120. Das Vernächtnis des Drachenkrieges Teil 3

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Mit gezielten Schritten näherte sich Eragon dem Quartier, dass man ihm und Arya in Ellesméra zugewiesen hatte. Wie schon bei ihrem letzten Besuch bewohnten die beiden ältesten Drachenreiter des Landes das Haus, welches aus einer der alten Fichten des Elfenwaldes gesungen war und am Rand der kleinen Senke lag wo die beiden ältesten und mächtigsten Drachen Alagaesias residierten.
Der Anführer der Reiter hatte es doch für seine Pflicht gehalten noch eine kurze Unterhaltung mit Ismira zu führen. Zwar hatte er sie nach Gleadrs Unterstützung nicht mehr wirklich tadeln können doch er hatte seine Nichte nachdrücklich darauf hingewiesen dass es in Gegenwart von hochgestellten Persönlichkeiten, wie zum Beispiel des Herrscherpaares von Du  Weldenvarden, die Pflicht einer Drachenreiterin sei auf ihrer Ausdrucksweise zu achten.
Nun da dieses Gespräch beendet war lag eine weitere Unterhaltung vor Eragon die, so befürchtete Saphiras Reiter, etwas schwieriger und weniger unbefangen sein würde als die Unterhaltung mit seiner Nichte.
Als er den Wohnbereich des Baumhauses betrat braucht er nicht lange bis er Arya entdeckt hatte. Die Elfe hatte die Arme vor der Brust verschränkt und Blicke aus dem großen Fenster durch das normalerweise die Drachen das Geschehen innerhalb des Hauses verfolgen konnten. Ihr Blick wanderte völlig ins Leere.
Bei jedem anderen Wesen hätte man wohl die Stimmung am Gesicht ablesen können doch Arya schaffte es auch in den schwierigsten Situationen ihre Gefühle zu kontrollieren und ihr Gesicht in einer ausdruckslose Maske zu verwandeln.
Dennoch gab es auch bei ihr Anzeichen für ihre Stimmung und inzwischen war Eragon geübt darin diese zu deuten.
Als er hinter seine Gefährtin trat und die Arme um ihre legte verrieten seine Sinne ihm sofort dass er ihre Stimmung richtig eingeschätzt hatte. Jeder Muskel in Aryas Körper war angeespannt. Ein sicheres Zeichen dafür, dass sie verletzt worden war und mit innerem Dämon kämpfte.
Eragon wusste, dass die nächsten Sekunden entscheidend waren. Man konnte Arya nicht dazu zwingen sich zu offenbaren. Sie würde mit ihm reden wenn sie dazu bereit war. War sie noch nicht an dem Punkt wo sie das Maß ihrer Verletzlichkeit auf ein für sie akzeptables Niveau gesenkt hatte würde sie jedes Gespräch oder jede andere Art der Zuwendung ablehnen.
Eragon ließ die Sekunden verstreichen. Wenn sie ihm signalisierte die Umarmungen zu lösen blieb ihm nichts anderes übrig als Aryas Entscheidung zu akzeptieren und auf den Zeitpunkt zu warten wo sie seine Hilfe annehmen würde. Wann sich dieser Zeitpunkt einstellen würde ließ sich nicht genau bestimmen. Es konnte in einigen Stunden sein aber oft war die Geduld des Anführers der Reiter schon auch weit schwerere Prüfungen gestellt worden. Manchmal hatte er Tage warten müssen bis seine Gefährtin bereit war und obwohl Eragon ein Mann war der den Wert von Geduld kannte wann diese Zeiten des Abwartens doch stets eine Bewährungsprobe für ihn gewesen. Es war nicht leicht sich im klaren darüber zu sein, dass ein geliebtes Wesen gegenwärtig litt und nichts tun zu können.
Zu Eragons Erleichterung entspannte sich die Elfe in seinen Armen jedoch und lehnte sich leicht an seine Brust. Noch immer hatte Arya kein Wort gesagt aber offenbar empfand sie die Gegenwart ihres Gefährten als tröstend und würde sich öffnen wenn sie den Moment für gekommen hielt.
Es vergingen noch einige Minuten der Stille bis die Elfe schließlich zu sprechen begann: "Was für eine Königin war ich eigentlich Eragon? Das Ergebnis von faulen Kompromissen und Halbwahrheiten. Wie viele Zugeständnisse oder sogar offene Bestechungen waren nötig um mir zur Krone zu verhelfen?"
Eragon begriff, dass es sich hier um rhetorischen Fragen gehandelt hatte auf die Arya nicht wirklich eine Antwort erwartete. Daher zog er sie einfach nur tröstend enger an sich.
"Ich war so naiv!" fuhr Arya schließlich fort. "Ich habe mir tatsächlich eingebildet, dass mein Volk mich als Anführerin haben wollte. Was habe ich mir bloß dabei gedacht?! Es gab ältere, erfahrenere und weisere Mitglieder meines Volkes! Ich hatte gerade 100 Sommer gesehen und habe mir tatsächlich eingeredet, dass man mich aus irgendwelchen Gründen geeigneteren Kandidaten vorgezogen hätte?"
Aryas leises Flüstern war während sie sprach angeschwollen und auch wenn ihre Stimme gegenwärtig nicht lauter war als bei einem normalen Gespräch machte es doch ihre Anspannung deutlich.
Eragon drehte seine Gefährtin mit sanfter Gewalt zu sich herrum und fing den Blick der smaragdgrünen Augen mit seinem eigenen Blick ein.
"Weder hast du dir etwas eingeredet noch warst du naiv Arya. Erstens sind einige hohe Würdenträger die ihren persönlichen Vorteil gesucht haben nicht repräsentativ für dein gesamtes Volk. Die Fürsten mögen ihre eigenen Ziele verfolgt haben aber sie hätten dich nicht als Königin akzeptiert wenn sie nicht die begründete Hoffnung gehabt hätten dass das Volk nicht ebenfalls anerkennen würde. Soweit ich weiß ist kein wütender Mob zum Königspalast gezogen und hat von dir verlangt zurückzutreten."
Arya erwiderte nichts auf Eragons Worte sondern schlug nur kurz die Augen nieder. Als ihren Gefährten wieder anblickte umspielte der Hauch eines Lächelns ihre Mundwinkel.
Ermutigt vor Eragon fort: "Die Motive einiger Würdenträger deines Volkes mögen also selbstsüchtig gewesen sein aber deine Motive die Krone anzunehmen waren es nicht. Verwechseln nicht das was du warst mit dem zu dem man dich machen wollte. Du wolltest deinem Volk dienen und hast das mit Würde getan und als wir der Auffassung warst das deine Rolle als Königin nichts mehr im besten Interesse der Elfen war hast du deine Krone bereitwillig an einem geeigneteren Kandidaten übergeben. Zu keinem Zeitpunkt hast du aus niederen Beweggründen gehandelt."
Die Elfe in Eragons Armen nickte leicht.
"Ich denke es läuft wohl alles darauf hinaus was Runön einmal zu mir gesagt hat. Ich bin keine Politikerin weil ich keine Pragmatikerin bin. Ich bin eine Idealisten und der Orden der Reiter ist der richtige Platz um für hohe Ideale zu kämpfen."
"Ich bin sehr froh, dass du bist Du du bist."
Aryas leises Lachen erinnerte den Anführer der Drachenreiter an einen sanften Wind, kaum mehr als ein geisterhafter Hauch, der durch das frische Grün der Blätter strich. Der Klang zauberte eine angenehme Wärme in Eragons innerstes und das herrliche Gefühl schien sich in seinem ganzen Körper auszubreiten als Aryas Lippen sich sanft an seine eigenen schmiegden.
Als der zärtliche Kurs der beiden Gefährten endete schwebte Aryas Gesicht so dicht vor Eragons eigenem, dass das herrliche Grün ihrer endlos tiefen Augen seine ganze Welt auszufüllen schien.
"Kommt bei meinem Schattentöter wieder der romantische Bauernjungen durch?" fragte die Elfe und ihr Tonfall verriet, dass es Eragon gelungen war die dunklen Wolken aus ihrem Geist zu vertreiben.
"So ist es eben immer, wenn du mich mit deinem Licht segnest mein Stern."
Wieder jagte Aryas leises Lachen Eragon einen angenehmen Schauer über den Rücken. Diesmal war er es, der das Glück in seinen Armen mit einem Kuss bedachte.

Eragon Band 6 - Die Wege der ReiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt