Steffen:
Es war der erste Morgen, an dem ich es geschafft hatte, mich morgens aus dem Bett zu stemmen. Die Corona-Infektion hatte mich die ersten Tage über im wahrsten Sinne des Wortes umgehauen. Eigentlich hatte ich drei Tage so gut wie durchgeschlafen und das Bett nur verlassen, wenn ich mich ins Badezimmer auf die Toilette hatte schleifen müssen. Gestern morgen war es mir schon wieder etwas besser gegangen. Doch nachdem ich auf die im Nachhinein nicht so gute Idee gekommen war, duschen zu gehen, war es mir wieder so schwindelig gewesen, dass ich mich wieder hatte hinlegen müssen. Der himmlische Duft der Lasagne, die noch im Ofen vor sich hinbackte, hatte sich in meiner alten Wohnung ausgebreitet. Trotzdem fühlte es sich komisch an wieder hier zu sein. Obwohl ich meine gesamte Zeit über, die ich nun beim THW Kiel spielte, in dieser Wohnung gewohnt hatte und zahlreiche Erinnerungen in diesen Wänden hingen, fühlte sich diese nicht mehr wie mein Zuhause an. Ich wusste, dass die gemeinsame Wohnung mit Filip das Zuhause war, welches ich mir schon immer gewünscht hatte. Ein schmerzhaftes Ziehen durchfuhr meine Brust, als sich meine Gedanken wieder um den Tschechen begannen zu drehen. Ich spürte wieder dieses große Loch, welches die Worte, die er gesagt hatte in meiner Brust hinterlassen hatten. Doch noch schlimmer war dieses Ziehen in meiner Brust, weil ich Filip mit jeder Minute, in der ich nicht an seiner Seite war, noch ein Stückchen mehr begann zu vermissen. Erst jetzt war mir wieder bewusst geworden, was für ein schönes Gefühl es war, den Tschechen Tag und Nacht an meiner Seite zu wissen. Egal wie oft, wir uns wegen den unmöglichsten Dingen in die Haare kriegten. Es änderte nichts daran, dass ich alles an ihm über alles liebte.
Ein Klingel holte mich aus meinen Gedanken wieder zurück in die Gegenwart. Da es nun auch Toby richtig erwischt hatte und dieser seit gestern nur noch in seinem Zimmer auf dem Bett vor sich hinvegitierte, wie ich es ebenfalls noch bis gestern getan hatte, blieb mir nichts anders übrig, als mich Richtung Wohnungstür zu bewegen. Ich betätigte die Freisprechanlage, die mit ihrer Kamera die untere Wohnungstür des Mehrfamilienwohnblockes filmte, vor welcher eine Person stand, die ich wohl immer sofort erkannt hätte. Lucie! Sofort durchströmte meinen Körper ein wärmendes Gefühl, auch wenn mein Herz nervös zu schlagen begann. Ich unterdrückte den Hustreiz und meldete mich mit einem "Lucie...schön dich zu sehen." Sie zuckte wohl etwas erschrocken zusammen, als auf einmal eine Stimme mit ihr sprach, ohne dass jemand vor ihr stand. "Steffen?", fragte sie vorsichtig. "Ja ich bin es", versicherte ich ihr, dass sie mit der richtigen Person sprach, denn im Gegensatz zu mir konnte sie mich nicht sehen. "Wie geht es dir?", wollte sie als erstes wissen, wobei ihre Stimme echt besorgt klang. Sofort spürte ich diese Schuldgefühle, die sich in meinem Bauch breitmachte, weil ich mich die letzten Tage kein einziges Mal bei ihnen gemeldet hatte, nicht einmal um ihnen mitzuteilen wie es mir ging. Vielleicht hatte ich den Abstand aber auch irgendwie gebraucht, um wieder mit klareren Augen sehen zu können.
"Heute wieder deutlich besser als die letzten Tage", gestand ich, bevor ich kurz einen kleinen Hustenanfall bekam. Doch immerhin war das Fieber weg, ebenso wie die Kopfschmerzen. Lediglich meine Nase lief noch und dieser blöde Husten war nach wie vor da. Doch ich fühlte mich schon wieder deutlich fitter. "Die ersten Tage war ich nur im Bett gelegen und hab glaub fast 23 Stunden durchgeschlafen", berichtete ich, auch um etwas wie so eine indirekte Entschuldigung loszuwerden, wieso ich mich die letzten Tage nicht gemeldet hatte, obwohl sich die beiden bestimmt Sorgen gemacht hatten. "Scheiße...das hört sich echt scheiße an", seufzte Lucie mitfühlend. "Hauptsache es geht jetzt wieder bergauf. Ich hab die Hoffnung noch nicht aufgegeben, gegen Magdeburg wenigstens wieder auf der Bank zu sitzen", gestand ich ihr, dass ich hoffte, dass ich bis Mittwoch diese Quarantänewohnung wieder verlassen zu können. "Der Grund wieso ich hier bin ist, dass ich dir ein paar Sachen, die Papa für dich zusammengepackt hat, vorbeibringen will. Also Klamotten und ein paar frische Lebensmittel", erklärte sie mir, was sie hierher geführt hatte. Augenblicklich spürte ich dieses Stechen in meiner Brust. Er war also zu feige, hier selbst aufzutauchen und schickte also seine Tochter vor. "Und wieso kommt er dann nicht selber vorbei", brummte ich leicht genervt, wobei meine Stimme dann vermutlich eher enttäuscht klang.
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Everything I didn't say
Hayran KurguFortsetzung Hidden Kisses ~ "I am too afraid Everything will change But it will break my heart If things will stay the same How does it feel to fall in love? Will it hurt or last forever?"~ How to fall in love - Linda Elsener Im letzten Jahr hatte s...