Lucie:
Bereits beim Warten in der Schlange bis ich dran war ,mein Gegenstoßsprintduell gegen einen der Jungs zu machen, spürte ich wie meine Knie bereits zum Zittern begannen. Mehrfach ermahnte ich mich selbst mich zu entspannen, während ich spürte wie die Erinnerungen an mein letztes Handballspiel vor der Corona Pandemie sich wieder in meinen Kopf drängten. Verzweifelt versuchte ich diese Bilder so schnell wie möglich aus meinem Kopf zu verdrängen. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Bisher hatte ich mit keiner einzigen Person darüber gesprochen, was für eine Angst mich seit diesem Spiel vor einem Gegenstoß plagte. Sofort kamen die ganzen Erinnerungen an die zahlreichen schlaflosen Nächte nach diesem Spiel hoch. Diese Szene, die mich bis in den Schlaf verfolgt hatte. Noch heute passierte es, dass ich manchmal schweißgebadet aus dem Schlaf hochschreckte und das Gefühl hatte verfolgt zu werden. Immer weiter rückte ich in den Reihe nach vorne. "Du schaffst das! Es wird nicht so enden wie damals", versuchte ich mir Mut zuzusprechen. Ich schämte mich dermaßen für diese Angst. Ich wollte auf keinen Fall, dass irgendjemand spürte, wie groß meine Angst vor einem einfachen Gegenstoß seitdem war. Bisher hatten wir im Training keine Gegenstöße trainiert, weswegen ich mich seit dem damaligen Spiel dieser Angst bisher nicht stellen musste. Doch nun musste ich Wohl oder Übel dagegen ankämpfen. Es durfte niemand etwas merken, vor allem nicht mein Vater. "Vielleicht lag es auch einfach daran, dass es das erste Mal seit damals war", versuchte ich mir einzureden, dass dieses seltsame Gefühl nur Einbildung war.
Raffi, der vor mir in der Reihe gestanden war, hatte soeben den Ball zu Niklas gespielt, bevor er lossprintete, direkt verfolgt von Miha Zarabec. Beide liefen nahezu gleich auf im Laufduell. Jeder von ihnen wollte den langen Pass von Niklas abfangen. Steffen ging als Sieger aus dem Duell hervor und verwandelte den Ball sicher im Tor. Zufrieden nickend nahm Papa das Ganze zur Kenntnis. Anschließend spürte ich den abwartenden Blick auf mir. Magnus stand neben mir, bereit alles zu geben. Ich atmete tief durch, bevor ich den Ball zu Niklas spielte und dann losrannte. Immer mit einem Blick auf den Ball und Magnus der mir dicht an den Fersen klebte. Doch auf einmal war die Kraft der Erinnerungen zu groß und alles von damals, begann sich in meinem Kopf in Rekordgeschwindigkeit nochmals abzuspielen.
Rückblick - 04.03.2020 - Barcellona:
Es war vermutlich das meisterschaftsentscheidende Spiel gegen RM Granollers. Aktuell standen wir noch mit einem Minuspunkt weniger an der Spitze der Tabelle, was sich jedoch mit einer heutigen Niederlage ändern könnte. Ein Sieg war Pflicht. Allen meinen Mitspielerinnen und mir war bewusst, dass es vermutlich ein enges und spannendes Spiel werden würde bis zur letzten Sekunde. Jeder Fehler könnte uns die Meisterschaft kosten. Hier standen sich zwei Teams auf Augenhöhe gegenüber. Das Hinspiel auswärts in Granollers hatten wir knapp mit 26:28 für uns entscheiden können. Auch wenn wir heute das heimische Publikum hinter uns haben würden, war uns allen bewusst, dass dies heute kein einfaches Spiel werden würde. Wir mussten eine ausnahmslos gute Leistung auf das Spielfeld bringen. Seit Wochen bereits spürten wir diesen Druck seitens unserer Trainer auf uns, die uns mehrfach deutlich machten, dass wir dieses heutige Spiel unbedingt gewinnen mussten. Dementsprechend groß war die Nervösität als ich meinen Mitspielerinnen unter lauten Beifall der Halle, die heute für ein Jugendfrauenspiel gut besetzt war, folgte.
Die ersten zehn Minuten war es ein Kampf auf Augenhöhe gewesen. Ein Team legte vor, dass andere legte nach. Kein Team konnte sich ein bisschen absetzen. Viele Tore waren jedoch noch nicht gefallen, weil es doch einige technische Fehler und Fehlwürfe gab. Vermutlich waren beide Mannschaften doch etwas nervöser als zuvor gewesen, vor diesem wichtigen Spiel. Die Stimme von unserem Trainer Raul hallte durch die Halle. Er wollte die Abwehr umstellen. 3-2-1 Abwehr. Zwar hatte die 6-0 auch bisher recht stabil funktioniert, doch er wollte irgendwas probieren, was uns vielleicht einen Vorsprung bis zur Halbzeit verschaffen könnte. Sofort setzten wir seine Anweisungen um. Sofia meine beste Freundin rückte ganz an die Spitze raus und versuchte mit ihren flicken Beinen die Pässe der Rückraumspieler zu stören und ihnen so den Spielfluss zu nehmen. Auch ich rückte auf meine Gegenspielerin mit der Nummer 13 raus. Mittlerweile wusste ich aus zahlreichen Begegnungen, dass die Rückraum Rechte extrem stark war. Sie besaß ein extrem gutes Eins gegen Eins. Normalerweise war sie nicht die Spielerin die aus dem Rückraum warf, sondern immer dorthin ging wo es wehtat. Sie war deutlich kleiner gewachsen als ich und deswegen extrem flink auf den Beinen, was ihr bereits auch heute einen Vorteil verschafft hatte. Ich glaub 4 der 7 Treffer ihrer Mannschaft ging auf ihre Kappe. Ich war bereits wieder leicht genervt, dass ich mich heute bereits so oft ihr geschlagen geben musste. Erneut bekam sie den Ball und ich stellte mich auf den nächsten 1 gegen 1 Tanz ein. Dieses Mal schaffte ich es jedoch sie festzumachen. Freiwurf. Jubelnd rissen wir die Hände nach oben, um die Unterstützung der Halle noch mehr hören zu können. Auch bei ihrem nächsten Versuch, an mir vorbeizukommen, schaffte ich es nun besser, mich auf sie einzustellen. Ich störte sie so, dass ihr Pass zur Mitte zurück nicht präzise genug war und sich Sofia den Ball fischen konnte. Sofort rannte sie begleitet von den beiden Außenspielerinnen und zwei Gegenspielerinnen auf das gegnerische Tor zu. Im richtigen Moment gab sie zu Rebe auf Rechts Außen ab. Diese verwandelte sicher. 9-7 die erste zwei Tore Führung.
Die Abwehrumstellung schien Früchte zu tragen. Zwei weitere Bälle konnten wir gewinnen. Beim ersten Mal waren wir in der zweiten Welle über den Kreis erfolgreich. Beim zweiten Mal, bekam ich von Sofia in der zweiten Welle den Ball im Lauf zugespielt. Es war das perfekte Timing. Ich konnte bei 9-10 Meter hochsteigen und feuerte den Wurf am Block vorbei in den rechten oberen Winkel des Tors. Erst mein zweites Tor in diesem Spiel. Nach zwei Fahrtkarten zuvor endlich wieder ein Erfolgserlebnis. "Genauso Lucie", hörte ich meinen Trainer mir Mut zu machen meine Größe weiterhin auszunutzen, um aus der zweiten Reihe zu werfen. Nach einem erneuten technischen Fehler zehn Minuten vor Ende der ersten Halbzeit konnten wir erneut die zweite Welle nutzen. Wieder erkannte ich, dass meine Gegenspielerin mit der 13 etwas zu passiv war im Rückzug. Ich bekam den Ball und stieg wieder fast ungehindert hoch. Ich spürte zwar einen leichten Körperkontakt an der Seite, was mich jedoch nicht daran hinderte einen nahezu plazierten Wurf aufs Tor zu bringen. Irgendwie hatte er genug Schmalz, dass er zwischen den Beinen der Torhütern durchrutschte. Laut jubelnd klatschte sich Sofia mit mir ab, nachdem ich blitzschnell vom Hallenboden wieder aufgestanden war, auf welchem ich nach meinen Wurf ungehindert geknallt war. Ein leichter Schmerz verursachte der Aufprall zwar. Doch diesen Schmerz war man irgendwann gewohnt und er war nicht ausschlaggebend. Die Sirene ertönte. Auszeit. Laut jubelnd rissen wir die Arme nach oben und liefen zu unserem Trainer, der uns für die überragende Abwehrleistung lobte. Uns noch ein