Part 2 ~ Welcome to Miami

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Während ich am aufräumen war, musste Vladislav ständig am Telefon irgendwelche Sachen klären. Kaum hatte er ein Gespräch beendet, klingelte das Handy erneut oder er musste jemanden anrufen. Größtenteils sprach er auf russisch, weshalb ich nicht verstand worum es ging. Aber es passte bestimmt einigen seiner Leute nicht, dass er einfach eine ganze Woche lang abgetaucht war. Ich kehrte die Scherben weg und fragte mich, wo Samra wohl sein könnte. Nicht, dass ich ihn vermisste oder so. Aber ein bisschen Sorgen machte ich mir schon. Immerhin sah es hier aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.
"Baby?", rief Vladislav vom Wohnzimmer aus. Ich legte die Kehrschaufel beiseite und ging zu ihm.
"Ich muss krass viele Sachen klären. Die Leute drehen durch gerade. Ich hab mit Granit geredet, der ist in einer Stunde hier."
"Also lässt du mich in der Stunde alleine?", fragte ich aufgeregt, und hüpfte auf ihn zu.
"Mach ich. Aber ey, wenn was ist oder so du rufst mich sofort an. Nicht zögern, direkt anrufen. Verstanden?", sagte er ernst, legte seine rechte Hand auf meinen Hintern und drückte mich gegen sich.
"Nicht zögern, direkt anrufen. Verstanden.", grinste ich ihn an. Nun grinste auch er, krallte sich leicht in meinen Hintern und beugte sich zu mir herunter, um mich zu küssen.
"Ich lass dir den Schlüssel hier.", raunte er, während er sanft in meinen Hals biss. Er hielt ihn mit der linken Hand nach oben, sodass ich ihn mir nehmen konnte. Doch als ich ihn fast hatte, streckte er seinen Arm in die Höhe - somit war er unerreichbar für mich. Durch sein ruckartiges wegziehen verlor ich das Gleichgewicht und fiel ein kleines Stück nach vorne, wo ich mich an seiner Brust abstützen musste.
"Es gibt Regeln, wenn du den willst.", sprach er nun wieder ernster und sah mich von oben herab an.
"Erstens: Du benutzt den nur, wenn Granit oder ich vor der Tür stehen. Und wir rufen an, wenn wir rein wollen. Wir klopfen nicht. Damit du weißt, dass wir es wirklich sind.  Zweitens: Keine Spaziergänge, keine Missionen. Du bleibst schön im Haus, bis einer von uns da ist. Und drittens." Er fuhr mit seiner rechten Handfläche über meinen Rücken, bis in meine Hose. Dort legte er seine Hand auf meine nackte Pobacke und kniff ein wenig stärker zu als eben, wodurch ich leicht hoch zuckte.
"Lass mich nicht bereuen, dass ich dir vertraut habe Baby.", drohte er leise und ließ dann wieder los. Er zog seine Hand wieder aus meiner Hose heraus und gab mir dann endlich den Schlüssel.
"Ich bin heute Abend wieder da. Sei lieb, Baby.", sagte er nun wieder sanft, küsste mich noch einmal zum Abschied und ging dann zur Tür. Ich öffnete sie ihm, und schloss dann wieder sorgfältig ab. Krass, dass ich das nochmal erleben durfte. Es war richtig komisch, den Schlüssel in der Hand zu halten. Vielleicht würde er mich jetzt öfter alleine lassen? Ohne Babysitter meine ich. Das Haus hat doch eine teure Alarmanlage, was sollte da schon passieren? Ich packte den Schlüssel weg und widmete mich dann weiter meiner Aufräum-Mission.

