184: Pokalsieger

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Steffen:

Der Schlusspfiff ertönte. Was folgte war pure Freude. Wie kleine Kinder hüpften wir im Kreis. Pokalsieger! Es war ein verdammt geiles Gefühl. Rune überfiel mich von hinten, als ich gerade meinen Teamkollegen Richtung Fankurve folgen wollte, damit wir uns bei unseren Fans für ihre großartige Unterstützung bedanken konnten. Der Kieler schrie mir dabei fast das Ohr weg, während er wie ein Äffchen bei mir Huckeback aufgesprungen war. Lachend schüttelte ich den Kopf, bevor ich den Kieler wieder sicher auf dem Boden absetzte und ihn in eine innige Umarmung zog, bevor wir uns beide die Fäuste ballend unseren Fans zuwanden. Ich legte einen Arm um Rune, den anderen um Peke, der gerade neben uns getreten war. "Ich hab Gänsehaut", gestand Peke, der sonst immer behauptete, dass ihn so etwas nicht beeindrucken würde. "THW", hallten die Rufe unserer Fans durch die Arena. Und ich musste Peke Recht geben. Ich hatte an jeglicher Stelle meines Körpers Gänsehaut. Auch an Stellen, an denen ich gedacht hätte, dass man dort keine Gänsehaut haben kann. Es war Rune, der mir nun die Hand entgegenstreckte, um anzudeuten, dass wir nun mit unseren Fans feiern sollten. Grinsend ergriff ich die Hand eines meiner besten Freunde und mit der anderen ergriff ich die von Nici und wir stellten uns Hand in Hand in einer Reihe auf, bevor wir "Hej-Hej-Hej", rufend die Arme immer wieder nach oben reckten, während unsere Fankurve dies uns gleich tat.

Ich ließ die Hände der beiden wieder los, um in die Hände zu klatschen und meinen Dank an die Fans zu richten. Dabei überflog mein Blick die Gesichter in der Fankurve und kurz darauf schaffte ich es Lucie und Vic zu entdecken. Grinsend begann ich zu winken, woraufhin die beiden mir wie verrückt zurückwinken begannen. Lucie drehte sich zu ihrem kleinen Bruder, der direkt hinter ihr eine Reihe weiter oben saß um und zeigte in meine Richtung, woraufhin auch Matej mit einem breiten Grinsen auf den Lippen zu winken begann und ich ihm grinsend zurück winkte, während sich ein wärmendes Gefühl in meiner Brust breit machte. Es war ein so gutes Gefühl die drei auf den Zuschauerrängen sitzen zu wissen. Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Vor einem Jahr hätte ich vermutlich jedem dem Vogel gezeigt, der vorhergesagt hätte, dass meine leibliche Tochter in der Fankurve sitzen wird, während ich den Pokal in Hamburg gewinne. Erst jetzt wurde mir bewusst, was für ein Glück ich doch hatte, dass sie mir nochmal eine Chance gegeben hat, die ich eigentlich nicht verdient gehabt hätte. Am Ende schien sich ich dann doch die letzten Puzzleteile gefunden zu haben, um zu sagen, dass ich endlich angekommen bin.

Nacheinander umarmte ich jeden meiner Mitspieler. Ich verlor komplett den Überblick, wen ich bereits alles umarmt hatte. Wen noch nicht. Wen ich vielleicht bereits mehrfach umarmt hatte. Es fühlte sich an, als würde ich schweben. Fair klatschten wir uns mit den Magdeburger Spielern ab, die uns über den Weg liefen. So war Handball. 60 Minuten bekriegt man sich auf dem Spielfeld und danach schüttelt man sich gegenseitig fair die Hand und hat vielleicht mit dem ein oder anderen Spieler, den man aus der Natio kennt oder mit dem man mal einst zusammengespielt hat ein kurzes Pläuschen. Eins der Dinge, die ich schon immer so sehr an unserer Sportart geliebt habe. Auf einmal fiel mir auf, dass ich Filip seit dem Abpfiff irgendwie aus den Augen verloren hatte. Wie konnte das geschehen? Irgendwie mussten wir immer aneinander vorbeigelaufen sein. Suchend begann ich nach dem Tschechen Ausschau zu halten, was bei dem Getummel auf dem Spielfeld, weil gerade alles für die Siegerehrung vorbereitet wurde und das Hallenlicht bereits gedämmt wurde, gar nicht so einfach war.

Ich lief zu Rune, der gerade Niko, Sander und Magi zum Lachen gebracht hatte. "Hat jemand von euch Filip gesehen?", fragte ich mal in die Runde. "Ist dir dein Haustier abhanden gekommen?", scherzte Niko und fing sich dadurch sofort einen Schlag gegen die Schulter ein. "Du bist so blöd", brummte ich genervt die Augen rollend. "Der steht dahinten bei Mini im Interview", beantwortete Magi mir höflicherweise meine Frage. Dankbar lächelte ich dem Dänen zu. "Was meint ihr? Kann ich warten bis er mit dem Interview durch ist?", fragte ich erneut in die Runde. Keine Sekunde später kam es von allen vier synchron: "Nein!" "Ihr habt Recht", gestand ich bevor ich ihnen entschuldigend zunickte und mich mit großen Schritten auf den Weg machte Richtung Interview Pult, welches direkt vor der Magdeburger Fankurve aufgebaut war. Ich platze ja nur ungern in Interviews rein, weil ich generell nicht der Typ war, der gerne Aufsehen erregte oder gern im Mittelpunkt stand. Doch gerade war ich dermaßen auf Filip Entzug, dass ich jetzt einfach den Geschmack seiner Lippen auf meinen brauchte. Ich konnte auch keine Minute mehr warten. Es musste jetzt sein!

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