89: Die Spuren der Nacht

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Als Steffen am nächsten Morgen müde die Augen öffnete und eigentlich hoffte in die schönsten Augen der Welt blicken zu können, musste er jedoch enttäuscht feststellen, dass ihm dieser Wunsch nicht erfüllt wurde, denn die andere Betthälfte war bereits leer. Erschöpft ließ sich Steffen in sein Kopfkissen zurückfallen und langsam begann sich die gestrige Nacht schmerzhaft bemerkbar zu machen. Doch sobald sich die Bilder wieder in seinem Kopf abspielten, kehrte dieses Kribbeln und das verliebte Grinsen auf seinen Lippen wieder zurück. Steffen wusste zwar nicht wie er es geschafft hatte, aber kurz darauf fand er sich einigermaßen sicher stehend auf beiden Füßen wieder. Ein müdes Gähnen konnte er sich nicht verkneifen. Sich müde die Augen reibend, damit sich seine Augen endlich an das Licht gewöhnten, tapste er die Zähne zusammenbeißend aus dem Schlafzimmer, wobei er beinahe über sein T-Shirt gestolpert wäre, welches auf dem Fußboden lag. Er schaffte es irgendwie sich noch eine frische Boxershorts über die Hüften zu ziehen, die er aus dem Schrank gezogen hatte, weil er keine Lust hatte über den Boden krabbeln zu müssen, um die, die er gestern Abend getragen hatte, zu finden.

Als er in den Flur trat, meinte er ein Geräusch aus der Küche gehört zu haben, weswegen er sich langsam zu dieser vortastete. Vielleicht war es auch der Geruch nach frischem Kaffee, der ihn förmlich wie ein Magnet anzog. In der Küche angekommen fand Steffen Filip bereits in sein Laptop vertieft mit einer frisch gekochten Tasse Kaffee, am Esstisch sitzend. Konnte Filip nicht einmal für eine Sekunde nicht an Arbeit und Handball denken? Einerseits belustigt, aber auf der anderen Seite auch etwas besorgt, als er diesen Gesichtsausdruck von Filip sah, wie er konzentriert auf den Bildschirm starrte, um jedes noch so winzige Detail des gestrigen Spiels zu analysieren, legte Steffen die letzten Meter bis zum Esstisch zurück.

Filip zuckte erschrocken zusammen, als sich zwei kräftige Arme von hinten um seinen Oberkörper legten und ihm eine bezaubernde Stimme ein "Guten Morgen, ich hab dich vermisst", ins Ohr flüsterten. Steffen begann Filip liebevolle Küsse an den Hals zu hauchen, weswegen Filip echt Mühe hatte sich auf das Spiel, welches auf seinem PC lief zu konzentrieren. Sein Herz genoss diese Zärtlichkeit, die er so sehr vermisst hatte. Sein Verstand hingegen ermahnte ihn an seine trainerlichen Pflichten und erinnerten ihn an sein eigentliches Vorhaben. Nämlich herauszufinden, wieso die letzten Spiele so verlaufen waren, wie sie eben gelaufen waren. Er spürte zwar ein stechenden Schmerz in seiner Brust, als er Steffens Arme von ihm wegzog und ihm ein: "Ich muss mich konzentrieren", welches mal wieder kälter klang, als es eigentlich gemeint war, entfuhr. Die Zurückweisung fühlte sich an wie ein Eimer kaltes Wasser, der Steffen rücksichtslos über den Kopf geschüttet wurde. Er hatte das Gefühl, dass sich ein spitzer Gegenstand in seiner Brust bohrte. Doch er schluckte den Schmerz einfach hinunter, denn er wusste unter welchem Druck Filip stand und wie sehr er sich selbst Vorwürfe wegen des Verlaufs der letzten Wochen machte. Er wusste wie selbstkritisch Filip schon immer gewesen war. Er wusste, dass Filip es nicht so gemeint hatte.

Steffen biss die Zähne zusammen und wollte sich ohne Filip weiter abzulenken neben diesen auf einen der Stühle an den Esstisch setzen, wobei ihn dann doch ein etwas lauteres Aufstöhnen als gewollt entfuhr. Als er ein belustigtes Grinsen kurz über Filips Lippen huschen sah, färbten sich Steffens Wangen tomatenrot. Machte sich Filip gerade etwa über ihn wütend. Empört wollte er sich über Filip hinweg auf die andere Seite strecken, auf welcher eine verführerisch duftende frische Kaffeetasse stand, doch sofort bereute er diese zu impulsive Bewegung. "Nicht mehr im Training oder was?", musste er einen belustigten Kommentar seitens Filip einstecken, der ihm dann netterweise die Tasse Kaffee reichte, auch weil, er sich endlich wieder vollständig auf das gestrige Spiel konzentrieren wollte. Gerade wollte Steffen endlich einen Schluck Kaffee genießen, als es an der Tür klingelt. Steffen warf Filip einen erwartungsvollen Blick zu, doch dieser starrte nur auf sein Bildschirm und machte keine Anstalten aufzustehen. Genervt die Augen rollend stellte Steffen also die Tasse wieder auf den Tisch und biss die Zähne zusammen, während er sich wieder aufrichtete. Er war eindeutig aus der Übung.

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