96: Überraschung

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Magnus Herz schlug aufgeregt gegen seinen Brustkorb, während sein Bruder vor der Sporthalle in Mönkeberg anhielt, um ihn abzusetzen. Die beiden Geschwister waren an diesem Sonntagmorgen bereits früh vom Nationalmannschaftslehrgang aus Dänemark zurück an die Fördestadt gefahren. Die ganze Fahrt über war Magnus nervös gewesen, ob sie es tatsächlich rechtzeitig bis zum Anpfiff von Lucies Spiel um halb zwei schaffen würden. Es waren noch knappe drei Minuten bis Spielbeginn, als Magnus vom Beifahrersitz rutschte und sich bei seinem großen Bruder bedankte, dass er den Umweg auf sich genommen hatte, um ihn hier abzusetzen. Der dänische Links Außen wollte gerade die Tür zuschlagen, da ließ ihn das "Warte" von seinem großen Bruder verwirrt in seiner Bewegung innehalten. "Ich wollte dir noch sagen, dass ich es schön finde, dich seit langem wieder so glücklich zu sehen", gab Niklas zum ersten Mal offen zu, dass er sich darüber freute, dass Lucie seinen Bruder so glücklich zu machen schien. Ein erleichtertes Lächeln huschte über Magnus Lippen, denn es war das erste Mal, dass Niklas eine Reaktion zeigte, nachdem er ihm erzählt hatte, dass er nun mit Lucie zusammen war. Als er es ihm am Abend nach dem Magdeburg Spiel aufgeregt am Telefon erzählt hatte, war lediglich ein schlichtes "Ok" von seinem Bruder gekommen. Mehr nicht! Niklas hatte von Anfang an seine Bedenken bezüglich der beiden gehabt. Doch seinen Bruder nun endlich wieder mit diesem Leuchten in den Augen zu sehen, welches er so lange vermisst hatte, ließen seine Bedenken in den Hintergrund rutschen und er begann sich für Magnus zu freuen. "Und jetzt ab. Nicht das du noch den Anpfiff verpasst", scheuchte er seinen Bruder davon, bevor sie beide zu sentimental wurden. "Grüß Pelle und Silje von mir", rief Magnus noch, bevor er die Beifahrertür zu schlug und mit schnellen Schritten Richtung Halle davon lief.



Zusammen mit Yara, Sandra und Vic stand Lucie an der Mittellinie und beriet sich nochmal, mit welchem Spielzug sie beginnen wollten. Nervös klopfte Lucies Herz gegen ihren Brustkorb und sie wischte sich die feuchten Hände an ihrer Hose ab. Der Schiedsrichter gab das Zeichen das Spiel anzupfeifen. Lucie begab sich also wieder auf ihre Halb Linke Position und das Spiel wurde angepfiffen. Die Mannschaft aus Hannover begann mit einer offensiven 3-2-1 Deckung, wie ihr Trainer bereits vermutet hatte. Sie ließen den Ball erstmal durchspielen, bevor Lucie als sie den Ball zurück bekam, einfach mal austestet ihre Gegenspielerin im Eins gegen Eins auszutanzen. Dies gelang und sie konnte bei guten achten Metern einfach hochsteigen und aufs Tor werfen. Der Ball schlug beim ersten Versuch bereits im Tor ein. Erleichtert atmete die 18-Jährige durch. Es schien ein guter Start ins Spiel zu sein. Sie sprintete zurück in die Abwehr, um rechtzeitig sich wieder in der Abwehrposition zu befinden. Sie hatten die Anweisung bekommen mit einer defensiven 6 :0 zu starten. Sie gaben sich gegenseitig die Nummern durch, welche Abwehrspielerin sie aktuell hatten, um durchzuzählen, dass jeder seinen Mann hatte.

