Travis:
"Wenn dieser Tag vorbei ist setze ich drei Kreuze", kam es von Carina, die sich erschöpft auf einen der Stühle am Tresen fallen ließ, nachdem sie soeben die Bestellung von dem Tisch mit den drei jungen Herren in der Küche abgegeben hatte. Und auch ich war froh, dass die Küche nur noch eine halbe Stunde geöffnet sein wird und wir dann zwei Stunden Pause hätten, bis die Abendschicht anfangen würde. Ausnahmsweise stand ich heute auch nicht in der Küche hinten am Herd, sondern half beim Bedienen der Tische, weil uns erneut Personal entweder wegen Urlaub oder Krankheit weggebrochen war. Da es unmöglich war, dass Carina die Bedienung ganz allein zusammen mit ihren Eltern stemmen musste, vor allem an einem dermaßen schönen spätsommerlichen Tag, an dem draußen zeitweise alle Tische belegt gewesen waren, hatte ich mich bereit erklärt, heute die Kochtöpfe stehen zu lassen und dafür Bestellungen aufzunehmen und die ganzen Tische zu bedienen. Seit exakt drei Stunden rannte ich nun zwischen Biergarten, Küche, Tresen und den wenigen besetzten Tischen im Innenraum hin und her. "Ich wollte mir zwischenzeitlich auch die Kugel geben", gestand ich, während ich gerade dabei war die gerade fertig gespülten Gläser wieder in den Schrank zu räumen.
Zum Glück kehrte so langsam etwas Ruhe ein und ich hoffte, dass nicht erneut eine neue Ansturmwelle kurz vor dem Ende kommen würde. Mein weißes Hemd muss vermutlich vollkommen durchgeschwitzt sein, schließlich hatte es heute nochmal an die 30 Grad. "Ich könnte dringend mal eine Dusche gebrauchen - ich stinke nach Schweiß und Essen", teilte Carina meine Gedanken, nachdem sie sich gerade prüfend an ihrem Oberteil gerochen hatte und angewidert die Nase verzogen hatte, was mich automatisch zum Lachen gebracht hatte. "Du hast dir jetzt gerade nicht ernsthaft unter die Achseln gerochen", äußerte ich mich schockiert. "Was ich wollte nur sicher gehen, dass ich so nach wie vor unter die Gäste treten darf?", verteidigte sie sich und strich sich eine ihrer dunkelbraunen Strähnen aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatten. Ich hatte gerade die Gläser aufgeräumt und wollte mich für eine kurze Pause des Durchschnaufens neben Carina an den Tresen setzen, da kam mein Chef telefonierend von draußen wieder nach drinnen ins Restaurant. "Si- der Tisch wie immer?", erkundigte er sich und ich vermutete, dass er gerade eine Reservierung für heute Abend entgegennahm. "Si - bis gleich", beendete er in seinem typisch Italienisch-Deutsch Gemisch, das Telefonat und ließ das Telefon auf der Tresen liegen. "Auf geht's - wir müssen einige Tische draußen zusammenschieben, wir kriegen gleich noch Besuch von unseren Stammgästen", klatschte er aufmunternd in die Hände und zerstörte schlagartig jede letzte Hoffnung, dass die restliche Schicht entspannt verlaufen würde.
"Was für Stammgäste... sag bitte nicht die Zebras?", sprudelte es Carina heraus die erschrocken aufgesprungen war und ebenso wie ich ihrem Vater nach draußen folgte. "infatti", ließ dieser ihre schlimmste Befürchtung wahr werden. "Bitte nicht wieder die", stöhnte diese und verdrehte genervt die Augen. Während ihr Vater sie vermutlich ermahnte, dass sie sich zusammenreißen sollte, soweit meine geringen Italienisch Kenntnisse es vermuteten, spürte ich auch diesen bedrückenden Schmerz auf meiner Brust. Natürlich war es mir klar gewesen, als ich hier angefangen hatte, dass es passieren würde, dass hier einige Spieler des THW Kiels irgendwann auftauchen würden, doch normalerweise würde ich das nicht mitbekommen, schließlich war ich eigentlich in der Küche vorgesehen und bekam also nicht mit, wer welches Gericht bestellte und wer im Restaurant zu Besuch war, weswegen ich dachte, dass dies kein Problem werden würde. Doch nun wusste ich, dass ich nun wieder mit der Sportart konfrontiert werden würde, die mir so viel Leid zugefügt hatte. Der Sport, den ich einst über alles geliebt hatte, der mir mittlerweile unerträgliche Schmerzen zufügte. Doch ich wusste, dass ich mich nun zusammenreißen musste. Ich ergriff einen der Tische und begann diesen zu Carina und ihrem Vater nach drüben zu tragen, wo die beiden weiterhin lautstark auf Italienisch miteinander diskutierten, damit wir die Tisch bis zu deren Ankunft zusammengestellt hatten. Anhand der zahlreichen Tische, die wir zusammenstellten, ging ich davon aus, dass hier gleich die gesamte Mannschaft zu einem Mannschaftsessen aufkreuzen würde.
Als Carinas Vater nach drinnen verschwand, weil die Glocke der Küche geleutet hatte, dass wieder Essen für die noch verbliebenen anderen Gäste fertig war, nutzte ich die Gelegenheit von Carina zu erfahren, wieso ebenfalls nicht so begeistert von dem Antanzen der ganzen Mannschaft hier war. "Es gibt da diesen einen Spieler, ich glaub er heißt Niko, der hat einen totalen Crush auf mich", begann sie mich aufzuklären, was mich sofort zum Schmunzeln brachte. "Hey jetzt hör auf so blöd zu grinsen", beschwerte sie sich bei mir und spritzte mich etwas mit dem dreckigen Putzwasser, mit welchen wir gerade dabei waren, die Tische zu säubern, nass. "Beschwerst du dich nicht ständig bei mir, dass dein Sexleben nicht exsistiert?", erinnerte ich sie, als sie mich unbedingt dazu überreden wollte, den süßen Typ aus dem Fitnessstudio, der mir vor einigen Tagen seine Nummer gegeben hatte, anzuschreiben. "Ja... aber er ist einfach absolut nicht mein Typ... und dieser österreichische Dialekt ... schrecklich", lieferte sie wie üblich in einem Atemzug tausend Argumente vor, wieso sie auf keinen Fall etwas mit diesem Typen etwas anfangen würde. "Schon mal daran gedacht, dass das vielleicht der Grund ist, wieso dein Sexleben nicht exsistiert?", entgegnete ich auf dieses Argument hin, dass er nicht ihr Typ sei. "Sag derjenige, der sich nicht mal traut einen verdammt heißen Typen, der offensichtlich was von dir will anzuschreiben", konterte sie sofort. "Ich überlasse ihn dir gerne", scherzte ich, dass ich ihn ihr gerne überlassen würde. "Schön wärs nur leider steht er offensichtlich auf Schwänze", fauchte sie und klatschte den Lappen wütend auf den Tisch. "Aber man kann es ihm nicht Übel nehmen - wenn du Hetero wärst könnte ich vermutlich auch nur schwer wiederstehen", grinste diese frech. "Wie oft denn noch - ich schlafe nicht mit dir", stellte ich schockiert klar, musste mir jedoch ein lautes Lachen verkneifen, weil unsere Unterhaltung gerade eine seltsame Richtung eingeschlagen hatte.
Verwirrt wunderte ich mich, dass Carina darauf nichts zu erwidern hatte, sondern erschrocken mit weit aufgerissenen Augen hinter mich starrte. Verwirrt drehte ich mich um und stellte erschrocken fest, dass wohl soeben die gesamte Mannschaft des THW Kiels eingetroffen war und vermutlich den letzten Teil unserer Unterhaltung mitbekommen hatte. Als wäre das nicht peinlich genug, musste auch noch ausgerechnet Filip Jicha an vorderster Front stehen, weswegen ich so gut wie sicher war, dass er den letzten Satz von mir gehört hatte. Am liebsten würde ich gerade im Erdboden versinken und hoffte einfach, dass er mich nicht erkannt hatte, schließlich hatte ich mal das Privileg gehabt mit ihm und den anderen Spielern der ersten Mannschaft des FC Barcelonas mittrainieren zu dürfen. Ich spürte wieder dieses Ziehen in meiner Brust, als sich die Erinnerungen an die schönste Zeit meines Lebens in den Vordergrund drängten. Ich schluckte den Schmerz nach unten, bevor ich mich räusperte und ihnen offiziell ihren Tisch zuwies. Unterdessen hatte sich Carina auch wieder aus ihrer Schockstarre befreit und ich war froh, als ich mich dieser seltsamen Situation entziehen konnte, weil ich von drinnen die Speisekarten holen musste. Sobald wir im Inneren des Restaurants angekommen waren, brach Carina in lautes Lachen aus und auch ich musste mich echt zusammenreißen hier nicht einen lauten Lachflash zu bekommen. "Du hättest ihren Blick sehen müssen", japste sie verzweifelt nach Luft, während ich sie frustriert zur Seite schubste. "Hättest du mir nicht ein Zeichen geben können?", fragte ich sie fassungslos. "So schnell wie du das ausgespuckt hast konnte ich nicht reagieren", verteidigte sie sich.
"Eins steht fest - ich geh da nicht mehr raus", versuchte ich ihr klarzumachen, dass sie die Mannschaft des THW Kiels nun bedienen sollte und hoffte einfach, dass ich mich so vor dem Schmerz drücken könnte. "Travi... bitte... nach deiner Steilvorlage wird mich Niko bestimmt wieder anhimmeln", flehte sie mich mit ihrem typischen Blick an, wie immer wenn sie was von mir wollte, denn sie wusste, wie schwer es mir fiel nein zu sagen. "Dann schnicken wir es eben aus?", schlug ich vor, weil das meine einzige Chance zu sein schien, der Handballmannschaft noch irgendwie aus dem Weg gehen zu können. "Gut", willigte sie sich ein. Auf drei formte ich meine Hand zu Blatt, doch blöderweise hatte Carina die Schere gewählt. Triumphierend drückte sie mir den Stapel Speisekarten in die Hand und legte dieses schadenfrohe Grinsen auf, für das ich sie am liebsten schlagen würde. "Ich hasse dich", rief ich ihr noch zu, bevor ich einmal tief durchatmete und dann mich auf dem Weg nach draußen zum Tisch des THW Kiels lief.
So ich hoffe das neue Kapitel hat euch gefallen🥰. Die eigentliche Geschichte nimmt nun mal so langsam Fahrt auf😊. In zwei Wochen fängt bei mir dann auch schon das 3. Semester an. Fast gruselig wie schnell die Zeit vergeht😂🫣. So wünsche allen eine schöne Woche.
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Everything I didn't say
FanficFortsetzung Hidden Kisses ~ "I am too afraid Everything will change But it will break my heart If things will stay the same How does it feel to fall in love? Will it hurt or last forever?"~ How to fall in love - Linda Elsener Im letzten Jahr hatte s...