2: Busfahrt mit Turbulenzen

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Auf dem Parkplatz des Trainingszentrums des THW Kiels stand bereits der Mannschaftsbus, der die Mannschaft zum Flughafen nach Hamburg bringen würde. Das Gepäckfach war bereits prall gefüllt und die Spieler tümmelten sich aufgeregt vor dem Bus und redeten wild durcheinander. "Trainingslager, Trainingslager", quiekte der Kleinste der Mannschaft ausgelassen und ging damit seinen Mitspielern, die um diese frühe Uhrzeit noch nicht wirklich wach waren, gehörig auf die Nerven. "Wo bleiben eigentlich unsere Turteltäubchen?", fragte Niclas schmunzelnd, denn die Abwesenheit ihres Trainers war niemand entgangen. "Das sind schon wieder 20€ in die Mannschaftskasse", freute sich Peke, der nach wie vor das Amt des Polizisten innehatte. "Ich kann mir schon wieder denken, dass Filip gleich richtig gute Laune haben wird, wenn er hier ankommt", erkannte Rune richtig. "Bitte nicht. Ich will nicht gleich heute Abend noch eine Straftrainingseinheit machen müssen", stöhnte der kroatische Kapitän laut gähnend, der so aussah, als würde er jede Sekunde umfallen und tief und fest schlafen. Unterdessen berieten sich Victor und Sprengi, ob sie vielleicht Filip anrufen sollten. Doch in diesem Moment fuhr das Auto des Tschechens mit guten fünf Minuten Verspätung auf den Parkplatz.

Der Magen des Tschechen zog sich zusammen, als er unter den Blicken der gesamten Mannschaft mit hochrotem Kopf aus dem Wagen ausstieg. Wie sehr hasste er es der Letzte zu sein. Eins stand fest: Er würde sich weigern, die Strafe aus eigener Tasche zu zahlen. Das dürfte schön Steffen machen. Ohne auf die beiden zu warten, stapfte Filip auf die wartende Truppe zu und legte sich bereits die richtigen Worte zurecht. "Entschuldigung für die Verspätung. Es gab mal wieder ein kleines Drama Zuhause", erklärte er ihre Verspätung knapp, bevor er seine Taschen rücksichtslos einfach ins Gepäckfach pfefferte. Steffen wusste eins: Dass er Filip heute besser aus dem Weg gehen wird in der Hoffnung er würde sich bis morgen wieder beruhigt haben. Neugierig schaute sich Lucie unterdessen um, nachdem sie ebenfalls ihre Taschen eingeladen hatte. Sie spürte die ebenso neugierigen Blicke der Spieler auf sich, die die Tochter ihres Trainers musterten. "Das ist Filips Tochter", raunte Sven seinem Positionskollegen fassungslos zu, als er die junge hübsche Dame vor sich sah. Er hätte jetzt mit einem 12-Jährigen Mädchen gerechnet. "Wie alt ist sie?", wollte der gebürtige Kieler sofort wissen. "18- aber ich würde lieber die Finger von...", antwortete Niclas kopfschüttelnd kam jedoch nicht weiter, denn Filip räusperte sich laut und ließ alle Stimmen sofort verstummen und bekam die volle Aufmerksamkeit. Lucie war überrascht was für eine Autorität ihr Vater hatte. Wenn sie an ihre Mannschaft dachte würde ein Räuspern ihres Trainers nicht ausreichen um die gackernden Hühner zum Schweigen zu bringen.

"Ich entschuldige mich nochmals für unsere Verspätung. Aus diesem Grund rede ich nicht lange mehr um den heißen Brei herum. Ihr dürft jetzt gleich einsteigen. Wir werden dann wie gewohnt über Hamburg-Wien nach Graz reisen, wo wir, wenn alles nach Plan läuft zwischen 15 und 16 Uhr ankommen sollten. Ich wünsche allen ein schönes Trainingslager wo natürlich auch fleißig geschufftet wird, aber wir auch sicher das ein oder andere lustige Erlebnis haben werden. Wie ihr sicherlich gesehen habt, begleitet uns dieses Jahr meine Tochter Lucie. Ich hoffe ihr nehmt sie herzlich in die Truppe auf", begrüßte Filip seine Mannschaft. Die Jungs wollten bereits in den Bus einsteigen, da fügte Filip noch hinzu: "Und jeder von euch lässt die Finger von meiner Tochter und damit mein ich vor allem die Jungen hier in der Runde", stellte der Trainer klar, dass seine Tochter tabu war und keiner der Jungs auf dumme Gedanken kam. Die Wangen seiner Tochter färbten sich feuerrot. "Mensch Papa", fuhr sie ihren Vater genervt an, bevor sie kopfschüttelnd Steffen und den anderen Jungs in den Bus folgte. Wieso musste ihr Vater so verdammt peinlich sein? Sie hatte doch nicht vor irgendwas mit einem der Jungs anzufangen, auch wenn einige von ihnen natürlich nicht gerade unattraktiv waren. Aber nein! Sie waren alle zu alt. Außerdem wollte sie aktuell keine Beziehung. Sie wusste ja nicht einmal wie es bei ihr weitergehen würde. Ob sie in Kiel angenommen wird oder doch umziehen muss. Während die Jungs sich wie gewohnt auf ihren Plätzen niederließen, wusste Lucie nicht wo sie sich hinsetzen sollte. Rune schien das zu bemerken und rief die 18-Jährige zu sich. "Komm her Lucie, du darfst dich zu Steffen und mir setzen", lud er sie in die heilige letzte Reihe des Buses ein. "Euer Ernst- Sie darf einfach so in den hinteren Vierer, aber mich lasst ihr nicht rein", beschwerte sich Niklas Landin lautstark, der seit einiger Zeit versuchte sich unauffällig einen Platz in der letzten Reihe zu sichern. Er hatte ja Hoffnung als die Beziehung von Steffen und seinem Trainer bekannt wurde, dass der Rückraum Rechte vielleicht seinen Platz im Vierer aufgeben würde, um weiter vorne bei Filip sitzen zu können. Doch da war er wohl falsch gelegen. Zufrieden ließ sich Lucie zwischen die beiden in die letzte Reihe fallen und war froh neben den beiden zu sitzen, die ihr am Bekanntesten waren. "Darf ich mich jetzt fame fühlen, weil ich hier sitzen darf?", fragte Lucie mit leuchtenden Augen in die Runde.

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