Vladislav stand auf dem Display meines Handys, das laut klingelte.
"Na du.", scherzte ich und setzte mich halb auf den Küchentisch, während ich mir anhörte was er mir sagen wollte.
"Baby, Granit kann jetzt doch nicht. Aber ich hab dir jemand anderes klar gemacht. Mach Tür auf, er steht da. Bis dann, Prinzessa.", sprach er durch das Telefon und legte dann auf. Jemand anderes? Uh, vielleicht Nima?
Ich quietschte kurz vor Freude auf, steckte mein Handy weg und hopste zur Tür. Endlich würde ich ihn mal wieder sehen. Es war so lange her, dass wir Kontakt hatten. Umso mehr freute ich mich darauf, ihm um den Hals zu fallen. Übertrieben aufgeregt schloss ich die Tür auf und machte mich bereit, dem lange verschollenen Junge in die Arme zu hüpfen. Doch als ich die Tür aufzog, stand da kein Nima. Auch kein Ghassan, oder Cem. Meine Mundwinkel zogen sich sofort nach unten, und ich hätte die Tür am liebsten wieder zugeknallt.
"Selam aleykum, Mademoiselle.", grinste Yacine und trat ins Haus ein, ohne gefragt zu haben ob er darf. Fassungslos stand ich da, während er an mir vorbeilief und mir diesen dämlichen Na, Baby? - Blick zuwarf. Enttäuscht und genervt zugleich schloss ich die Tür wieder und verriegelte sie ordentlich.
"Ist lange her, was?", fragte er und sah sich um.
"Nicht lange genug.", brummte ich wenig begeistert von seiner Anwesenheit, und widmete mich wieder dem dreckigen Geschirr, das hier überall herumstand.
"Ich glaube, wir beide hatten einen schlechten Start. Ich bin nicht so, wie du denkst.", sagte er und dachte wohl, dass ich darauf anspringen würde.
"Ja, du bist ein ganz lieber. Ich weiß schon.", argumetierte ich uninteressiert. Ich hörte ihn im Hintergrund leise auflachen während ich die Teller in die Spülmaschine räumte.
"Hör mal. Josy, oder?" Tu mal nicht so, als wüsstest du nicht ganz genau wie ich heiße. Ich schloss die Spülmaschine, stellte sie an und drehte mich dann mit verschränkten Armen zu ihm um. Mit genervter Haltung lehnte ich an der Küchentheke und schenkte ihm meine Aufmerksamkeit.
"Es gibt zwei Möglicheiten. Wir können hier rumhocken, bis Capi wiederkommt...oder wir könnten die Zeit nutzen, und du zeigst mir das Haus. Inklusive dein Schlafzimmer.", schlug er mit einem charmanten Grinsen vor, und kam ein Stückchen auf mich zu.
"Was stimmt nicht mir dir? Ich hab dir im Hotelzimmer schon gesagt, dass du das vergessen kannst. Außerdem bin ich Vladislavs Freundin, und das hier ist sein Haus. Schämst du dich nicht?", warf ich ihm an den Kopf.
"Ist ein Grund, aber kein Hindernis.", grinste er nur und checkte mich von oben bis unten ab.
"Warum hat er dich überhaupt hergeschickt? Ihr macht doch sonst nie was zusammen. Seid wann seid ihr befreundet? Er hat dich noch nie mit einem Wort erwähnt."
"Wir haben uns vor paar Monaten getroffen, als wir Feature gemacht haben. Hat sich so ergeben. Und ist gut geworden.", erklärte er und beobachtete mich die ganze Zeit.
"Wieder Streit mit Samra gehabt?", fragte er und wies auf meine verbundene Hand.
"Das kann dir egal sein.", entgegnete ich abweisend.
"Weiß Capi, was er mit dir macht?", fragte er weiter. So langsam ging er mir echt auf die Nerven.
"Was macht er denn mit mir?" Hinter mir war Ruhe, während ich die Spüle abwischte. Plötzlich spürte ich, wie er so nah hinter mir stand, dass sich unsere Kleidung berührte.
"Er macht dich wahnsinnig. Du willst ihn, aber du kannst nicht. Weil du beide liebst. Capi und Samra.", sagte er leise in mein Ohr. Ich drückte den Abwaschlappen in meiner Hand so fest zusammen, dass es schon wehtat.
"Wie oft muss ich dir noch sagen, dass ich Vladislav liebe?", brummte ich vor ihm.
"Jetzt geh weg von mir, bevor ich dir den Lappen in die Fresse haue."
Er hob seine Hände und ging einen Schritt zurück. Beim umdrehen sah ich, dass er wieder sein dämliches Grinsen aufgesetzt hatte.
"Du kannst nicht ewig vor der Wahrheit wegrennen, Josy. Irgendwann kannst du es nicht mehr leugnen."
"Ich leugne gar nichts. Ich liebe Vladislav, und Punkt. Samra ist wie ein Bruder für mich. Gott, warum muss ich mich eigentlich jedes mal bei allen rechtfertigen?", brüllte ich ihn an und ging ins Wohnzimmer, um dort weiter aufzuräumen.
"Also bin ich nicht der erste, der festgestellt hat dass da was läuft?", machte er weiter und kam mir hinterher.
"Versteh es endlich, da läuft nichts! Wie kommst du überhaupt auf sowas? Du kannst das ja wohl am allerwenigsten beurteilen!"
"Ganz einfach.", sagte er aufgeschlossen und fletzte sich auf die Couch.
"Ich hab euch im Hotel gesehen. Als er dich vor Capi versteckt hat. Und als er nachts vor deiner Tür stand. Sogar ein Blinder sieht, dass es da funkt zwischen euch.", erklärte er amüsiert und beobachtete, wie ich mühevoll versuchte die dämliche Decke zusammen zu legen - mit einer verletzten Hand war das nicht ganz so einfach.
"Da funkt überhaupt nichts. Er kam nachts zu meiner Tür, weil er eine Nachricht bekommen hatte die er mir zeigen musste. Es ging um etwas wichtiges.", rechtfertigte ich mich.
"Und da hätte er dir nicht einen Screenshot schicken können? Deswegen musste er aufstehen, und dich aus dem Bett holen? Glaub mir mal, es ging ihm nicht um die Nachricht. Sondern darum, dich zu sehen. Sonst hätte er damit gewartet, oder?"
So sehr ich diesen nervigen Marrokaner auch gerade hasste - vielleicht war das was er sagte, gar nicht so dumm. Samra wusste doch, dass ich am nächsten Tag nach Hause kommen würde. Er hätte mir die Nachricht auch dann zeigen können. War ihm diese Nachricht echt so wichtig, weil er wollte dass ich bei dem Dreier zustimme? Warum dachte eigentlich jeder, dass ich Vladislav bescheißen würde wenn ich die Möglichkeit hätte?
"Stellst du gerade fest, dass ich Recht habe?", grinste Yacine von der Couch aus.
"Ich stelle gerade fest, dass du ein Arsch bist.", paffte ich nur, legte die Decke ordentlich auf das Sofa und ging zurück in die Küche.
"Also bin ich ein Arsch, weil ich Recht habe?" Er kam mir hinterhergelaufen und presste seine Lippen aufeinander, während er mich die ganze Zeit beobachtete.
Ich schüttelte nur mit dem Kopf und ignorierte den aufdringlichen Spacko, weil mir dieses Konversation einfach zu dumm war. Ich liebe Vladislav, und Schluss. Samra würde sich niemals dazwischen stellen können. Niemand konnte das.

Mademoiselle ~ Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt