84. Wegweisende Entscheidungen

1.6K 75 9
                                    

Missmutig starrte Tjurin in sein Lagerfeuer. Die Sonne war inzwischen untergegangen und am Horizont kündigten die Lichter von Ilirea von der nahen Hauptstadt. Der junge Adelige wusste selbst nicht warum er sich entschlossen hatte seine Reise noch um einige Stunden zu verlängern und eine letzte Nacht in der Wildnis zu verbringen. Eigentlich hatte er genug vom Lagerleben und wäre da nicht der ärgerliche Disput mit Trianna, er hätte sich auf sein Bett gefreut.
Doch die Ankündigung der Magierin ihn nicht weiter zu unterrichten hatte ihm die Vorfreude auf so ziemlich alles verdorben. Im Grunde war seine Entscheidung die Nacht außerhalb der Hauptstadt zu verbringen eine Reaktion auf diese unerfreuliche Entwicklung. Es verschaffte Tjurin ein gewisses Gefühl von Kontrolle. Es ließ ihn glauben, dass er nach wie vor sein Schicksal bestimmte und nicht Vorgesetzte oder eine selbstgefällige Hexe!
Dennoch kam Tjurin nicht umhin sich einzugestehen, dass seine Entscheidung im Grunde eine kindische Trotzreaktion war. Was brachte es ihm schon, dass er hier draußen auf der Ebene hockte und die Nachtfalter zählte, die um sein Lagerfeuer schwirrten. Die dummen Tiere wurden vom Schein der Flamme angezogen und umkreisen die kleine Feuerstelle mit ihren flatternden Flügelschlägen.
Tjurin konnte nicht verstehen warum sich Trianna so aufregt. Niemand verdächtigte ihn! Im Gegenteil, durch seine Bereitschaft die Gefallenen des Bataillons zu begraben schien er sogar einiges an Respekt gewonnen zu haben. Warum sollte man ihn sonst zu den Meldereitern befördern? Gut, was mit diesem Ra zac geschehen war stellte eine unerfreuliche Entwicklung dar aber schließlich hatten sich die Drachenreiter der Sache angenommen und sicher würden die Dinge bald bereinigt sein.
Außerdem was sollte dieses Gewäsch von Trianna er würde die Magie nicht schätzen? Nur ein Werkzeug in ihr sehen? Was war die Magie denn anderes? Sie war ein Werkzeug.
Ein Werkzeug mit dem er endlich die Macht gehabt hatte sich die Welt so zu formen wie er, Tjurin, es sich wünschte.
Schon immer hat die Tjurin sich für die Magie interessiert aber seit sein Vater ihm offenbart hatte, was für eine Schande sein Großvater darstellte, war der Wunsch magische Fähigkeiten zu erwerben für den Sohn des Herzogs ins unermessliche gewachsen. Der Gedanke daran, dass ein Vorfahre nichts weiter als ein Schweinehirt gewesen war verursachte bei Tjurin immer noch Übelkeit. Er, Tjurin, war ein höheres Wesen, solange er sich zurückerinnern konnte! Diener hatte er gehabt, Männer hatten sich vor ihm verbeugt und jeder hatte ihm Respekt gezollt. Bereits als Kind hatte Tjurin den Grund begriffen: Er war etwas höheres!
Sollte sein Vater, und andere Adelige es ruhig ihre Pflicht halten sich beim Pöbel anzubiedern, er fand viel mehr Gefallen daran seinen Status zu genießen. Sich einer Stellung, die man von Geburt an inne hatte, die einem ins Blut geschrieben war, musste man sich nicht würdig erweisen! Es trotzdem zu tun war nichts weiter als ein Zeichen von Schwäche!
Die Enthüllungen über seinen Großvater hatte Tjurin einen Teil dieser Sicherheit, mit der er sich in der Welt bewegte, genommen. Was ihm sein Vater enthüllt hatte fühlte sich wie ein Schmutzfleck auf seiner Seele an. Etwas, das ihn auf das Niveau des Pöbels herunter zog und dem Sport, den beispielsweise diese unwürdige Gräfin des Palancartals über ihn ausschüttete, Rechtfertigung gab.
Als er damit begonnen hatte die Geisterbeschwörung zu erlernen hatte jedes Quäntchen an neu erworbenen Wissen einen Teil dieses Schmutzflecks auf seiner Seele fort gewaschen. War er nicht einem Gott immer ähnlicher geworden? 20 Männer hat er auf einen Streich töten können und diesen Priester.....! Ein Loch so groß wie eine Faust hatte er ihm in die Brust gebrannt!
Es durfte nicht einfach vorbei sein! Tjurin wollte mehr! Mehr Macht! Was er damit anzufangen gedachte wusste er nicht es ging allein darum sie zu besitzen! Und er würde sie besitzen! Während die Flammen vor ihm tanzten fasste der Sohn des Herzogs einen Entschluss: Er würde es nicht akzeptieren, dass Trianna ihm weiteres Wissen vorenthalten wollte. Er würde einen Weg finden mehr zu erfahren. Er würde sein Wissen über die Geisterbeschwörung erweitern egal wie. Dafür war ihm kein Preis zu hoch!
Ein scharfer Luftzug heulte über die Ebene, brachte das Feuer weiter an und ließ es kräftiger denn je aufflackern. Einige der Motten, die um die Flamme herumtanzten zahlten nun den Preis für ihre Neugier. Die vom Wind angestachelten Flammen erfassten einige der Insekten und verbanden ihre winzigen Körper.
Tjurin musste bei dem Anblick grinsen. Geschah den dämlichen Vichern ganz recht. Sie waren so dumm! Ließen sich von etwas anlocken, was sie letztlich zerstörte.

Eragon Band 6 - Die Wege der ReiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt