61. Esterní et Mor'raner

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Cale musste einige Male blinzeln bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten. Schließlich erkannte er jedoch, dass sie auf eine ungewöhnliche Lichtung hinaus getreten waren. Ungewöhnlich deshalb, weil sie den jungen Drachenreiter an das Quartier erinnerte welches man Saphira und Fírnen in Ellesméra bereitgestellt hatte. Die eine Hälfte der Lichtung auf der sie standen, war durch die Schaffenskraft der Elfen von einem Dach aus engen verflochtenen Zweigen geschützt. Die Bäume aus denen die Zweige wuchsen standen größtenteils am Rand der ausgedehnten Wiese. Im Zentrum der Lichtung allerdings wuchsen einige Kiefern in die Höhe und fungierten als stützende, zentrale Säule des einzigartigen Gewölbes.
"Als der Schattentöter hierher kam war dieser Ort die Schlüpflingswiese.", erklärte Burod als er die verwunderte Blicke der beiden jungen Reiter sah. "Heute wachsen die Jungdrachen natürlich bei ihren Brutgruppen auf. Daher ist dieser Ort jetzt der Wohnsitz des Anführers unseres Ordens und seiner Familie. Das Haus seines Onkels steht da drüben Ismira."
Der Zwerg wies auf eine, aus Bäumen gesungene, Konstruktion am Rand der Lichtung die sich im Halbkreis vor einer Höhle aufspannte.
"Wir euch sicher denken könnt war dieser Höhe früher der Wohnsitz von Saphira und ihrem Nistpartner." fuhr der Zwerg mit seinen Erklärungen fort. "Heute ist sie natürlich zu klein für die mächtige Schimmerschuppe und ihren Partner Smaragdfeuer. Deshalb haben ihre Reiter die gesamte Lichtung so geschützt und sie zum Wohnsitz der beiden ältesten Drachen des Ordens gemacht. Früher waren dort hinten auch die Quartiere der Schüler. Das hat sich heute geändert."
"Und wo werden wir jetzt untergebracht?", erkundigte sich Ismira und blickte sich neugierig auf der Lichtung um.
"Das werde ich euch jetzt zeigen."
Ein schelmisches Funkeln lag in Burods Blick als er auf eine Heckengruppe, an der gegenüberliegenden Seite der Lichtung, zusteuerte.
Cale und Ismira folgten dem jungen Zwerg und wie üblich konnte Eragons Nichte ihre Neugier kaum im Zaum halten.
"Was ist das da vorne?"
Ismira deutete auf einen von Hecken gesäumten Bereich der auf dem von der Sonne beschienenen Teil der Lichtung lag. Cale schmunzelte in sich hinein.
"Deine Nistpartnerin ist sehr wissensdurstig." ließ Tailon mit einem neckischen Unterton in der Stimme verlauten.
"Wundervoll nicht wahr?"
Zufrieden stellte Cale fest, dass sein Drache verwirrt den Kopf schüttelte.
"Findest du? Normalerweise bist du doch so still wie ein Fisch im Wasser und versucht möglichst wenig aufzufallen. Trotzdem findest du es wundervoll, dass deine Gefährtin das genaue Gegenteil ist?"
"Natürlich!", lachte Cale. "So erfahre ich alles was mich interessiert und muss mich nicht überwinden selbst zu fragen." Während Tailon das, für Drachen übliche, heisere Lachen anstimmte, erklärte Burod der neugierigen Ismira, dass es sich bei diesem geschützten Bereich um das Heiligtum ihres Onkels handelte. Laut dem Zwerg war es einfach nur ein ausgedehnter Gemüsegarten, der dem Anführer der Drachenreiter angeblich half den Kontakt zu seinen Ursprüngen nicht zu verlieren. Der Knurla hatte offenbar nur begrenztes Verständnis dafür, aber er respektierte seinen ehemaligen Lehrmeister.

