"Würdest du bitte aufhören auf meinem Rücken herum zu zappeln wie ein Kaninchen auf der Flucht?!" ereiferte sich Anarie über das Verhalten ihrer Reiterin. Ismira war in der Tat aufgeregt und räckte und streckte sich im Sattel ihrer Drachendame um ihr Heimatdorf Carvahall möglichst früh zu erspähen. Es hatte die junge Frau sehr gefreut, als Arya und Eragon verkündet hatten, dass sie bevor sie in den Osten aufbrechen würden einige Tage in Palancartal verbringen würden.
Zwar hatte der Unterricht Ismira immer abgelenkt aber in den ruhigen Stunden war jedoch bewusst geworden wie sehr ihr ihre Familie fehlte. Noch nie war sie so lange von ihren Lieben getrennt gewesen.
- "Entschuldige meine Süße." -
Es kostete die junge Reiterin ein beträchtliches Maß an Anstrengungen ihre Beobachtungsversuche einzustellen und sich ruhig auf den Sattel ihrer Drachendame zu setzen.
"Ich freue mich nur auf zuhause. Ich will dich Mutter und Vater vorstellen und natürlich meinen Brüdern."
"Ich werde deinen Brutclan bestimmt mögen und sie mich auch aber wäre es nicht peinlich, wenn wir mit einer Bruchlandung bei ihnen eintreffen würden weil du mich durch dein Gezappel aus dem Gleichgewicht bringst?"
dieses Argument ihrer Drachendame überzeugte Ismira schließlich völlig. Die Vorstellung wie ihre Brüder sich vor Lachen schütteln würden wenn die frischgebackene, stolze Drachenreiterin des Palancartals ihrer Ankunft mit einer Bruchlandung krönen würde war alles andere als erfreulich.
Der Donner, der sich nun dem Palancar Tal näherte bestand aus fünf Drachen. Saphira und Fírnen führten die Formation an. Flankiert wurden sie von ihren Enkeln Tailon und Anarie. Das Schlusslicht bildete Hidalgo. Der wilde Drache hatte sich entschlossen nicht mit nach Ilirea zu fliegen sondern bei seinen Kindern zu bleiben und ihrer Ausbildung zu unterstützen. In den letzten zwei Tagen hatte die Reisegruppe den Elfenwald erneut überquert, war auf der Höhe von Ceunon nach Süden abgedreht und näherte sich nun aus nördlicher Richtung Carvahall.
- "Hier bist du also aufgewachsen." - brummte Anarie und betrachtete das dicht bewaldete Gebiet unter sich. Ismira spürte, wie leichter Appetit in ihrer Drachendame aufkam als sie ein Reh erspähte, welches bis vor kurzem noch auf einer Wiese seinen Hunger gestillt hatte und nun panisch vor den Drachen ins Unterholz floh. - "Gefällt mir hier." -
- "Du meinst deinem Magen gefällt es hier." -
- "Meinst du deine Eltern würden sehr böse auf mich sein bin ich dich ein bisschen aus meinem Sattel plumpsen lasse?" - erkundigte sich die violette Drachendame drohend.
- "Dafür hast du mich viel zu lieb meine Süße." -
Anarie schnaubte ertappt und murrte: "- Lass es nicht auf einen Versuch ankommen Rotschopf. Aber es wäre wohl sowieso ein wenig zu spät. Wir sind nämlich da." -
Aufgeregt folgte Ismira den Blick ihrer Drachendame und ihr Herz machte einen Hüpfer. Tatsächlich erblickte sie das Landgut ihres Vaters auf dem sie aufgewachsen war und in einiger Entfernung die Burg des Dorfes.
..... Ich bin zuhause...... Fuhr es der jungen Frau durch den Sinn. Ihr ohnehin schon rasender Puls beschleunigte sich noch als sie einige menschliche Gestalten auf einer Wiese hinter dem Herrnhaus ihrer Eltern erspähte. Sofort erkannte sie ihrer Mutter, da ihre Haare genauso kupfernd strahlten wieihre eigenen. Der Mann neben ihr muss ihr Vater sein und vor den beiden sprangen zwei kleine Jungs auf und ab und winkten den ankommenden Drachenreitern mit beiden Armen zu. Zweifellos Cadoc und Garrow.
Ismiras Aufregung stieg nun mit jedem Flügelschlag. Saphira wies ihre Enkel an ihren Flug etwas zu beschleunigen. Die beiden jungen Drachen sollten möglichst nah am Herrenhaus landen während sich ihre weit größeren Verwandten etwas zurück hielten um den Platz auf der Lichtung voll auszunutzen.