Victoria durchschaute das Vorhaben ihrer Gegenspielerin, die den Ball an ihr vorbei zum Kreis durchspielen wollte und warf sich spekulativ in den Passweg. Mit Erfolg. Sie schaffte es mit Nachfassen am Boden liegend, den Ball zu sichern. Jubelnd war die gesamte Bank von ihnen aufgesprungen, während Victoria Lucie bereits auf die andere Seite sprinten sah. Ohne zu Zögern ging sie auf Risiko und spielte im Sitzen einen langen Pass zu Lucie hinüber. Diese schaffte es den Ball aus der Luft zu fischen, spürte aber die Gegenspielerin direkt hinter sich, weswegen sie den Pass schnell auf Feli abspielte, die auf Links Außen angerannt kam. Die Torhüterin schaffte es den freien Wurf zu parieren, doch Lucie schaffte es im Sprungduell sich den Ball zu sichern, sie hatte aber auch etwas Größenvorteil zu ihrer Gegenspielerin. Ohne zu zögern, zog sie weiter Richtung Tor, obwohl eine Gegenspielerin bereits an ihr dranghing, schaffte sie es doch noch irgendwie aufs Tor zu werfen. Mit etwas Glück kullerte der Ball ins Tor. Victoria sprang hinten in der eigenen Spielhälfte jubelnd auf und klatschte sich mit Jessi im Tor ab. 2:0 ein guter Start.

Magnus war gerade auf die Zuschauerränge gekommen, als die Links Außenspielerin verworfen hatte und Lucie sich nachdem sie den Abpraller gesichert hatte, mit purer Willenskraft hatte durchsetzen können. Ein Jubelschrei entfuhr dem Dänen. Das Spiel ging weiter, während er sich beeilte die Treppen nach unten zu laufen, weil er in den unteren Reihen noch freie Plätze sah. Er wollte sich gerade hinsetzen, als er jemanden seinen Namen rufen hörte. Verwirrt entdeckte er Steffen, der neben Filip zwei Reihen hinter ihm saß und eine Bewegung zu sich nach oben machte. Er spürte zwar dieses mulmige Gefühl im Bauch, entschied sich dann aber doch dafür, nochmal den Platz zu wechseln. Mit einem Handschlag begrüßte er seinen Mannschaftskollegen. "Schon wieder zurück aus Dänemark?", fragte dieser ihn überrascht. "Ja Niklas und ich sind heute morgen Extra früh los", begann Magnus zu erzählen, stoppte aber, weil die Torhüterin von Lucies Mannschaft den Wurfversuch vom Kreis erfolgreich pariert hatte und eine von Lucies Mitspielerinnen sich den Abpraller sichern konnte und das Spiel bereits wieder in die andere Richtung ging. Lucie spielte den Ball zu Victoria ab, die sich auf ihre unnachahmbare Art und Weise gegen die Hand durchsetzen konnte und obwohl sie noch einen Stoß beim Wurf mitbekam, den Ball im Tor unterbrachte. "2 Minuten", reklamierte Filip sofort und war aufgesprungen. Doch die Schiedsrichter zeigten lediglich die gelbe Karte. Eine wütende Handbewegung Richtung Schiedsrichter machend, wurde Filip von Steffen wieder zurück auf die Bank gezogen. "Das war ein Stoß in einer klaren Wurfsituation", beschwerte sich Filip weiter. "Ich weiß, aber du musst dich trotzdem im Griff haben", ermahnte Steffen belustigt den Kopf schüttelnd den Tschechen, bevor er sich Magnus wieder zuwand. "Ach ja", erinnerte sich der Däne wieder wo er stehengeblieben war in seiner Entscheidung. "Ich wollte versuchen rechtzeitig zum Spiel dazu sein, um sie zu überraschen", erklärte er seinem Teamkollegen. "Hat ja geklappt", meinte Steffen schmunzelnd, bevor er Magnus leise noch zuflüsterte, "Sie wird sich freuen." Automatisch bildete sich ein breites Grinsen auf den Lippen des Dänen.

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