Inzwischen hatte die Gruppe die Hecken erreicht, die die Lichtung begrenzten. Auf einen magischen Befehl des Zwergs hin öffnete sich ein Zugang und die Reiter traten hindurch. Ihre Drachen folgten ihnen.
Einmal mehr weiteten sich die Augen der Neuankömmlinge vor sprachlosem Staunen. Nicht nur erstreckte sich vor ihnen ein beeindruckendes Tal, sondern auch eine Stadt erhob sich vor ihnen. Die Siedlung war etwa eine halbe Meile von ihnen entfernt und errichtet am Rand eines Waldes der sich bis zum Horizont erstreckte und sich dahinter verlor. Ein Glitzern in der Ferne deutete auf einen See hin der ebenfalls am Horizont lag. Am Ufer dieses Sees konnte man ein gewaltiges Gebäude erkennen doch zunächst zog die Stadt die Aufmerksamkeit der Neulinge des Reiterordens auf sich.
Eine gepflasterte Straße führte über die sanft abfallende Böschung von der ehemaligen Schlüpflingswiese zum Rand der Stadt. Unterschiedlichste Gebäude bildeten die Siedlung. Cale erkannte sowohl Fachwerkhäuser die offenbar von Menschen errichtet waren und am Rand von ausgedehnten Feldern lagen aber auch runde Zelte und einfache Hütten die Jagdgruppen der Urgal zu errichten pflegten. In den Bergwänden, die das Tal begrenzten und, je weiter man in die Ostmark vordrang, bis zum Horizont ausscherten, waren Behausungen der Zwerge eingearbeitet worden. Gepflasterte Straßen verbanden die einzelnen Siedlungen die sich um einen kreisrunden Marktplatz ausbreiteten. Dieser Platz lehnte sich an den Waldrand an und als Cale und Ismira genauer hinsahen erkannten sie das in die Bäume dieses Waldes Elfenhäuser eingesungen waren.
"Willkommen in der Stadt Esterní. Das bedeutet Glück in der alten Sprache. Hier haben wir Reiter das erreicht, was noch nirgendwo sonst in Alagaesia gelungen ist. Eine gemeinsame Siedlung aller vier Völker die Teil des Paktes mit den Drachen sind. Jedes Volk lebt hier nach seiner eigenen Art. Die Menschen die hier ein Zuhause gefunden haben betreiben größtenteils Ackerbau. Die Urgals gehen im Wald auf die Jagd und die Zwerge betreiben größtenteils das Handwerk. Auf dem Marktplatz tauschten die Völker ihre Erzeugnisse miteinander aus so dass es niemandem an etwas mangelt. Um den Marktplatz sind auch die gemeinsamen Gebäude der Stadt zu finden. Die Bibliothek, die bei eurer Ausbildung auch noch eine Rolle spielen wird und auch die Schule in der Magier der verschiedenen Völker ausgebildet werden die zu uns entsandt wurden. Einige kehren in ihre Heimat zurück um dem Volk zu dienen andere schließen sich der Garde der Drachenreiter an und werden beispielsweise Eiwächter. Solche habt ihr ja schon bei eurer Reiterprüfung gesehen."
"Fantastisch." hauchte Cale.
"Allerdings." bestätigte Ismira. "Aber welchen Beitrag leisten denn die Elfen? Das sind doch ihre Häuser dort am Waldrand oder?"
"Oeí!" bestätigte Burod. "Sie pflegen und hüten den Wald. In Abstimmung mit den Urgals legen Sie Bereiche fest in denen die Jäger der Gehörnten jagen dürfen und andere in denen sie das Wild schonen. So ist immer genug für alle Bewohner da. Der Bereich in dem wir Zweibeiner jagen dürfen erstreckt sich bis zu dem See dort am Horizont. Die Ostmark ist viel größer als ihr es hier auch nur erahnen könnt. Jedenfalls, alles was hinter diesem See liegt ist das Jagdgebiet der wilden Drachen die auf einer Felseninsel im Herzen des Sees leben. Dort hat auch der Ältestenrat der Reiter seinen Sitz."
Auch Cale war nun von Neugier gepackt und wagte selbst eine Frage.
"Und was ist das für ein Gebäude dort am Ufer des Sees?"
"Das ist unser Ziel!!" verkündete Burod. "Es ist der Hauptsitz des Drachenreiterordens. Die Festung Mor'raner (Frieden). Dort werden auch eure Quartiere seien und der Großteil eurer Ausbildung wird dort stattfinden. Da wir Zwerge keine Freunde des Wandern sind schlage ich vor, dass wir auf luftigen Weg zur Festung reisen."
Mit diesen Worten trat Burod zu seinem Drachen Beoram und begann den Aufstieg auf dessen Rücken. Es dauerte einige Sekunden bis auch Cale und Ismira sich von dem Anblick der sich ihnen bot losreißen konnten und auf die Rücken ihrer Seelenpartner kletterten. Als ihre Reiter schließlich sicher saßen stiegen die drei Drachen in den Himmel.
Tailon und Anarie erfolgten Beoram der zielstrebig auf die Festung zusteuerte.



Ich weiß, weil wieder ein fieser Punkt um Schluss zu machen aber zum einen möchte ich der Festung im nächsten Kapitel ausreichend Platz ein


Eragon Band 6 - Die Wege der ReiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt