Lucie:
Ich hatte vollkommen das Zeitgefühl verloren. Ich wusste nicht wie lange ich bereits gegenüber von Magnus Wohnung in Steffens Auto saß und einfach nur in die Dunkelheit hinausstarrte. Bereits mehrfach hatte ich überlegt auszusteigen und an seiner Tür zu klingeln, denn ich hatte das Bedürfnis mit jemanden darüber reden zu müssen, was vor wenigen Minuten geschehen war. Noch immer schien ich darauf zu hoffen, dass es bloß ein schlechter Traum war und ich jederzeit aufwachen würde und begreifen würde, dass ich das alles zum Glück nur geträumt hatte. Doch bisher war nichts in diese Richtung geschehen. Somit saß ich weiterhin auf dem Fahrersitz, starrte nach draußen in die Dunkelheit und überlegte, ob es eine gute Idee war an Magnus Tür zu klingeln. Das Bedürfnis darüber zu reden, kämpfte gegen meinen Verstand an, der mir immer wieder Warnsignale schickte, dass ich damit vermutlich alles nur noch schlimmer machen würde. Ich hatte ihr versprochen niemanden davon zu erzählen. Diese Versprechen hatte ich nicht gebrochen, auch wenn sie das Gegenteil dachte. Doch ich wusste einfach nicht weiter. Ich würde so gerne mit jemanden darüber sprechen, denn ich brauchte einen Ratschlag, was ich nun machen sollte. Wie könnte ich es bloß schaffen ihr zu beweisen, dass ich den Mund gehalten hatte?
Verzweifelt fuhr ich mir mit den Händen übers Gesicht und schlug einmal wütend auf das Lenkrad ein. Dabei erwischte ich ausversehen die Hupe und erschreckte mich dermaßen an dem Geräusch, dass ich einen Moment brauchte, um mich wieder zu beruhigen. Panisch schaute ich mich um, doch anscheinend hatte zum Glück niemand das Hupen bemerkt. Langsam wurde es im Auto kalt, weswegen ich den Reißverschluss meiner Winterjacke weiter nach oben zog und mir begann die Handflächen gegeneinanderzureiben, um meine kalte Finger wieder etwas aufzuwärmen. Sollte ich besser nach Hause fahren? Schließlich wollte ich nicht risikieren mich hier noch zu erkälten. Andererseits war ich einfach nicht bereit dazu nach Hause zu fahren, schließlich kannte mich meine Mutter gut genug, um zu wissen, dass irgendwas nicht stimmte. Vor allem würde mein blaues Auge sofort Fragen aufwerfen. Und wie immer wenn ich nicht mit der Wahrheit ans Licht rücken wollte, holte sie Papa als Verstärkung und das dürfte unter jeden Umständen auf keinen Fall geschehen. Ich konnte mit ihnen so gerne ich es auch tun würde, einfach nicht darüber sprechen.
Ich hatte das Gefühl auf einer einsamen Eisschole gestrandet zu sein. Ich hatte das Gefühl in einer vollkommen aussichtslosen Situation gelandet zu sein. Egal was ich machen werde. Ich hatte das Gefühl es nur noch schlimmer zu machen. In meinem Körper wechselten sich Verzweiflung und Wut ab. Ich wusste nicht wie viele weitere Minuten verstrichen waren, bis ich entschlossen von meinem Sitz aufsprang und aus dem Wagen stieg. Ich hielt es einfach nicht mehr aus. Ich musste mit jemanden reden und Magnus war die Person, der ich am meisten vertraute. Mit zielstrebigen Schritten lief ich auf seine Wohnungstür zu. Mein Finger zitterte nervös, als ich den Klingelknopf drückte. Mein Herz begann aufgeregt gegen meinen Brustkorb zu schlagen. Es dauerte etwas, bis die Wohnungstür geöffnet wurde. Ein kribbelndes Gefühl mischte sich unter das Gefühlschaos, als ich ihm gegenüberstand. Er schien offensichtlich vollkommen überrascht von meinem unerwarteten Besuch zu sein, denn sein Mund blieb einfach offen stehen und er schaute mich an, als hätte er gerade ein Gespenst gesehen. Seine Haare waren etwas verstrubbelt und er trug ein bequemes Freizeitoutfit.
Ein schüchternes verdammt süßes Lächeln huschte über seine Lippen und ich spürte wie seine Augen mich amüsiert von oben bis unten musterten. Bevor er auf mein blaues Auge aufmerksam werden würde, schob ich mich einfach an ihm vorbei in die Wohnung mit den Worten: "Du hast hier nicht zufällig einen Boxsack?" Im selben Moment blieb ich erschrocken wie versteinert stehen, weil mir bewusst wurde, wie unhöflich ist mich gerade verhalten hatte. Zu allem Überfluss fiel mir ein, dass ich zuvor seine Wohnung noch nie von innen gesehen hatte, weswegen mir es nicht zustand, hier einfach so in seine Privatsphäre einzudringen. "Sorry...ich hätte hier nicht einfach so reinstürmen dürfen", platzte es erschrocken aus mir heraus. Magnus machte eine abwinkende Bewegung und schloss die Wohnungstür, während seine blaue Augen mich besorgt musterten. Er schien zu spüren, dass irgendwas nicht stimmte. Gefühlt in Zeitlupe setzte der Däne einen Fuß vor den anderen, bis er direkt vor mir stand. Nur noch wenige Zentimeter trennten uns. Ich war wie versteinert, während ein kribbelndes Gefühl meinen Körper durchströmte, während ich seinen Atem in meinem Gesicht spürte. Seine großen Hände legten sich um meine eisgefrorenen Hände und ein wärmdes Gefühl ließ langsam die Kälte aus diesen verschwinden. "Ich hab leider keinen Boxsack...dafür jede Menge Geschirr das gespült werden muss", sagte er nun zum ersten Mal auch etwas, seit ich einfach so unangekündigt hier aufgekreuzt war und ihn aus dem Nichts im wahrsten Sinne des Wortes überfallen hatte.
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Everything I didn't say
FanficFortsetzung Hidden Kisses ~ "I am too afraid Everything will change But it will break my heart If things will stay the same How does it feel to fall in love? Will it hurt or last forever?"~ How to fall in love - Linda Elsener Im letzten Jahr hatte s...