Travis:
Fast vier Monate waren vergangen, seit ich das letzte Mal ein Wort mit Niko gewechselt hatte. Vier Monate seit ich mich von ihm getrennt hatte und die Entscheidung getroffen habe an Bord eines Kreuzfahrtschiffes zu gehen. Wir durchfuhren gerade den Nord-Ostseekanal und näherten uns der Kieler Bucht. Meine Zeit am Bord des Schiffes würde in wenigen Minuten zu Ende sein. Ursprünglich hatte ich vorgehabt nur drei Monate an Bord zu bleiben, doch ich musste zugeben, dass mir die Arbeit auf dem Schiff sehr gefallen hatte und ich auch die Rückkehr nach Kiel soweit wie möglich hinauszögern wollte. Somit hatte ich mich entschieden die Fahrt bis zum Ende fortzuführen, die letztendlich in einigen Minuten mit dem Einlauf im Kieler Hafen enden würde. Ich befand mich oben auf dem Deck des Schiffes und ließ mir die vertraute Luft durch die Haare wehen. Es war mein erster Hafeneinlauf, den ich live vom Deck des Schiffes mitbekommen würde. Ich atmete die frische Küstenluft ein und musste zugeben, dass es sich anfühlte wie nach Hause kommen.
Zwei unterschiedliche Gefühle durchströmten meinen Körper. Einerseits war da diese Vorfreude. Ich konnte es kaum erwarten Victoria und Carina in wenigen Minuten wieder in meine Arme schließen zu können. Ich hatte die beiden unfassbar vermisst. Andererseits spürte ich diesen stechenden Schmerz in meiner Brust. Ich musste sagen, dass der Gedanke wieder in derselben Stadt wie Niko zu sein mir Angst machte. Aus diesem Grund hatte ich meine Rückkehr so lange wie möglich hinausgezögert. Ich hatte auch gehofft, dass die Zeit und die Distanz mir dabei helfen würden, die Sache mit Niko abschließen zu können. Während mein Verstand nach wie vor davon überzeugt war, dass es die beste Entscheidung gewesen war die Sache mit Niko zu beenden, war mein Herz einer ganz anderen Meinung. Ich vermisste ihn. Seine Stimme. Sein Geruch. Seine Nähe. Sein Lachen. Seine Haut auf meiner. Den Geschmack seiner Lippen. Das kribbelnde Gefühl am ganzen Körper. Es verging keine Nacht, in der mein Unterbewusstsein nicht von ihm heimgesucht wurde. Es ging keine Abend an dem ich mich fragte wie es ihm ging, was er wohl gerade machte. Wie oft war ich in den letzten vier Monaten kurz davor gewesen ihn anzurufen nur um endlich seine Stimme wiederzuhören. Vor allem seit Putin in die Ukraine einmarschiert war. Ich wusste, dass ein Teil von Nikos Verwandten unter anderem auch seine Großmutter in Kiew lebte. Vic hatte beiläufig erwähnt, dass er laut Steffen gerade etwas neben der Spur war, was natürlich alle nachvollziehen konnten. Es war schließlich schwer sich auf den Sport konzentrieren zu können, wenn die Heimat deiner Großmutter von Bomben attackiert wird. Ich hätte ihn anrufen sollen, habe es aber nicht getan.
Vier Monate später musste ich sagen, dass nichts von meinem Plan Niko vergessen zu können funktioniert hatte. Nach wie vor waren da diese starken Gefühle für Niko. Ich hatte keine Ahnung wie ich reagieren werde, wenn ich ihm wieder gegenüber stehen werde. Tausendmal habe ich die Szene bereits im Kopf durchgespielt. Trotzdem hatte ich nach wie vor keinen Plan, was ich sagen würde. Allein der Gedanken ließ mein Herz vollkommen in meinem Brustkorb durchdrehen. Ich bekam Schweißausbrüche am gesamten Körper. Was natürlich alles andere als sexy war. Wie würde er reagieren? Gab es noch Hoffnung?
Sofort schaltete sich mein Verstand ein und ermahnte mein Herz ihn endlich vergessen zu sollen. Doch dies wollte mein Herz nicht. Es klammerte sich nach wie vor an einem winzigen bisschen Hoffnung fest, dass es für Niko und mich noch eine zweite Chance gab.
„Hey", riss mich die Stimme von Finn aus dem Gedanken. Er hatte sich neben mich an die Reling gestellt. Seinen Augen leuchten förmlich. „Und bereit deine Freundin endlich wieder in die Arme schließen zu können?", fragte ich ihn und rempelte ihn leicht mit der Schulter an und zwinkerte ihm zu. „Und wie... ich glaub sie kann sich auf eine lange wilde Nacht gefasst machen. Oh Gott... sorry dass ist vermutlich zu viel Information", sprudelte es aus ihm heraus und ich konnte nicht verhindern, dass ich laut loslachen musste. „Danke für das Kopfkino", beschwerte ich mich. Ich muss zugeben, dass ich vermutlich nicht so lange geblieben wäre, hätte ich Finn nicht kennengelernt. Er hatte mich davor bewahrt wieder in ein Loch abzustürzen in das ich mir geschworen hatte nie wieder hineinzugeraten. Ich wurde wieder ernst und drehte mich zu ihm, sodass ich ihm direkt in die Augen sehen konnte. Es war Zeit Danke zu sagen. „Danke für alles", wand ich mich an ihn und zieh ihn wortlos in eine Umarmung. „Keine Ursache. Ich glaub wir haben uns beide gegenseitig gebraucht. Wir haben uns nicht gesucht, aber doch zufällig gefunden und ich hoffe dass der Kontakt jetzt, wenn sich unsere Wege wieder trennen nicht abbrechen wird", erwiderte er. „Hamburg ist ja nicht am anderen Ende der Welt", warf ich ein. „Ich muss fast sagen, dass ich dein Gerede im Schlaf vermissen werde", fügte er sentimental hinzu und auch ich musste mir eine Träne verdrücken. „Ich rede nicht im Schlaf", widersprach ich ihm. „Nein! Ich hab mir nicht jede Nacht deine jämmerliche Schreie nach Niko anhören müssen", erwähnte er. „Soll ich es dir vormachen?", fragte er und ich verpasste ihm genervt die Augen verdrehend einen Schlag gegen die Schulter. „Du bist echt blöd", fauchte ich.
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Everything I didn't say
FanficFortsetzung Hidden Kisses ~ "I am too afraid Everything will change But it will break my heart If things will stay the same How does it feel to fall in love? Will it hurt or last forever?"~ How to fall in love - Linda Elsener Im letzten Jahr hatte s...