Zum ersten Mal konnte Ismira es kaum abwarten bis die Krallen ihrer Drachendame die Wiese berührten. Endlich war die Landung vollzogen und die junge Reiterin rutschte aus dem Sattel. Zeit sich umzusehen hatte sie allerdings nicht. Kaum berührten ihre Stiefel den Boden erklang ein zweistimmiges "MIRIE!!!"
Cadoc und Garrow stürmten auf ihre Schwester zu, sprangen ihr praktisch in die Arme und rissen sie sofort zu Boden. Das Knäuel aus Armen und Beinen landete unter Anarie im Gras. Skeptisch beäugte die junge Drachendame ihre Reiterin und die beiden kleinen Jungen, die lachend unter ihr durchs Gras rollten. Dabei hatte sie ihr mächtiges Haupt zwischen den Vorderbeine gesteckt.
- "Brauchst du Hilfe Rotschopf?"- erkundigte sich die Drachin unsicher.
- "Nein!" - lachte Ismira und richtete sich, immer noch unter dem Bauch ihrer Drachendame sitzend auf. Den rechten und linken Arm hatte sie jeweils um einen ihrer Brüder gelegt.
"Anarie, darf ich vorstellen das sind Garrow und Cadoc. Meine beiden Brüder."
Anarie schob ihren Kopf noch etwas weiter zwischen ihren Vorderbeinen hindurch und sog den Duft der ihr unbekannten Menschen ein.
- "Sag ihnen bitte, dass ich mich freue sie kennen zu lernen aber sie sollen dich doch bitte nicht kaputt machen." -
Noch bevor Ismira dem Wunsch ihrer Drachendame nachkommen konnte ertönte eine sanfte Frauenstimme: "Bekomme ich jetzt auch endlich eine Umrahmung?"
Ismira sah sich um und entdeckte ihre Mutter Katrina. Die Gräfin war in respektvoller Entfernung zu der violetten Drachendame stehen geblieben und bedachte, aus feuchte meinen Augen, ihre heimgekehrte Tochter mit einem liebevollen Blick. Auch Ismira spürte wie ihr Tränen in die Augen schossen, löste sich von ihren Brüdern, krabbelte unter ihrem Drachen hervor und umarmte ihre Mutter stürmisch. Als auch ihr Vater in Reichweite trat zog sie Roran direkt mit in die Umarmung. So fest sie konnte drückte die junge Frau ihre Eltern an sich und es dauerte wenigstens einige Minuten bis sich die Familie wieder voneinander löste.
"Da hat Eragon wirklich mal eine gute Idee gehabt als er sich entschlossen hat uns vor seiner Rückkehr in den Osten noch einmal zu besuchen." sagte Roran dem man ebenfalls deutlich die Rührung ansah.
Ismira war noch nicht wieder im Stande etwas zu sagen und nickte deshalb einfach nur begeistert.
- "Rotschopf!" - Anaries irritierte Stimme riss ihre Reiterin aus dem betreuenden Mantel von Glücksgefühlen in den sie eingehüllt gewesen war. - "Könntest Du mir bitte helfen." -
Ein leichtes Kichern konnte Ismira nicht unterdrücken als sie sich zu ihrer Drachendame umsah und erkannte was ihre Brüder trieben. Sowohl Garrow als auch Cadoc waren offenbar völlig angstfrei. Der eine der beiden Zwillinge Koch immer noch unter Anarie herum und war offenbar entschlossen jeder einzelne Schuppe zu inspizieren. Der andere verfolgte Anaries Schwanzspitze die nervös wie eine riesige Schlange durchs Gras glitt.
"Nun kommt mal her ihr beiden." rief Katrina ihren Söhnen zu. "Dieser junge Drache ist schließlich genauso unser Gast wie seine Begleiter und so verhält man sich nicht gegenüber einem Gast."
"Ich darf also annehmen, dass ich mich hier der Drachendame gegenüber sehe, die dich als Reiterin ausgewählt hat Ismira-Schatz?" erkundigte sich Roran.
Die junge Drachenreiterin nickte stolz und führte ihre Familie zu einem Punkt wo sie Anarie direkt gegenüberstanden.
"Mutter, Vater, Garrow und Cadoc darf ich vorstellen, dass ist Anarie die Sternenjägerin." erklärte Ismira liebevoll. "Anarie, dass ist meine Familie. Ich meine, der Teil, den du noch nicht kennst."
"Es freut uns sehr dich kennen zu lernen Anarie." sagte Roran und vollführte eine elegante Verbeugung.
"Prima, dass Du nicht rosa bis."krähten Cadoc und Garrow wie aus einem Mund.
Anarie schüttelt sie ihren Kopf, das ihre Schuppen raschelten. Diesen Kommentar konnte sie offenbar nicht ganz einordnen.
Katrina lächelte nur milde ob der Unverblümtheit ihrer Söhne und richtete dann das Wort an die Drachendame ihrer Tochter: "Es freut mich sehr, dass Ismira dich uns vorgestellt hat Anarie. Wenn meine Tochter jetzt ein Teil von dir ist sind wir auch zum Teil deine Familie und dieses Tal wird immer ein Stück weit Heimat für dich sein. Nun kann ich meinen Schatz sehr viel ruhigeren Herzens wieder ziehen lassen wenn die Zeit gekommen ist. Ich kenne ja nun die schöne und starke Drachendame die immer auf sie aufpassen wird.
Diese Worte schienen Anarie sehr zu gefallen mutmaßte Ismira. Ihre Drachendame begann behaglich zu Summen und zwinkerte zutraulich mit den Augen.
- "Ich mag deinen Clan Rotschopf." - Sagte sie schließlich. - "Besonders deine Mutter. Sag ihr bitte, dass ich ihr sehr dankbar bin für ihre Worte und ich ihr verspreche wirklich immer gut auf dich aufzupassen." -
Einen Augenblick lang war Ismira in der Versuchung, Anarie daran zu erinnern, dass sie vor einigen Minuten noch gedroht hatte ihre Reiterin aus dem Sattel plumpsen zu lassen. Doch die junge Reiterin spürte wie ernst die Worte ihrer Drachendame waren und übermittelte sie deshalb genau wie gesagt.
"Ist in dieser glücklichen Runde der noch Platz für uns?"
Eragons Stimme wehte zu Ismira und ihren Eltern herüber. Seite an Seite mit seiner Gefährtin schritt der jungen Anführer der Drachenreiter auf seinen Bruder im Herzen und dessen Frau zu. Ihnen folgte, schüchtern wie üblich, Cale mit Tailon im Schlepptau.
Roran und Eragon begrüßten sich herzlich während Katrina kaum noch Zeit fand ihre angenommene Schwester zu begrüßen. Viel zu sehr war die junge Gräfin bereits in der Bewunderung der kleinen Marlena versunken die, ihre Rassel schwingend, auf dem Arm ihrer Mutter hockte.
Auch Cale und sein Drache wurden herzlich willkommen geheißen und strengstens wurde den beiden verboten Roran oder Katrina mit Graf oder Gräfin anzusprechen. Ismira kicherte in sich hinein. Sich an dieses Gebot zu halten würde Cale sicherlich schwer fallen.
Inzwischen war Katrina die Ehre zuteil geworden Marlena auf den Arm nehmen zu dürfen und spielerisch rieb sie ihre Nase an die des kleinen Mädchens. Das veranlasste Marlena wiederum aufgeregt und fröhlich zu kichern.
"Da fällt mir ein, dass wir noch einen Gast haben." sagte Katrina zu ihrer Tochter und grinste verschwörerisch.
Offenbar hatte eben jener unbekannte Gast nur auf diese Worte der Gräfin gewartet. Die Hintertür des Herrenhauses öffnete sich und eine junge, blonde Frau trat ins Freie. Sie trug ein hellgrünes Kleid, welches mit einfachen aber schönen Stickereien verziert war.
"Hope!" begeisterte sich Ismira als sie ihre Jugendfreundin erkannte. Lachend umarmten sich die beiden jungen Frauen.
"Als ich hörte, dass dein Traum, Drachenreiterin zu werden, in Erfüllung gegangen ist und Du die Heimat besuchen würdest hab ich meinem Mann gesagt, dass ich unbedingt nach Carvahall reisen müsste."
Lächelnd erklärte Horst und Elains Tochter ihre Anwesenheit bei Ismiras Familie. Anschließend hob sie mit einem verschwörerischen Grinsen auf dem Gesicht die rechte Faust auf Brusthöhe. Ismira wusste sofort was zu tun war. Sie beide ebenfalls die rechte Hand zur Faust und legte sie frontal gegen die von Hope. Dann entfernten die beiden Freundinnen ihre Hände etwas voneinander, spreizten beide die kleinen Finger ab und verhakt sie miteinander. Nachdem sie diesen geheimen Händedruck aus Kindertagen absolviert hatten mussten beide erneut lachen und fielen sich in die Arme.
"Mädchen." stöhnte Cadoc.
"Die sind einfach ein bisschen komisch." gab Garrow seinem Zwillingsbruder recht.
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Eragon Band 6 - Die Wege der Reiter
FanfictionDas ist die Fortsetzung zu Eragon Band 5 - Jedes Ende ist ein Anfang. Wer Band 5 nicht kennt, sollte es erst lesen, um Band 6 zu verstehen. Ich sage es hier nochmal, dass mir die Geschichte nicht gehört. Ich habe sie nur auf...