130: Achterbahnfahrt der Gefühle

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Erschöpft von dem heutigen Heimspiel gegen den dänischen Meister Aalborg schleppte sich Steffen hinter Filip die Treppen zu ihrer Wohnung nach oben. Auch wenn Filip ihn lediglich in der Abwehr eingesetzt hatte, war es für Steffen ein schönes Gefühl seiner Mannschaft helfen zu können. Bei Filip war mittlerweile die Anspannung abgefallen. Pure Erleichterung und Stolz auf die heutige Leistung seiner Mannschaft waren ihm deutlich anzusehen. Doch nach dem Spiel ist vor dem Spiel in dem eng getakteten Spielplan des Rekordmeisters. Bereits jetzt drehten sich die Gedanken des Tschechens um die schwere Auswärtsaufgabe in der Bundesliga bei FrischAuf Göppingen. Während Filip ihre Wohnungstür aufschloss, warf Steffen bereits aus Gewohnheit einen Blick in den Briefkasten. Immerhin wartete er bereits so lange auf eine Antwort auf seinen Versuch Kontakt zu seiner Tochter aufnehmen zu können. Mittlerweile hatte er die Hoffnung fast aufgegeben. Überrascht entdeckte er einen Umschlag im Briefkasten. Augenblicklich begann sein Herz nervös gegen seinen Brustkorb zu schlagen als er mit zittrigen Händen den Umschlag aus dem Briefkasten holte. Eine Stimme in seinem Kopf redete auf ihn ein, dass er sich keine falsche Hoffnungen machen sollte. Er war extrem nervös als er den Umschlag umdrehte um den Absender lesen zu können.

Sein Herz rutschte förmlich in seine Hose als er die Anschrift der Adoptionsstelle entzifferte. Filip, der bereits in der Wohnung seine Tasche abgestellt hatte, kam wieder nach draußen ins Treppenhaus. Das Gesicht des Frankens war kreidebleich geworden, während er zitternd den Umschlag in der Hand hielt. Die große Hand des Tschechens legte sich auf den Rücken des Frankens und strich beruhigend über diesen. "Ich...kann das nicht", stotterte Steffen nervös und gestand, dass er Angst davor hatte den Umschlag zu öffnen. Zwei kräftige Arme schlangen sich um den Körper des Frankens und der Tscheche hauchte ihm einen Kuss in den Nacken. Ein Kribbeln durchfuhr Steffens Körper, während Filip ihm ins Ohr flüsterte: "Doch du kannst das." Er löste sich vom Franken, nahm dessen Hand und zog ihn vorsichtig hinter sich in ihre Wohnung und schloss die Tür hinter ihnen. Wie versteinert stand Steffen mit dem Umschlag in der Hand im Flur.

Ein Teil von ihm schrie danach diesen aufzureißen und endlich Bescheid zu wissen. Ein anderer Teil von ihm wollte den Umschlag am liebsten im nächsten Mülleimer verschwinden lassen. Was wenn sie den Kontakt zu ihm nicht wollte? Was wenn all die Bemühungen sowie das Warten umsonst gewesen waren? Immerhin würde er sich nicht vorwerfen können, es nicht wenigstens versucht zu haben. Es gab dieses kleine Puzzleteil in seinem Leben, dass all die Jahre hinweg gefehlt hatte. Würde er dieses endlich finden?

Es war Filip, der Steffen aus seiner Gedankenwelt zurück in die Realität holte, indem er den Reißverschluss von Steffens Winterjacke nach unten zog, um diesen die Jacke auszuziehen, wozu dieser gerade einfach nicht in der Lage zu sein schien. Der Tscheche konnte manchmal so verdammt süß sein. Ein Lächeln huschte über die Lippen des Frankens, während er diesem etwas dabei unterstützte. Seufzend legte er den Umschlag auf dem Schuhschränkchen ab und schlüpfte erstmal aus seinen Straßenschuhen. Filips Hand strich ihm beruhigend über den Rücken, als er den Umschlag wieder in die Hand nahm. Mit diesem in der Hand folgte er dem Tschechen in die Küche, wo dieser erstmal zwei Gläser aus dem Schrank holte und in beide Wasser füllte, bevor er eins davon Steffen reichte, der seinem Lebenspartner dankbar zulächelte. Steffen lehnte sich gegen die Arbeitsplatte, auch weil er gerade das Gefühl hatte, irgendetwas spüren zu müssen, dass ihm Halt gab.

"Ich mach ihn auf", sagte dieser entschlossen und stellte das Glas hinter sich ab, um beide Hände freizuhaben. Filip nahm ihn in den Arm, um ihm zu zeigen, dass er bei ihm war. Steffens Herz hämmerte wie verrückt gegen seinen Brustkorb und seine Hände zitterten so stark, dass es etwas dauerte, bis er es schaffte den Umschlag zu öffnen und den Zettel, der sich in diesem befand, herauszuziehen und auseinander zu falten. Er atmete einmal tief durch, bevor er den Text begann zu lesen.

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