zwei Spielzüge mitgab, die wir nutzen sollten, wenn wir mal wieder in den Positionsangriff kommen würden. Er warnte uns vor einer möglich Abwehrumstellung um. Er trichterte uns mehrfach ein, jetzt nicht nachzulassen, sondern nochmal genauso konzentriert bis zur Halbzeit weiterzuspielen. Die Sirene erklang. Wir sprachen unseren Schlachtruf. Bevor ich meine Flasche wieder Maria reichte und mich wieder zurück aufs Spielfeld begab. Ein Blick auf die Anzeigetafel. Es wirkte fast ungläublich, dass da wirklich ein 12-7 stand. "Auf geht's", rief Cayetana unsere Kapitänin nochmal aufmunternd. Zum ersten Mal seit langem gelang es Granollers über Rechts Außen mal wieder eine Chance zu generieren, die sie auch nutzen. 12:8. Seit langem Mal wieder ein Positionsangriff. Die Halben rückten in der 6-0 Abwehr beide etwas weiter nach draußen. Typisch spanische Schule. Sie wollten mich weiter vom Tor weghalten, nach meinen letzten erfolgreichen Treffern. Sara hatte als sie bei Halb Rechts hochstieg die richtige Idee, Cayetana am Kreis anspielen zu wollen, doch irgendwie war dann doch ein Arm dazwischen und unserer Gegner sicherten sich den Ball. Blitzschnell sprintete ich auf unsere Spielfeldhälfte zurück, während der Gegenangriff bereits im Gang war. Mein Blick beobachtete permanent den Ball. Ich durchschaute den Plan der Spielmacherin, die die Entscheidung an meine Gegenspielerin mit der Nummer 13 und den auffälig blond Locken weitergab. Blitzschnell schoss ich hervor in der Hoffnung den Ball abfangen zu können. Es war riskant meine Spekulation. Doch ich war erfolgreich. Ich bekam den Ball zu fassen. Ich nahm meine Beine in die Hand und rannte prellend Richtung gegnerisches Tor. Ich spürte meine Gegenspielerin direkt hinter mir. Sie folgte mir. Sie war mir dicht auf den Fersen, weswegen ich versuchte nochmal schneller zu werden. Das Tor rückte zum Glück immer näher. Auf einmal spürte ich einen Bodycheck von der Seite. Es ging alles so schnell. Der Bodycheck erwischte mich so unerwartet, dass ich wie Wand kerzengerade zur Seite umfiel und mit dem Kopf auf dem Hallenboden aufschlug. Sofort wurde alles schwarz....
Eine Platzwunde und eine heftige Gehirnerschütterung hatten dafür gesorgt, dass ich in das Spiel nicht mehr eingreifen konnte. Meine Gegenspielerin hatte keine Strafe für das Foul gesehen. Am Ende hatten wir das Spiel mit 27:24 verloren. Aufgrund des Abbruch der Saison eine Woche später wegen der Corona Pandemie hatte es keinen Meister gegeben, trotzdem hatte sich dieses Spiel tief in mein Gedächtnis gebrannt.
Flashback Ende.
Noch immer spürte ich Magnus dicht hinter mir. Die Angst vor einem erneuten Ende wie damals leiß meinen Körper augenblicklich gefrieren. Ich blieb wie versteinert stehen. Ein Fehler. Magnus hatte das nicht kommen gesehen und rannte mich voll um. Zusammen landeten wir auf dem Hallenboden und der Ball landete wenige Zentimeter vor uns auf dem Boden. Ich begann am ganzen Körper zu zittern und eine Angst durchfuhr meinen Körper, die ich noch nie zuvor gespürt hatte.....
Moin - ich habe es nun auch endlich geschafft - bin gerade etwas im Stress und zeitlich echt hinter meinem ursprünglichen Plan hinterher ... deswegen werde ich mich heute kurz halten ... Hoffe das Kapitel hat euch gefallen und ihr habt es aktuell etwas entspannter als ich - bin ich froh wenn ich in einem Monat das alles hinter mir habe und dann endlich zwei Monate frei habe😍😍. Allen ein schönes Wochenende 🥰😅
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Everything I didn't say
Hayran KurguFortsetzung Hidden Kisses ~ "I am too afraid Everything will change But it will break my heart If things will stay the same How does it feel to fall in love? Will it hurt or last forever?"~ How to fall in love - Linda Elsener Im letzten Jahr hatte s...