Kapitel 116 - Der vernichtende Schlag 1

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Als Moritz in der zweiten Klasse war und Annika den Kindergarten rockte, bekam Felix an einem eiskalten Wintertag Nasenbluten.
Maja erschrak fürchterlich, doch er beruhigte sie. „Das ist die trockene Kälte! Da ist nur ein Äderchen geplatzt."

Sie stillten die Blutung schnell mit kalten Umschlägen.

Eine Woche später ging es wieder los, und dann blutete er fast täglich. Er fühlte sich auch ziemlich schlapp. „Ich habe mir wahrscheinlich eine Grippe eingefangen!" vermutete er und blieb einen Tag im Bett, etwas, das er noch nie gemacht hatte, außer mit Maja im Arm.
Aber da hatte er sich um Welten besser gefühlt als heute! dachte er.
Als Maja nach ihm sah, erschrak sie bis aufs Mark. Das Kopfkissen war blutgetränkt, er selbst kaum ansprechbar.
Panisch rief sie Tim an. „Ich schicke euch einen Sanka! Er muss in die Klinik!" Er war entsetzt.

Maja versuchte, Felix frisch anzuziehen, wusch ihm das Gesicht, steckte ihm Tampons in die Nase, rief Saskia an, bat sie, sich um ihre Kinder zu kümmern.

Tobias half ihr, Felix ein frisches Hemd anzuziehen.

Der Sanka kam schnell, routiniert luden die Sanitäter Felix auf die Trage. Er bekam kaum etwas mit, öffnete nur einmal kurz die Augen, flüsterte: „Bienchen!" und driftete wieder weg.

Tim ließ alles liegen und stehen, raste zum Klinikum, sprach aufgeregt mit den Ärzten der Notfallstation. So war alles bereit, als der Krankentransport eintraf.
Blutkonserven, Infusionen mit Medikamenten wurden angeschlossen, Felix wurde auf die Intensivstation gebracht.

Bald stabilisierte sich sein Zustand, er kam zu sich, sah sich verwundert um. „Wohin hast du mich denn verschleppt, Bienchen?" fragte er, war schon fast wieder der Alte.
„Halt die Klappe, Steiner! Du wärst beinah Hops gegangen!"

„Quatsch! Hops gegangen! Wegen Nasenbluten!" wehrte er ab.

Da kamen zwei Pfleger herein. „Herr Dr. Steiner? Wir bringen Sie zu ein paar Untersuchungen!" sagten sie freundlich.
Hatte Maja sich geirrt, oder hatten die jungen Männer sie beide mitleidig angesehen?
Felix verdrehte die Augen. „Jetzt macht doch keinen solchen Aufstand wegen einer Grippe!"

„Wir müssen nur ein paar Werte abklären!" sagte der ältere der beiden. „Sie warten bitte hier, Frau Steiner. Ein Arzt wird Ihnen alles genau erklären!"

Draußen auf dem Gang sah sie Tim sitzen. Er hatte das Gesicht in den Händen vergraben, blickte hoch, als sie sich neben ihn setzte. Sie sah, dass ihm Tränen übers Gesicht liefen.

Ihr Herz gefror, ihr Körper erstarrte, ihr Gehirn versagte augenblicklich.
„Was ist los?" fragte sie leise.

„Wir müssen die Untersuchungen abwarten!" wehrte er ab, wischte sich die Augen trocken.

„Was ist los?" wiederholte sie nur.

Tim wich ihrem Blick aus. „Das sieht..... das sieht verdammt nach Leukämie aus!" flüsterte er.

„Nein! Nein!" stammelte Maja. „Niemals! Nicht mein Felix! Niemals!" schrie sie wie von Sinnen. „Mein Felix hat niemals Leukämie! Nein! Nein! Nein!"

Tim nahm sie in den Arm, versuchte sie zu beruhigen. Aber sie wehrte sich, tobte wie ein verwundetes Tier, das sie im Moment ja auch war.

Ein Arzt kam angelaufen, wollte ihr eine Beruhigungsspritze geben.
„Wagen Sie es nicht, mich anzufassen! Untersuchen Sie meinen Mann, sagen Sie mir, dass er eine Grippe hat, und dann geben Sie ihn mir mit nach Hause!"
Die letzten Worte flüsterte sie nur noch.

Zwei Stunden später kam der Arzt zurück, bat Maja mitzukommen. Im Sprechzimmer saß Felix, sah wieder etwas besser aus, strahlte seine Süße an, die aus irgendwelchen Gründen rotgeweinte Augen hatte. 

Der Hass wird nicht siegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt