192: Angst um Vic

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Lucie:

Blaulicht. Polizei, Feuerwehr, Rettungswagen. Fahrzeugteile quer über die Straße verteilt. Mittlerweile hatte sich um die Kreuzung herum ein langer Stau gebildet, während die Feuerwehrleute den Verkehr an der Unfallstelle vorbeileiteten. Ich war vermutlich lange nicht mehr so erleichert gewesen zu wissen, dass mein Vater auf dem Weg zu mir war. Mein Blick fiel auf das Auto von Steffen, in dessen Beifahrerseite noch immer der schwarze BMW des anderen Autofahrers verkeilt war. Meine Knie fühlte sich noch immer weich an. Ein eiskalter Schauer lief mir den Rücken hinunter. Noch immer vor Schock am ganzen Körper zitternd lief ich wieder zu Victoria zurück, die am Straßenrand neben der Unfallstelle saß. Erschöpft setzte ich mich zu ihr. "Und?", erkundigte sie sich. "Die beiden sind auf dem Weg. Papa hat eher besorgt, als wütend geklungen", berichtete ich ihr. Erneut schaute ich auf das vollkommen verbeulte Auto von Steffen. "Steffen bringt mich um. Ich hab Katie umgebracht", verzweifelt vergrub ich mein Gesicht hinter meinen Händen. Ich hatte die letzten Minuten echt Mühe gehabt nicht in Tränen auszubrechen, doch jetzt fiel es mir echt verdammt schwer die Tränen zurückzuhalten. Ich spürte Victorias Arm, der sich um mich legte. "Hej! Wir hatten verdammtes Glück, dass uns nichts passiert ist. Steffen wird heil froh sein, dass wir noch am Leben sind, wenn er das hier sieht", sprach Victoria auf mich ein. Sie hatte Recht! Wir hatten mehr als nur einen Schutzengel gehabt, dass wir nicht mal eine Schramme von dem Unfall davon getragen hatte. Das verbeulte Auto zeigte wie heftig der Aufprall gewesen war. Trotzdem wusste ich, wie sehr Steffen an seinem alten Auto hing, welches nun vermutlich für den Schrottplatz bestimmt war.

"Dir geht es wirklich gut?", wollte ich mich nochmal vergewissern, dass sie wirklich nichts abbekommen hatte und drehte mich zu ihr, damit ich sie auch eigenhändig nochmal unter die Lupe nehmen konnte. Sie wirkte etwas bleich, was aber vermutlich vom Schock kam. Vermutlich sah ich ebenfalls wie ein Gespenst aus. Sie nickte. "Entschuldigung! Fühlen Sie sich bereit mir einige Fragen zu beantworten?", unterbrach uns eine Stimme. Ich schaute nach oben und vor uns standen zwei junge Polizisten. Ich nickte. "Haben Sie sich bereits von den Rettungskräften durchchecken lassen?", erkundigte sich der Blonde. "Uns geht es abgesehen vom Schock gut", winkte Victoria sofort ab. "Wer von euch beiden ist gefahren?", fragte der andere. "Ich", antwortete ich mit gebrechlicher Stimme. War ich schuld am Unfall? Panik durchfuhr meinen Körper.

"Können Sie mir noch den Unfall aus ihrer Sicht schildern", forderte mich der Blonde von ihnen auf. Ich nickte. "Wir sind auf die Kreuzung zugefahren. Dann hat Victoria noch geschrien, ich hab im Augenwinkel das dunkle Auto gesehen und hab noch versucht zu bremsen, aber es war bereits zu spät", fasste ich das, woran ich mich noch erinnern konnte, zusammen. "Es war vermutlich gut, dass sie das Auto noch heruntergebremst haben. Das hat vermutlich etwas den Aufprall abgeschwächt", meinte der eine. "Der andere Fahrer?", erkundigte ich mich, ob es diesem soweit gut ging. "Der hat eine Platzwunde vom Aufprall auf den Airbag und eine leichte Verletzung am Arm davon getragen, aber ihm geht es auch den Umständen entsprechend gut", beantwortete der Blonde meine Frage und ich atmete hörbar auf. "Geschieht ihm Recht", hörte ich Vic neben mir sagen und ich schaute sie entsetzt an. Sie hatte echt Eier, so etwas im beisein von Polizisten von sich zu geben. "Was? Der Idiot hat einfach ein Stopschild überfahren", verteidigte Vic ihrer Aussage. "Auf wen ist das Auto zugelassen?", fragte der Blonde nun. Die beiden schienen die Aussage von Vic einfach mal zu ignorieren. Ich wand mich wieder den beiden zu. "Auf Steffen Weinhold", antwortete ich. Nun ging die Augenbraue des Blonden nach oben und er schaute uns beide nun etwas genauer an. "Dem Handballer vom THW Kiel?", fragte er nach, ob er sich gerade nicht verhört hatte. "Ja. Meinem Vater", antwortete Victoria. "Er ist bereits auf dem Weg hierher", fügte ich noch hinzu. "Gut. Ich denke, dass reicht vorerst. Wenn ihnen noch irgendwas einfällt oder sich im Nachhinein doch noch irgendwelche Schmerzen ergeben, die sich auf den Unfall zurückführen lassen, dann können Sie dies uns unter dieser Nummer noch mitteilen", meinte der Blonde und reichte mir seine Visitenkarte. Ich nickte dankbar, bevor die beiden sich wieder abwanden.

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