Lucie:
Auf der Fahrt zurück nach Kiel herrschte eine betrübte Stimmung zwischen Jessi, Vic und mir. Keiner von uns sagte ein Wort. Schweigend starrte ich gedankenverloren aus dem Fenster. Noch immer wollte und konnte ich nicht begreifen, wie wir den Sieg noch hatten hergeben können. Die meiste Zeit über hatten wir das Spiel kontrolliert. Wir hatten gut gespielt bis auf die letzten fünfzehn Minuten. Was in den letzten Minuten geschehen war, war unbegreiflich. Das Einzige, was uns tröstete war, dass wir trotzdem eine Runde weiter waren. Trotzdem hätte unsere Ausgangslage für die zweite Runde besser aussehen können. Meine Motivation auf das Essen zusammen mit Mamas neuem Freund, den ich bereits nackt bei uns in der Wohnung angetroffen hatte, hielt sich dementsprechend in Grenzen.
„Ich fass es nicht", brach Victorias Stimme auf einmal die Stille. Jessi und ich wollten ihr bereits nickend zustimmen, als diese fortfuhr und uns realisieren ließ, dass sie gerade nicht vom Spiel sprach. „Sie hatten es mir versprochen. Sie wollten heute zum Spiel kommen", fauchte Victoria wütend und schlug dabei ausversehen vorne aufs Lenkrad direkt da wo die Hupe war und ließ Jessi und mich erschrocken aus dem Sitz fahren. „Oh Gott... Sorry das wollte ich nicht", kam es panisch von Vic. Ich musste mir doch nun ein Lachen krampfhaft verkneifen, denn ich wusste, wie sehr Victoria sich darauf gefreut hatte, dass ihre Eltern heute zum Spiel kommen würden. Ich konnte mir nur vorstellen, wie enttäuscht und wütend sie nun war. Mitfühlend legte ich ihr meine Hand auf die Schulter. „Ihre Erklärung können sie sich sonst so hinschieben", brummte sie weiter wütend. „Aber hey ich seh's positiv. Immerhin haben sie nicht gesehen, wie ich das Spiel am Ende verkackt habe", kam es ironisch von ihr. „Du hast das Spiel nicht verkackt. Das war niemals ein Stürmerfoul", stellte ich klar, dass sie auf keinen Fall alleine an dem Unendschieden Schuld war. „Es war nicht deine Schuld. Ich hätte nur diesen letzten blöden Ball halten sollen", widersprach ihr Jessi, die sich ebenfalls die Schuld an dem Sieg gab. „Ich war diejenige, die den Wurf so blöd abgefälscht hat", warf ich ein. Anscheinend gaben wir uns allen selbst die Schuld. „Einigen wir uns darauf, dass wir es alle als Team verkackt haben. Wir hätten einfach den Sack früher zu machen müssen", schlug ich vor. Die anderen beiden nickten stumm.
„Kommt ihr heute Abend zum Spiel?", erkundigte ich mich. Einfach nur, weil ich das Thema wechseln wollte. „Ja - für den THW haben sie natürlich wieder Zeit - weil es gut fürs Geschäft ist sich dort zu präsentieren", fauchte Vic noch immer aufgeladen vor Wut. Ich wünschte ich könnte irgendwas sagen, was sie aufheitern würde. „Seh's so. Dein leiblicher Vater war da und hat dich unterstützt", versuchte Jessi ihr Glück, Victoria auf andere Gedanken zu bringen. „Als ob er wegen mir dort war", entgegnete Victoria. Sofort spürte ich diesen stehenden Schmerz in meiner Brust. „Du hättest Mal seine Augen sehen müssen, wenn du ein Tor gemacht hast", widersprach Jessi ihr. „Das war der pure Stolz. Ja, er war vielleicht auch wegen Lucie da, aber es hat ihn auf jeden Fall stolz gemacht dich spielen zu sehen", fügte sie hinzu. „Wirklich?", fragte Victoria. „Ich kann nur sagen, was ich weiß und das ist, dass er nie aufgehört hat dich zu lieben und dass er so dankbar ist, eine zweite Chance zu haben und wenigstens jetzt Teil deines Lebens sein kann", fügte ich hinzu, was ich wusste. Und dann war es wieder da. Das Lächeln auf Victorias Lippen.
