145. Licht gegen Dunkelheit Teil 5

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Tailon schaffte es gerade noch rechtzeitig abzudrehen um nicht in die knisternder Energiebarriere des Schattens zu rasen. Nur knapp hinter sich hörte er, wie der gezackten Schnabel des verdorbenen-böse-Schatten-Letherblaka hinter sich zu schnappte.
Der junge Drache stieß ein Brüllen aus der seine Wut und seine Frustration zum Ausdruck brachte. In einem fairen Kampf hätten er und seine Brutschwester Anarie sich durchsetzen können. Die Letherblaka waren zwar für junge Drachen ihrer Größe ein gefährlicher Gegner doch es hätte Möglichkeiten gegeben.
Aber dieses Wesen verfügte über die erweiterten Fähigkeiten die Schuppen-schwarz-wahnsinnig-Shruikan zu verschulden hatte. Die eingedrungenen Geister hatten die Fähigkeiten noch weiter gewandelt.
Zuerst hatten die beiden Jungdrachen sich so verhalten wie sie es von ihrer Großmutter gelernt hatten. Eine fremde Beute zunächst studieren. Nicht sofort angreifen bevor man die Stärken und Schwächen eines Gegners ungefähr kennt!
So hatten die beiden Geschwister recht bald eine gute Vorstellung entwickelt womit sie es zu tun hatten. Einen kleinen Vorteil hatten sie bereits festgestellt: Dieses Wesen verfügte offenbar nicht mehr über die Fähigkeit seiner Artgenossen sich dornenartige Fortsätze wachsen zu lassen die, wenn sie eine mögliche Beute trafen und verletzten selbiger die Lebenskraft entzog.
So hatten es Bruder und Schwester wagen können in einem Nahkampf zu gehen. Leider schien der Schatten Netor sein, wie er es nannte, Haustier, auf eine Begegnung mit Drachen vorbereitet zu haben.
Normalerweise waren Drachen gegenüber den Letherblaka durch zwei Dinge im Vorteil. Zum einen konnten sie durch ihr Feuer auf Distanz kämpfen. Dies war bei diesem Wesen nicht möglich. Tailon hatte es gewagt einen kurzen Flammenstoß auf das geflügelte Untier abzugeben bei seiner Schwester seine Lebenskraft mit ihrer eigenen stabilisiert hatte. Selbst dieser kurze Angriff indem die uralte Magie der Drachen zum Einsatz kam hatte die Geschwister einiges an Kraft gekostet. Ein Angriff mit Feuer, welches von der Magie der Drachen durchdrungen waren, erwies sich somit auch bei diesem besessenen Letherblaka als unmöglich.
Der zweite Vorteil den Drachen gegenüber diesem monsterhaften Wesen besaßen war ihr Körperbau. Dabei im besonderen die Art wie ihre Gliedmaßen aufgebaut waren. Drachen besaßen raubtierhafte Pranken und konnten, wie ein Adler der vom Himmel herab stieß, zugreifen. Die Letherblaka nannte man nicht ohne Grund Flugrösser. Ihre Gliedmaßen ähnelt mehr denen von Pferden. Ihre tödliche Hieb- und Stichwaffe war ihr gewaltiger Schnabel. Der Vorteil der Drachen lag darin, dass ihr Maul mit dem dolchartigen Zähnen eine ebenso tödliche Waffe wieder Schnabel des Letherblaka war. Mit einem beherzten bis in den Hals konnte man sich selbst vor dem Gezacktengebilde schützen und mit Krallen und Pranken einiges an Schaden anrichten während die Möglichkeiten des Flugross es relativ begrenzt blieben.
Bei diesem Letherblaka war es jedoch anders.
Tailon wusste nicht ob diese körperlichen Veränderungen von böse-heimtückischen-Schatten Netor vorgenommen worden waren oder von den Geistern herrührten die den Körper des Letherblaka übernommen hatten. In jedem Fall jedoch besaß dieses Flugross völlig andere Vordergliedmaßen. Tailon erinnerte sich daran, dass er tapfer-Sieger-über-Verräter-Galbatorix-Eragon einmal im Unterricht von solchen Gliedmaßen gesprochen hatte. Sie gehörten zu einem kleinen-uninteressant-Insekt mit dem Namen Gottesanbeterin. Der Letherblaka konnte seiner vorderen, muskelbepackten Glieder aus Klappen und so passt auf die doppelte Länge vergrößern. Dadurch entstand eine tödliche Greiftkralle die tiefe Wunden reißen und fest in einer möglichen Beute vergraben werden konnte. Die Seiten dieser tödlichen Waffe waren gezackt wie der Schnabel des Letherblaka oder eine Säge der Ohren-rund-zwei-Beine-Menschen.
Und noch ein weiterer Faktor machte den beiden Jungdrachen auch einem Nahkampf sehr schwer. Entlang der wichtigsten Muskelgruppen hatte sich ein hornartiger Panzer gebildet der das geflügelte Untier wie eine natürliche Rüstung vor schwerwiegenden Verletzungen schützte. Schnell hatten die beiden Jungdrachen herausgefunden, dass dieser Panzer aus eben dem Material gewachsen war was normalerweise die gefährlichen, Energie absorbierenden Dornen bildete. Da die rüstungsartigen Strukturen scharfe Kanten besaßen war es für die Geschwister schwierig sicheren Halt an ihrer Beute zu finden. Selbst eine relativ kleine Schnittwunde an einem dieser hornartigen Fortsätze konnte Tailon und Anarie schwerwiegende Konsequenzen haben.
Die beiden Geschwister waren schließlich zu einer Strategie der Ausweichmanöver übergegangen. Der Letherblaka konnte nur einen verfolgten und sobald er an sich auf ein Ziel fixiert hatte versuchten entweder Tailon oder Anarie in die verwundtbaren Flanken zu stoßen. Leider hatten sie bisher nur sehr geringen Schaden anrichten können denn auch der Letherblaka war, das musste Tailon einräumen, ein geschickter Flieger.
Bruder und Schwester waren jedoch übereingekommen, dass trotzdem die von ihnen gewählte Strategie die einzig Erfolg versprechende war. Mit der Zeit, so hofften die beiden, würde ihr Gegner ermüden und dann würde sich ihre zahlenmäßige Überlegenheit bezahlt machen.
So hofften die beiden Jungdrachen zumindest. Doch obwohl der Kampf nun schon einige fühlte Ewigkeit dauerte er kannte Tailon bei seinem Verfolger keinerlei Anzeichen von Ermüdung. Anders bei seiner Schwester und bei dem roten Drachen selbst. Die Geschwister hatten in den letzten Tagen große Entfernungen zurücklegen müssen und sich nur wenig Ruhe gegönnt.
Tailon später nach hinten während er am Rand der Energiebarriere entlang schoss die der Schatten errichtet hatte um seinen vier Opfern dem Rückzug unmöglich zu machen. Was er sah schien das innere Feuer von Saphiras Enkelsohn für einige Sekunden zu Eis erstarren zu lassen. Aus der grünen Energiebarriere zu knisternde Blitze hervor und schlugen in den Körper des besessenen Letherblaka ein.
Tailon teilte seine Eindrücke mit seiner Schwester und Anarie kam zum selben Ergebnis wie er selbst: Die Geister, aus denen die Energie Barriere erschaffen war, versorgten den Letherblaka mit neuer Kraft. In Anbetracht der Tatsache, dass dem Schatten praktisch eine unbegrenzt große Armee von Geistern zur Verfügung stand konnte er sein Haus ist hier praktisch unbegrenzt mit neuer Kraft versorgen. Der Letherblaka würde vermutlich noch den Tagen über seine volle Stärke verfügen während die halsbrecherischen Manöver, welche sie gezwungen waren zu fliegen, die Jungdrachen bereits auszulaugen begannen.
- "Was sollen wir jetzt tun?" - erkundigte sich die Stimme von Tailon Schwester.
Zwar klang noch immer große Entschlossenheit in Anaries Stimme mit, aber die Spur von Verzweiflung die sich in ihrer Worte geschlichen hatte war nicht zu überhören. Tailon verurteilte seine Schwester nicht dafür. Heuchelei stand einem Drachen nicht gut zu Gesicht und Anarie Vorwürfe zu machen wäre nichts weiter als Heuchelei. Der junge Rote spürte schließlich auch die Angst nach seiner Seele griff. Die Situation schien ausweglos. Ihr Gegner verfügte praktisch über unbegrenzte Ausdauer, wirkungsvolle Waffen für den Angriff und eine ausgeklügelte Verteidigung.
Tailon konnte nicht anders als noch einmal seine Frustration donnernd heraus zu brüllen.
Für einige Augenblicke ließ Tailon seinen Blick über das Nomadenlager gleiten.
Was er sah brachte das innere Feuer des jungen Drachen wieder an. Etliche der Gule lagen bereits erschlagen am Boden. Nistpartnerin-von-Seelenbruder-Ismira und sein Reiter Cale selbst schlugen sich mit großer Tapferkeit. Die beiden Ohren-rund-Menschen standen Rücken an Rücken und werden sich gegen eine weitere anstürmende Gruppe von Gulen die aus den Holz-Stoff-Zelten hervor brach. Einige von ihnen hatten statt der üblichen harmlosen Finger, wie die Menschen sie nun einmal hatten, knochenartige Krallen die wohl selbst einen Drachen hätten gefährlich werden können. Andere hatten als Arme nur noch Fortsätze, die Tailon an ein Werkzeug der Menschen erinnerten. Die Zweibeinern nannten es Peitsche.
Trotz der angreifenden Übermacht zeigten weder Anaries Reiterin noch Seelenbruder-Nachfahre-von-Elfe-Cale Anzeichen von Furcht.
So stolz ist Tailon auch machte seine Reiter so tapfer kämpfen zu sehen entfesselte es aber auch Zorn in ihm. Die beiden Zweibeiner am Boden konnten sich erfolgreich gegen eine anstürmende Übermacht verteidigen! Sie waren ihrem Gegner am Himmel zahlenmäßig überlegen und waren beide Kinder des Himmels und des Feuers! Trotzdem waren sie nicht die Jäger sondern die Beute!
Plötzlich durchzuckte ein Geistesblitz Tailons Verstand! Das Wort Beute hatte eine Erinnerung bei ihm ausgelöst. Er rief sich den Tag ins Gedächtnis als Schuppen-Grün-Großvater-Fírnen ihn und Brutschwester-Anarie die besten Jagdreviere in der Ostmark gezeigt hatte.
Der ältere Drache hatte seinen Enkel damals nicht nur gute Plätze gezeigt sondern ihnen auch einige gute Ratschläge für das Verhalten bei der Jagd und im Kampf mit auf den Weg gegeben. Einer von diesen Ratschlägen war es, dass ein Feind oder eine Beute immer versucht seine Schwächen zu verbergen und die Stärken auszuspielen versucht. Ein Hase tat dies wenn er einen Haken schlug und schnell die Richtung wechselte. Antilopen taten dies wenn sie sich in der Herde bewegten!
Es war im Grunde so einfach, dass der junge Rote fast wütend auf sich selbst wurde dass er nicht sofort daran gedacht hatte. Vermutlich hatte Tailon nicht daran gedacht, weil er es im Grunde als unehrenhaft emfand seinen Gegner auf die Weise, die ihm vorschwebte anzugreifen.
- "Unsinn! Das ist eine brillante Idee Bruder!" - widersprach Anarie die den Gedankengängen ihres Artgenossen gefolgt war. - "Dieses Ungeheuer kämpft auch mit unsauberen Mitteln. Es versucht und sich mit seiner eigenen Stärken zu besiegen sondern bedient sich der Kraft der umgebenden Geister. Denn dieses widerliche Etwas jedes Mittel recht ist und den Kampf zu gewinnen dann müssen wir genauso denken. Immerhin wollen wir unsere Reiter beschützen!" -
Dem hatte Tailon im Grunde nichts hinzuzufügen. In aller Eile stimmten sich die Geschwister über ihr Vorgehen ab und setzten ihren Plan dann in die Tat um.
Wie schon einige Male zuvor brach Tailon scharf nach links weg und schoss nun quer über das Nomadenlager was sich unter ihm erstreckte. Der Letherblaka folgte ihm dicht auf. Brüllend schoss Anarie nun, ganz dem gemeinsamen Plan folgend auf die Flanke des Flugrosses zu und brüllte dabei angriffslustig aus voller Kehle. Wie die Geschwister es erwartet hatten wandte sich das geflügelte Untier sofort der neuen Gefahr zu.
Bereits einige Male zuvor hatten die Geschwister auf diese Weise ihrem Gegner Verletzungen zufügen können.
Folglich glaubte der Letherblaka die Taktik seiner Beute genau durchschaut zu haben. Nun aber änderten die beiden Geschwister ihr Vorgehen:
Nicht Anarie führte den Angriff sondern Tailon. Während sich der Letherblaka auf seine Schwester konzentrierte bremste der rote Drache seinen Flug scharf ab, ließ sich leicht tiefer sinken und schoss unter dem linken, fledermausartigen Flügel seines Gegners hindurch. Entschlossen ließ Tailon seinen dornenbesetzten Schwanz durch die Luft peitschen und spürte sogleich, dass er erfolgreich gewesen war. Wie von ihm gehofft hatten die knochenartigen Dornen Flügelhaut des Letherblaka durchstoßen und der junge Rote setzte seinen mächtigen Schwanz so geschickt ein, das tiefe Risse entstanden.
Der Letherblaka heulte vor Schmerzen auf und schien in der Luft zu taumeln. Die ledrigen Schwingen des Flugrosses hatten nun nicht mehr denselben Luftwiderstand. Noch während der Letherblaka darum kämpfte sein Gleichgewicht wieder zu finden schlug Anarie zu.
Während des Angriffs ihres Bruders hatte sich die junge Drachendame bereits in eine günstige Position gebracht und kürzte nun ebenfalls auf den Letherblaka zu. Mit ihren alles zermalmenden Kiefern packte sie die noch unverletzten Flügel ihres Gegners und mit einem kräftigen Ruck ihres gewaltigen Hauptes riss sie die Schwinge einfach aus.
Das Flugross hatte nun keine Chance mehr sich in der Luft zu halten und stürzte kreischend dem Boden entgegen. Tailon warf sich hinterher. Auf keinen Fall wollte er zu lassen, dass sein Gegner am Boden wieder auf die Beine kam. Trotz der schweren Wunden würden die Geister den Schatten-Letherblaka vermutlich mit neuer Kraft versorgen und auch auf der Erde war dieses stinkende Etwas ein gefährlicher Gegner.
Das dämonische Wesen sollte jedoch nicht die Gelegenheit bekommen sich mit neuer Kraft zu versorgen. Nur Augenblicke nachdem das Flugross auf dem Boden aufgeschlagen war landete Tailon und schnappte nach seiner Gurgel. Er bekam die Unterseite zu fassen die nicht durch den verhängnisvollen Hornpanzer geschützt war. Während er mit den Vorderpranken die sichelartigen Gliedmaßen seines Gegners unter Kontrolle hielt platzierte er sich so, dass auch der gefährliche Schnabel ihn nicht mehr erreichen konnte. Von wildem Jagdfieber gepackt wollte Tailon seinem Gegner mit einem Ruck das Genick brechen.
- "Nicht!" - wandte Anarie ein. Die junge Drachendame landete neben ihrem Bruder und griff sich mit dem Maul einer der hölzernen Zeltstangen die, durch den Kampf, überall im Lager verstreut lagen. Das eine Ende lief spitzt zu wie eine Lanze.
- "Vergiss nicht: Das ist nicht einfach nur ein Letherblaka. Er ist von Geistern besessen. Praktisch ein Schatten! Ein solches Wesen kann man nur töten indem man das Herz durchsticht!" -
Sofort begriff Tailon dass seine Schwester recht hatte und worin ihr Vorhaben bestand. Mit aller Kraft trete der junge Rote dass sich findende Flugross auf die Seite und entblöste so den verwundtbaren Brustkorb.
Anarie nutzte die Chance die sich ihr Boot, warf ihren Kopf herum und rammte ihre improvisierte Waffe direkt ins Herz der dunkle Kreatur.  

Eragon Band 6 - Die Wege der ReiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt