31: Stimmungskiller

195 8 6
                                    

Die unterschiedlichsten Gefühle durchfluteten den Körper des Tschechens, als er seine Tochter dort neben seinem dänischen Links Außen sitzen sah. Einerseits war da diese Panik in seinem Körper, schließlich hatte er schon immer den Drang gehabt seine Älteste in jeder Lebenssituation beschützen zu müssen und es war ihm die letzten Monate schwer gefallen zu akzeptieren, dass seine Tochter nun volljährig war. Die Zeit war einfach viel zu schnell vergangen. Nun saß da nicht mehr dieses kleine Mädchen vor ihm, sondern eine wunderschöne junge Frau. Die unterschiedlichsten Gedanken rauschten durch seinen Kopf, weil er nicht einordnen konnte, was zwischen den beiden lief. Waren die beiden zusammen? Oder war er hier gerade am überreagieren und die beiden waren einfach nur gute Freunde? Doch dann erinnerte er sich an den innigen Blickkontakt der beiden, als sie die beiden erkannt hatten. Er bildete sich das alles doch nicht ein? Es waren zu viele Fragen, auf die er nun antworten wollte.

"Was macht ihr hier?", entfuhr es ihm und er funkelte die beiden wütend an. Er wusste auch nicht, wieso ihn das alles gerade so wütend machte. Sollte er sich nicht eigentlich freuen, seine Tochter so glücklich zu sehen? Schlagartig verschwand bei beiden das Lächeln auf den Lippen. Der Däne schaute etwas beschämt zu Boden, als würde er gezielt seinem Blickkontakt ausweichen wollen. Lucie beantwortete die Frage ihres Vaters: "Eis essen beziehungsweise sollte man wohl eher sagen wir versuchen es. Und Ihr?" Ihr Blick fiel auf die riesen große Eispfütze zwischen ihnen auf dem Boden, wo sich die Schokoladenkugel von Magnus mit ihrer weißen Joghurt Kugel mischte. Schlagartig fiel ihr die Werbung für die Kinderschokolade ein, weswegen sie echt Mühe hatte hier nicht wieder lautlos zu lachen, denn sie kannte diesen Blick ihres Vaters gut genug, um zu wissen, dass er von ihrem Treffen nicht gerade begeistert war. Auch Steffen spürte, dass Filip mal wieder einem aktiven Vulkan glich und er wusste nicht, wann dieser ausbrechen würde. Er wusste nur eins, dass es vielleicht besser wäre, Filip von den beiden wegzubringen, bevor dieser Vulkan ausbrechen würde und sie die Aufmerksamkeit aller Menschen hier unten an der Kiel Linie auf sich hätten.

"Wir haben uns was beim Chinesen geholt und waren gerade auf dem Weg wieder zurück zum Auto, weil Filip noch das Training morgen vorbereiten muss", versuchte Steffen sein Glück, Filip mit seiner noch ausstehenden Arbeit hier weglocken zu können. Gerade wünschte er Filip wäre ein Hund, den man einfach an der Leine weiterziehen könnte. Er wollte auf keinem Fall, dass Filip daran schuld wäre, den beiden einen schönen Abend zu versauen, nur weil er noch nicht bereit war seine Tochter loszulassen und alleine die große weite Welt erkunden zu lassen. Er hoffte einfach nur, dass Lucie wirklich in Kiel angenommen werden würde, sonst würde das nächste Familiendrama losgehen, wenn er akzeptieren müsste, dass Lucie alleine in eine andere Stadt ziehen würde. Andererseits würde es ihm vielleicht helfen zu sehen, dass seine Tochter nun groß war. Er hatte eigentlich immer gedacht Mütter wären diejenigen, denen es schwerfiel ihre Kinder aus dem Nest zu lassen. Doch bei Aneta und Filip schienen die Rollen anders verteilt zu sein. Während Aneta ihrer Tochter, die Freiräume gab, die man in dem Alter eben wollte, schien Filip seine Tochter am liebsten wie ein Hund an die Leine nehmen zu wollen, dass diese ja nicht zu weit aus seinem Gesichtsfeld verschwindet und irgendwas machte, was er dachte, dass sie noch nicht alt genug dafür wäre. Man konnte ihn als "Helikopterdaddy" bezeichnen. Und Steffen selbst befand sich zwischen den Parteien und würde gerne für Aneta Partei ergreifen, konnte dies dann jedoch auch nicht machen, weil er auf keinen Fall einen Streit mit Filip wollte. Augenblicklich fragte sich der Franke: Wie er wohl als Vater geworden wäre? Wäre er vielleicht euch ein Helikopterdaddy? Sofort war da wieder dieses Ziehen in seiner Brust. Er verdrängte den Schmerz wieder und versuchte fieberhaft einen Plan B zu finden, denn Plan A schien nicht aufzugehen. Doch er konnte Filip auch nicht wie ein Einkaufswagen weiterschieben.

Unterdessen versuchte Filip aus den Blicken der beiden irgendetwas herauslesen zu können, was ihm Antwort auf seine Fragen geben könnte. Was lief da zwischen seiner Tochter und dem so schüchternen Dänen? Er wusste nicht einmal, was er davon halten würde, wenn die beiden wirklich zusammen wären. Ist Magnus nicht viel zu alt? Außerdem war Lucie alt genug einen Freund zu haben? Sollte er seine Tochter nicht davor schützen sich das Herz von einem Typen brechen zu lassen? Was wenn sie den gleichen Fehler riskieren würde, den er und Aneta damals gemacht hatten und dann plötzlich mit einem Kind in der Hand ihre eigentlichen Pläne über den Haufen werfen mussten? Filip wusste auch, dass er gerade überreagierte. Doch diese Veränderung machte ihm Angst. Er war nicht bereit seine Tochter in die Hände einen Mannes zu überlassen. Er hielt diese Ungewissheit nicht aus. Er musste es jetzt wissen. "Seid ihr zusammen?", fiel Filip rücksichtslos mit der Tür ins Haus. Mit aufgerissenem Mund stand Steffen neben ihm. "Das hat er jetzt nicht gerade wirklich gefragt?", schoss es Steffen durch den Kopf und er spürte förmlich, wie unangenehm die Situation nun für die beiden sein musste. Hätte er Filip bloß schneller von hier weggeschafft.

Everything I didn't sayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt