Auf Tailons Rücken umrundete Cale ein letztes Mal den Kristallbaum im Zentrum der Festung Mon'raner bis der Jungdrache zielstrebig zur Landung in der Wohnhöhle ansetzte die er für sich und seine Reiter gewählt hatte.
Kaum berührten die Krallen des roten Drachen den Boden als Cale bereits neugierig vom Rücken seines Seelenpartners glitt.
"Die Quartiere für junge Drachen wie mich liegen recht weit oben in der Kuppel. Die größeren Quartiere sind für die älteren Drachen und liegen weiter unten."
Anerkennend blickte Cale sich um. Das Quartier war wesentlich geräumiger als er sich vorgestellt hatte. Der junge Reiter stand in einem nahezu achteckigen Raum. Direkt gegenüber dem Eingang, durch den er gerade gekommen war, befand sich eine weitere Öffnung die ins Freie führte. Der Raum selbst war im selben hellen Sandton gehalten wie der Rest der Festungsanlage."Beeindruckend dass die Kuppel hält." Murmelte der junge Buchbindersohn. "Ich meine um so einen Raum unterzubringen muss die Kuppel doch sehr dick sein. Da Lastet einiges an Gewicht auf der Struktur." -
- "Die Kuppel besteht nicht aus massivem Gestein." - erklärte Tailon, während er sich auf sein Schlafpodest zurückzog und sich genüsslich streckte. Aus dem Geist des Jungdrachen flossen einige Bilder in den Geist seines Reiters. Sie zeigten ihm die Kuppel während sie noch errichtet wurde und Cale erkannte, dass hier praktisch zwei Gewölbestrukturen konstruiert worden waren. Eine große Kuppel nach außen hin und eine kleinere nach innen. Der Zwischenraum war mit einer Struktur aus Metallträgern gesichert die sich gegenseitig stützten und von den Elfen mit einem Zauber versehen worden war der dem Metall zusätzliche Härte gab. Durch diese Konstruktionsweise, die an die Knochenstrukturen eines Vogels erinnerte wurde einiges an Gewicht eingespart.
- "Woher weißt du von der Konstruktion dieser Kuppel?" -
- "Miemel und Ophelia haben ihrer Erinnerung mit mir geteilt." - antwortete Tailon seinem Reiter. - "Sie waren dabei als diese Festung errichtet wurde und haben sogar etwas geholfen. Die Spitzohren wollten das nicht. Sie meinten Drachen, und besonders wilde Drachen wären doch keine Arbeitstiere. Da haben sie zwar recht aber wenn wir helfen wollen dann tun wir das und fragen niemanden um Erlaubnis." -
Cale lächelte seinem Drachen stolz zu, nahm seine Satteltaschen vom Rücken seines Gefährten und begann sich in seinem Zimmer umzusehen. Zwei große achteckige Einflugöffnungen bildeten den einzigen Zugang zu diesem Quartier. Offenbar waren die Wohnungen der Drachenreiter so ausgestattet, dass die zweibeinigen Bewohnern sie nur mithilfe ihrer Seelenpartner betreten konnten. Der eine Eingang führte in die in die Halle des Kristallbaums aus dem Cale eben gekommen war, der andere führte nach draußen. An beiden Öffnungen erkannte Cale, dass sie sich mit Vorhängen aus einem speziellen Elfenstoff verschließen ließen und man sich so vor neugierigen Blicken und den Elementen abschirmen konnte. Links vom Eingang der in die Festung hinunter führte war Tailons Schlafpodest und direkt neben diesem Podest stand ein breites Bett welches Offenbacher Cale gedacht war. Neben dem Bett war zum einen ein kleines Nachtschränkchen und zum anderen ein Kleiderschrank aufgestellt in dem Cale eilig seine wenigen Habseligkeiten verstaute. Seine Kleider hat er erst beim Aufbruch gewechselt und so musste er sich nicht lange umziehen.
Dem jungen Mann entging keineswegs, dass auf dem Nachtschränkchen, neben seinem Bett, nicht nur eine magische Lampe stand sondern auch eine Weckkugel bereit lag. Beim Gedanken an das frühe aufstehen am nächsten Morgen verzog der Buchbindersohn bereits den Mund.
An der Wand gegenüber den Schlafstätten für Drache und Reiter war zum einen ein Schreibtisch aufgestellt und zum anderen eine Schiebetür in die Wand eingelassen.
- "Was ist hinter der Tür?" - erkundigte sich Cale bei Tailon.
Der junge Drache war in einem angenehmen Dämmertschlaf gesunken und brummte nur unwirsch. Cale interpretierte das als ein "sieh doch selbst nach".
Als der junge Drachenreiter die Schiebetür öffnete wurde ihm klar, warum dieser Raum nicht unbedingt das Interesse seines Seelenpartners weckte. Das kleine Badezimmer war eindeutig nur für den Reiter bestimmt. Links vom Eingang war eine steinerne Badewanne in den Raum eingelassen, eine Toilette war ebenfalls vorhanden sowie ein Waschbecken.
Da Cale sich nicht erleichtern musste und auch kein Bedürfnis nach einem Bad verspürte verließ er das kleine Zimmer wieder und schloss die Tür. Er trat an die Einflugöffnung dich hinaus in die Ostmark führte und stieß einen leisen Pfiff aus.
- "Du hast Geschmack wenn es um einen guten Ausblick geht mein Großer." - lobte der junge Reiter seinen Drachen. Tailon hatte ihr gemeinsames Quartier so gewählt, dass es an der Rückseite der Festung lag. Zwar war es zu hoch in der Kuppel untergebracht als dass man in den Innenhof Einblick nehmen konnte wo, laut dem Zwerg Burod der Großteil des Trainings der Reiter stattfand, aber man hatte einen fantastischen Ausblick über den riesigen See der den Graben der Festung speiste. Am Horizont konnte Cale die Felseninsel ausmachen auf der, laut Meister Eragon, der Ältestenrat der Reiter seinen Sitz hatte.
Heiße Aufregung kochte in Cale als er sah wie sich ein riesiger Drache von der Insel erhob. Die Schuppenfarbe konnte der junge Buchbindersohn nicht genau ausmachen doch als die Sonne das mächtige Wesen traf funkelten alle Farben des Regenbogens auf. Cale wünschte sich, dass er eines von jenen Geräten besitzen würde, welches die Gelehrten Ferngläser nannten. Mit Sicherheit konnte man von diesem Punkt aus die unterschiedlichsten wilden Drachen beobachten.
- "Vielleicht kannst Du ein solches Fernglas ja in Esterní irgendwo kaufen." - schlug Tailon von seinem Podest aus vor. Offenbar war er den Gedankengängen seines Reiters gefolgt.
- "Selbst wenn sie die dort verkaufe mein Großer, diese Geräte sind sehr teuer. Ich glaube nicht, dass sich genug Geld besitze." -
Cale setzte sich neben seinen Drachen auf dem Podest und kraulte seine Stirn. Tailon genoss die Zuwendung mit einem dankbaren Summen.
- "Ich glaube nicht, dass die Zweibeiner hier Handel mit Geld betreiben." - ließ der rote Drache sich erneut vernehmen.
- "Wieso nicht?" -
- "Es sind zu viele unterschiedliche Völker. Ich verstehe zwar nichts von dem was ihr Zweibeiner Währung nennt aber ich weiß, dass zum Beispiel die Elfen überhaupt kein Geld haben. Und die Urgals betreiben Tauschhandel mit Waren. Vom kleinen Münzen halten sie nichts." -
- "Da hast du recht Großer. Vielleicht sollten wir mit unserer Erkundung in der Stadt beginnen. Es würde mich interessieren wie die Siedlungen von Zwergen und Urgals aussehen und dort erfahren wir am ehesten, wie hier alles organisiert ist." -
- "Ich werde es Anarie vorschlagen." -
Der junge rote Drache hob seinen Kopf und richtete seinen Blick etwa in die Richtung wo seine Schwester Quartier bezogen hatte. Wenige Sekunden später kicherte Tailon trocken.
- "Deine Herzdame Ismira ist natürlich anderer Meinung. Sie möchte am liebsten sofort zu den wilden Drachen ." -
Cale schmunzelte und verdreht die Augen.
- "Warum überrascht mich das so gar nicht." - lachte der junge Reiter.
- "Ich glaube ich weiß wie wir meine Schwester auf unsere Seite ziehen können. Dann sollte es uns auch gelingen deinen Herzstern zu überzeugen." -
Wieder wanderte Tailons Blick kurz ins Leere und schließlich verzog der junge Drache sein Gesicht zu einem breiten Grinsen.
- "Geschafft. Deine Liebste ist einverstanden, dass wir zuerst die Stadt erkunden und heute Nachmittag einen Abstecher ins Revier der Wilden machen." -
Zufrieden erhob sich der junge rote Drache von seinem Podest und ließ seinen Reiter aufsteigen.
- "Du musst mir unbedingt verraten wie Du es geschafft hast Ismira zu überzeugen." -
- "Ich sagte doch, durch die Unterstützung meiner Schwester ist mir das gelungen." -
- "Dann verrat mir wie es dir gelungen ist Anarie zu überzeugen. Normalerweise bilden sie und Ismira doch eine Front gegen uns." -
Tailon streckte seine wichtigsten Muskeln und schritt, nun der Cale die Beinriemen festgezogen hatte, auf die Einflugöffnung zu.
- "Ach Kleiner, Frauen sind eigentlich gar nicht so kompliziert. Man muss sie nur zu nehmen wissen." -
- "Und du bist ein Meister dieser Kunst weiser Sculblaka?" -
Tailon stieß ein Geräusch aus, dass einem pikierten Hüsteln glich.
- "Ich kenne die eine oder andere Methode. Im Falle meiner Schwester habe ich nur darauf hingewiesen, dass wir bisher nur Zeit mit wilden Drachen verbracht haben die zu unserer Familie gehören und daher recht nachsichtig mit und sind. Ich habe er einfach nur vorgeschlagen, dass wir uns bei unseren Großeltern erst ein paar Ratschläge holen damit sich die Enkelin von Saphira Schimmerschuppe ihres Bluterbes als würdig erweist." -
Mit diesen Worten schwang sich der junge Rote in den Himmel und entdeckte in einiger Entfernung bereits seine Schwester und ihrer Reiterin. Zielstrebig flog er auf sie zu.
- "Und du bist gar nicht besorgt, dass der Enkel von Fírnen Smaradfeuer sich vielleicht blamieren könnte und bist deshalb von der Möglichkeit, dir einige Ratschläge bei denen Großeltern zu holen eher gelangweilt?" -
- "Ich verbringe gerne Zeit mit meinen Großeltern." - antwortete Tailon etwas zu schnell. Auch entgegen Cale keinesfalls der leicht nervöse Unterton in der Stimme seines Drachen.
- "Natürlich." - neckte der junge Reiter seinen Gefährten. - "Warum sollte es auch ein stolzer junger Drache wie du nötig haben sich Ratschläge zu holen. -"
- "Jetzt willst du mich ärgern." - maulte Tailon.
- "Nur ein ganz kleines bisschen Großer." -
Gemeinsam mit seinen Worten übermittelte Cale seinem Drachen ein Gefühl von unerschütterlicher Zuversicht, dass die Wilden ihre neuen Artgenossen willkommen heißen würden. Ein sanftes Brummen verkündete, dass Tailon versöhnt war.
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Eragon Band 6 - Die Wege der Reiter
FanfictionDas ist die Fortsetzung zu Eragon Band 5 - Jedes Ende ist ein Anfang. Wer Band 5 nicht kennt, sollte es erst lesen, um Band 6 zu verstehen. Ich sage es hier nochmal, dass mir die Geschichte nicht gehört. Ich habe sie nur auf...