelte mit dem Kopf, und rutschte auf der Couch wieder in die Liegeposition.
„Dann geh halt.", murmelte sie kaum verständlich in die Decke, die sie sich bis zum Kinn gezogen hatte.
„Was?" Ich wusste nicht, wie ich das jetzt deuten sollte. Gut oder schlecht?
„Geh!", quietschte sie, und drehte sich dabei auf die Seite. Nun lag sie mit dem Rücken zu mir. Okay, schlecht. Definitiv schlecht. Sie war übertrieben sauer auf mich. Mal wieder.
„Man, Baby. Ich mach das doch nicht, um dich zu ärgern."
„Jetzt geh endlich!" Sie holte mit ihrem rechten Arm aus, und schlug mir damit gegen den Rücken.
„Wie du willst.", brummte ich, und stand dann auf. Beim Rausgehen betrachtete ich meine Freundin noch einmal. Als ich hörte wie sie leise schniefte, hätte ich mir am liebsten selbst in die Fresse geschlagen. Alles was ich tat, machte ich falsch. Jedes Mal wenn ich versuchte sie mir näher zu bringen, hasste sie mich dann noch mehr. Ich hatte keine Böse Absicht, aber ich konnte es ihr nicht beweisen. Wie denn auch?


Mademoiselle ~ Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt