Cale und Tailon holten Ismira und ihrer Drachendame ein als sie die äußere Reihe der Zelte durchschritten. Cale packte die junge Frau am Oberarmen und zog sie mit sanfter Gewalt zu sich herum. Er fing ihren Blick mit seinem eigenen ein.
"Du hast ja recht! Wir müssen nachsehen ob jemand verletzt ist aber doch bitte vorsichtig! Sonst können wir uns auch gleich in unserer eigenen Schwerter stürzen."
Zuerst funkelte Ismira ihn leicht zornig an und Cale hatte das untrügliche Gefühl, dass ihr etwas wie "kein Mann muss mir sagen was ich zu tun habe" auf der Zunge lag. Schließlich legte sie jedoch nur betreten und wollte ihren Weg fortsetzen. Cale jedoch legte die Hände auf die Schultern und hielt sie noch einen Moment zurück.
"Was versuchst du eigentlich zu beweisen?"
"Ich verstehe nicht." Gab Ismira zurück, wich dem Blick ihres Gefährten aber aus.
Cale senkte seine Stimme auf ein sanftes und verständnisvolles Niveau.
"Du stürzt dich ständig mit dem Kopf voran in alle möglichen Gefahren. Ismira ich kenne dich inzwischen sehr gut und ich habe manchmal den Eindruck, dass du ständig das Gefühl hast allen um dich herum etwas beweisen zu müssen. Wenn du die Gelegenheit siehst etwas Gutes zu tun stürzt du dich geradezu auf sie aber mit so viel Energie und Entschlossenheit, dass du alle um dich herum ein wenig verschreckst! Ich weiß dass du einen klugen und wachen Verstand hast. Warum benutzt du ihn in solchen Situationen nicht."
Ismira machte einen halbherzigen Versuch Cales Hände abzuschütteln und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Ich weiß nicht was du meinst."
"Doch das tust du!" widersprach Cale. "Die Sache mit dem verbotenen Wald zum Beispiel. Wir haben damals nur darüber geredet, warum du mir nichts davon erzählt hast aber ich verstehe bis heute nicht warum du überhaupt das Bedürfnis hattest diesen Wald zu spazieren."
Anarie legte jetzt ihren Kopf nach vorne, und ließ Erinnerungen aus Ismiras Geist in Cales fließen. Eine zeigte die junge Adlige aus dem Palancartal als kleines Mädchen, das bemüht war die Hühner aus einem Stall zu treiben. Das ganze Dorf bereitete damals die Einweihung der neuen Burg vor und Ismira wollte besonders schnell das Federvieh aus dem Stall haben. Deswegen scheuchte sie die Hühner mit Hundegebell ins Freie. Das Ergebnis war einfach nur ein großes Chaos. Noch weiter Erinnerungen flossen in die Gedanken der beiden Drachenreiter und Ismira funkelte ihrer Drachendame wütend an.
- "Du kannst so böse kucken wie du willst Rotschopf, dein Gefährte hat recht und das weißt Du." - verteidigte die violette Drachendame ihr Handeln.
Ismira löste sich jetzt endgültig von Cale und starrte wütend auf eine Zeltwand.
"Mein Vater ist der berühmte Hammerfaust. Meine Mutter achten sie alle für ihre Güte und Treue zu ihm. Mein Onkel und meine Tante sind lebende Legenden. Das ist manchmal sehr schwer." Ismiras Stimme war kaum mehr als ein flüstern doch Cale hörte ruhig zu. Inzwischen hatte sich die junge Frau wieder zu ihm umgedreht und ihre Augen glänzten feucht. "Meine Eltern haben nie Druck auf mich ausgeübt dass ich etwas besonderes erreichen soll. Mein Onkel hat das auch nicht aber das müssen sie auch gar nicht! Ihre Legenden sind immer um mich! Wenn ich etwas falsch mache heißt es, die kannst Du bei so berühmten Vorfahren bei so etwas versagen. Wenn ich etwas gutmachen heißt es, das war ja klar, es liegt in der Familie. Ich glaube nicht, dass sich ihrem Beispiel gerecht werden muss ich möchte nur meine eigene Geschichte schreiben. Weist du Cale, als sich ein Alter erreicht hatte man zumindest über eine Verlobung nachdenken konnte in Vorbereitung auf eine Ehe standen die Adligen bei meinem Vater Schlange! Seine Pferdezucht ist im ganzen Reich geachtet und er ist ein berühmter Kriegsheld. Jeder mit einem heiratsfähigen Sohn in der Familie war wild darauf seinen eigenen Status zu verbessern indem ich in seine Familie einheirate. Einige von den noblen Herren, die mit meinem Vater in Verhandlungen treten wollten haben sich nicht einmal die Mühe gemacht mit mir zu sprechen oder nicht nur kennen zu lernen. Es ging einfach nur um mich als Verbindung zum einen berühmten Verwandten."
"Meine Rebellin." schmunzelte Cale und zog Ismira in einer Umarmung. Dann legte er die Hände an ihre Wangen und blickte ihr in die Augen. "Du musst niemandem etwas beweisen. Und Du hast es auch nicht nötig gegen die Legenden seiner Verwandten anzukämpfen. Es ist auch egal was der Rest der Welt sagt über dich oder wie man dich sieht. Wichtig ist dass du mit dir zufrieden bist Ismira. Und wärst du mit dir zufrieden wenn wir jetzt in dieses Lager dort spazieren, völlig blind der Gefahr entgegengehen und einem von uns etwas geschieht?"
"Natürlich nicht." erwiderte die junge Frau.
"Dann hör auf gegen Feinde anzukämpfen, die nur in deiner Einbildung existieren. Was Fremde von dir halten ist doch letztlich egal. Was zählt ist doch was die Wesen die dich lieben über dich denken! Deine Verwandten haben nie Druck auf dich ausgeübt und versucht dich in eine Richtung zu drängen damit Du deine eigene Geschichte schreiben kannst. Dieses Recht muss du dir nicht erkämpfen! Konzentriere dich lieber darauf der Geschichte einen guten Verlauf zu geben."
Ismira schlug kurz die Augen nieder und lächelte.
"Du hast recht. Doch dann solltest du auch aufhören dein Licht ständig unter den Scheffel zu stellen. Du brauchst dich wirklich nicht zu verstecken."
"Ich werde es versuchen." lächelte der junge Drachenreiter und seine Gesichtsfarbe schien sich mehr dem Schuppenkleid seines Drachen anzugleichen.
In stiller Übereinkunft zogen die beiden jungen Drachenreiter nun ihre Schwerter und deckten jeweils die Flanken ihrer Drachen. Tailon und Anarie ging in der Mitte der Gruppe. Alles was vor ihnen lag konnten die beiden Jungdrachen in einem Flammenmeer ertränken und alles was sich ihnen von hinten näherte wurde Opfer ihrer Dornen besetzten Schwänze werden. So betraten die jüngsten Mitglieder des Ordens das Nomadenlager.
Zwischen den großen Wohnzelten erstreckte sich eine annähernd runde Fläche die das Zentrum des Lagers bildete.
- "Hier stimmt etwas nicht." - knurrte Tailon und zog schnaubend Luft durch seine Nasenlöcher. - "Wenn das hier ein Lager der Menschen ist warum richtet jeder nicht nach ihnen. In euren Städten und Dörfern oder Lagern kann ich sonst immer deutlich ihren Geruch wahrnehmen. Dieser Ort riecht einfach nach gar nichts." -
"Das bedeutet hier muss Magie im Spiel sein." erwiderte Ismira laut und sprach damit aus was der junge, rote Drache bereits gedacht hatte.
"Sehr richtig meine jungen Freunde. "
Eine kalte höhnische Stimme durchschnitt die Luft. Cale fühlte sich sofort zu der Drachenreiter Prüfung in Giel'ead zurückversetzt. Die Stimme gesprochen hatte gehörte einmal dem arroganten jungen Herzog Tjurin. Die Augen des jungen Reiters flogen auf der Suche nach der Quelle der Worte durch das Lager und direkt gegenüber den beiden Reitern und ihren Drachen stand, plötzlich und wie aus dem Boden gewachsen, der Schatten Netor.
Cales Mund war schlagartig knochentrocken und ein eiskalter Stein bildete sich in seinem Magen. Seine schlimmsten Befürchtungen schien sich zu bewahrheiten. Sie waren mitten in eine Falle getappt.
Der Schatten vollführte eine ausladende Bewegung mit seinem Arm und plötzlich stiegen aus dem Boden um das Lager herum unzählige Geister in den Himmel. Entladungen reiner Energie zuckten als Blitze zwischen den einzelnen Wesenseinheiten hin und her die sich um das Lager und alle darin schlossen wie ein riesiger Käfig aus grünem schimmernder Energie.
Eine widerliche Mischung aus Kreischen und Fauchen löste Cale schlagartig von diesem Anblick und veranlasste den Reiter sich wieder dem Schatten zuzuwenden.
Aus der Dunkelheit die sich zwischen den Zelten ausbreitete stapfte nun ein Wesen ins Zentrum des Lagers, welches das Blut des jungen Drachenreiters weiter gefrieren ließ. Im Unterricht hatte Cale einiges über die Letherblaka und ihre Larven gelernt. Dieses Wesen war ganz zweifellos ein Letherblaka aber deutlich größer als seine Artgenossen. Es überragte selbst Anarie und Tailon. Eine widerliche, muss Gräber packte Kreatur die nichts von der Schönheit und Eleganz der Drachen hatte. Die Farbe seiner Haut variierte von schwarz bis zum kranken Grau neu geborener Mäusejungen. Normalerweise waren die riesigen Augen einer solchen Kreatur von einem tiefen glänzenden Schwarz. Bei diesem Letherblaka war es jedoch anders. Die riesigen Augen wirkten wie Glaskugeln den mit schwarzem und grünem Rauch gefüllt waren der sich in ständig ändernden Wirbeln im innern der Kugeln ausbreitete. Gelegentlich durchzuckten grüne Blitze magischer Energie die Augäpfel.
"Ah! Ihr bewundert mein Haustier. Ja ich habe den Kleinen aus seinen Kokon befreit. Als ich ihn jedoch aneignete hatte ich einen sehr unschönen Zusammenstoß mit der Mutter eurer Drachen. Ich denke, dass es an der Zeit ist dass ich mich für diese Unannehmlichkeit revanchiere. Weder ihr noch die jungen dieser Echse werden dieses Lager wieder lebend verlassen. Allerdings werde ich euch gestatten im Kampf zu sterben. Ich habe etwas spezielles euch vorbereitet."
Der Schatten schnippte mit den Fingern und die tiefe Stille in die das Lager bisher getaucht war wurde plötzlich von stöhnenden Klagelauten sowie unregelmäßigen schlurfen den Schritten durchbrochen. Aus dem innern der Zelte stolperte das hervor, was von ihren ehemaligen Bewohnern übrig war. Als Mensch konnte man diese Kreaturen kaum noch identifizieren. Einige von ihnen schienen aus den Leichenteilen mehrerer Bewohner des Lagers zusammengesetzt zu sein. Bei anderen Drachen die Knochen als tödliche Dornen durch die Haut und verwandelten den ganzen Körper der unglücklichen Seele in eine furchtbare Waffe.
"Fleisch! Mit der Macht die ich besitze kann ich es meinem willen unterwerfen und Formen wie ich es möchte. Ihr Reiter könnt euch mit meinen neusten Gulen auseinandersetzen während sich mein Haustier um eurer Echsen kümmern wird. Sollte es euch wider Erwarten gelingen eure jeweiligen Kämpfe zu überleben werde ich euch die Ehre erweisen euch persönlich zu töten bis hin werde ich die Vorstellung genießen."
Mit einer übertriebenen Geste nahm der Schatten auf einem flachen Felsen der Lager lag Platz und sah vergnügt zu wie seine Schöpfungen auf seine Feinde zu taumelten.
Cales Blick flog zu Ismira und die junge Frau nickte tapfer. Sie verstanden sich auch ohne Worte. Eragons Nichte hatte das getan was ihren ersten und wie die Dinge lagen wohl auch letzten Auftrag als Mitglieder des Ordens der Drachenreiter zum Erfolg machen würde. Sie hatte den Zauber aktiviert der das Bruchstück von Nieren nach Ilirea schick würde. Einer der Gründe warum man das Fragment der Waffe nicht mit Magie befördern wollte war, dass nicht sicher war wie die Uhr alten Zauber die über der Lanze lagen und die magische Teleportation miteinander reagieren würden. Doch offensichtlich war alles gut gegangen. Zumindest würden sie ihren Auftrag erfüllen.
Cale festigte den Griff um seine Klinge und vereinte seinen Geist mit dem von Tailon.
"Auch wenn unser gemeinsamer Weg hier schon enden sollte Großer, ich bereue keinen Meter den der miteinander gegangen sind." -
"Ich auch nicht Cale aber denk dran noch sind wir nicht tot!"-Gab der rote Drache kämpferisch zurück und entblößte sein beeindruckendes Gebiss vor dem Letherblaka der nun auf sie zukam gemeinsam mit den grausamen Schöpfungen wie der Schatten auf sie losgelassen hatte.
DU LIEST GERADE
Eragon Band 6 - Die Wege der Reiter
FanfictionDas ist die Fortsetzung zu Eragon Band 5 - Jedes Ende ist ein Anfang. Wer Band 5 nicht kennt, sollte es erst lesen, um Band 6 zu verstehen. Ich sage es hier nochmal, dass mir die Geschichte nicht gehört. Ich habe sie nur auf...