Kurz darauf waren wir dann wieder zurück in Kiel. Als erstes setzte mich Victoria in der Nähe von Toni's ab, bevor sie anschließend noch Jessi nach Hause fahren würde. „Vic wir sehen uns heute Abend und Jessi wir sehen uns dann am letzten Heimspiel dieses Jahr", verabschiedete ich mich von den beiden, bevor ich aus dem Wagen kletterte. Ich holte noch meine Sporttasche aus dem Kofferraum, bevor ich Richtung Restaurant lief.
Ich holte gerade mein Handy aus der Hosentasche, weil ich wissen wollte, ob Papa bereits da war. Ich wollte nämlich auf jeden Fall vermeiden alleine auf Mamas neuen Freund zu treffen. Wenn ich ehrlich bin hatte ich keinerlei Interesse ihn kennenzulernen. Ich war nur aus reiner Höflichkeit hier beziehungsweise, weil ich so über die Feiertage bei Magnus schlafen durfte. Auf dem Display leuchtete bereits eine Nachricht von Papa auf. „Wir sind schon rein. Bis gleich!" An der Eingangstür zum Restaurant angekommen, atmete ich erstmal einmal tief durch. „Du schaffst das schon", sprach ich mir Mut zu, bevor ich mich doch überwand und nach drinnen ging. Carina erkannte mich sofort und deutete in die Richtung des Tisches, an welchem meine Familie und der Fremde saßen. Seinen blonden Haarschopf erkannte ich sofort wieder. Erneut zog sich mein Magen krampfhaft zusammen und ich hatte das Gefühl mich jeden Moment übergeben zu können. Ich atmete tief durch bevor ich ein gequältes Lächeln aufsetzte und auf den Tisch zu lief. Mama wurde als Erstes auf mich aufmerksam und stand sofort vom Tisch auf und überrumpelte mich etwas mit einer Umarmung. „Danke, dass du gekommen bist", flüsterte sie mir dabei zu und erst jetzt wurde mir bewusst, wie wichtig ihr das heute zu sein schien. Dann ließ sie mich wieder los. „Mads. Meine große Tochter Lucie", stellte sie mich ihrem neuen Freund vor. Aha! Mads hieß er also. Ich zwang mich zu einem freundlichen Lächeln, als auch dieser aufstand und mir freundlich die Hand reichte. Ich nahm diese kurz entgegen. „Schön dich kennenzulernen", sagte dieser mit einem dänisch klingenden Akzent. Daraufhin erwiderte ich mal nichts. Geradeso konnte ich mir ein: „Das haben wir ja bereits schon hinter uns", verkneifen. Ich nickte kurz bevor ich seine Hand wieder losließ und mich mit größtmöglichem Abstand zu ihm neben Steffen an den Tisch setzte. Ich hatte noch nicht einmal meine Karte aufgeschlagen, da rief mir Matej, der mir gegenüber direkt neben Mamas neuen Freund saß ein begeistertes: „Mads ist bei der Polizei", zu, wobei seine Augen strahlten. Es fühlte sich sofort wie ein Stich ins Herz an. Im Gegensatz zu mir schien Matej keinerlei Probleme mit Mamas Neuem zu haben. Im Gegenteil! Er schien ihn richtig cool zu finden. „Er kommt aus Dänemark", fügte er hinzu. „Kommt Magnus auch", ging es mir augenblicklich durch den Kopf. Ich nickte nur kurz, bevor ich meine Karte aufblätterte, obwohl ich bereits wusste, was ich essen würde. Kurz darauf kam Carina, um die Bestellung aufzunehmen. Sobald sie weg war wollte Matej total aufgedreht von Mads aufregende Polizeieinsatzgeschichten hören.
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Everything I didn't say
FanfictionFortsetzung Hidden Kisses ~ "I am too afraid Everything will change But it will break my heart If things will stay the same How does it feel to fall in love? Will it hurt or last forever?"~ How to fall in love - Linda Elsener Im letzten Jahr hatte s...