149. Epilog Teil 1

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Eragon und die übrigen Drachenreiter hatten sich einen Tag Zeit gelassen bevor sie schließlich die Rückkehr nach Ilirea antraten. Sowohl die Drachen als auch Aryas Bruder Aylon hatten ein wenig Ruhe nötig.
Der Elfe erholte sich glücklicherweise sehr schnell von seiner Erschöpfung. Natürlich war die Zeit im ehemaligen Nomadenlager erfüllt von einer sehr betrübten Stimmung. Die Gule mussten beerdigt werden und man konnte noch einmal in der ganzen Scheußlichkeit sehen die sehr der Schatten Netor die einstigen Menschen entstellt hatte.
Jeder Verlust von Leben war etwas Schreckliches, das wusste Eragon. Er dankte den Göttern, ob sie nun gab oder nicht dafür, dass keiner seiner Freunde und Mitstreiter den Tod gefunden hatte, doch die Leben die Netors Amoklauf gefordert hatte waren nicht weniger bedeutsam. Auch diese Menschen, Elfen und Angehörige der anderen Rassen hatten Familie und Freunde gehabt.
Einmal mehr wurde der Anführer der Drachenreiter daran erinnert, dass Krieg und Kampf nur in den Fabeln von Geschichtenerzählern etwas glorreiches hatten. Dort überlegten meist die Helden und wurden begeistert gefeiert. Die vielen die für ihren Sieg das Leben lassen mussten wurden in solchen Erzählungen zu Statisten. Randfiguren die einzig und allein zu dem Zweck existierten um beispielsweise die Bedrohlichkeit einer Situation darzustellen.
Eragon betrachtete die Dinge lieber auf die Weise die ein Prophet der Elfen einmal niedergeschrieben hatte:
Jedes Leben ist eine Welt. Ein Universum voller Möglichkeiten, Hoffnungen und Träumen. Dessen sollte sich jeder gewahr sein, der daran denkt ein Leben auszulöschen.
Am darauf folgenden Tag jedoch waren die Reiter in die Hauptstadt zurückgekehrt wo sich die Nachricht von ihrem Sieg über den Schatten der Galbatorix schwarzer Zitadelle entstiegen war bereits bekannt gegeben worden war.
Als die Drachen sich der Staat näherten waren sie mit großem Jubel begrüßt worden. Ganze Familienwahn auf die Dächer ihrer Häuser gestiegen und den ankommenden Drachen und ihren Reitern zuzuwinken.
Saphira und ihre Artgenossen hatten es sich nicht nehmen lassen den Himmel über der Hauptstadt als Dank für die herzliche Begrüßung durch die Bewohner in den Farben ihres Feuers erstrahlen zu lassen.
Eragon hatte den unbestimmten Verdacht, dass besonders seine treue Begleiterin die Bewunderung genoss. Diesen Gedanken behielt es selbstverständlich für sich, da er wenig Lust verspürte Schusters Rappen zur Ostmark zurückzukehren.
Zunächst hatte sich der Anführer der Reiter gewundert über die große Begeisterung die im Volk ausgebrochen war. Arya hatte ihn als er ihr davon erzählte angerechnet und etwas geflüstert das verdächtig wie "irgendwo in diesem weisen Mann steckt doch noch der Bauernjunge" geklungen hatte.
Schnell jedoch war sie wieder ernst geworden und hatte ihren Gefährten daran erinnert, dass er zwar schon insgesamt drei Schatten bekämpft hatte aber für die meisten Einwohner Alagaesias eine solche Kreatur eher ins Reich der Legenden gehörte. Und die Legenden die sich mit diesem Wesen befassten waren meist die Art von Geschichten die Angst erfüllte Stille bei den Zuhörern auslöste.
Eragon konnte seiner Gefährtin nur Recht geben. Auch er hatte als Kind die Geschichten über das schauerliche wüten der Dämonen gehört.
Nun Schritt Eragon durch einen lichtdurchfluteten Gang der königlichen Residenz um sich, Nasuadas Wunsch entsprechend, zu einer abschließenden Besprechung über die Krise zu begeben. Man hatte ihn bereits mitgeteilt das Tjurins Vater Aurast sowie die junge Magd Lorena und ihrer Eltern anwesend sein würden.
Daher hatte er bereits im Vorfeld mit der Königin besprochen, was in Bezug auf die Suche nach den übrigen Dauthdaert zu unternehmen sei.
Man war sich schnell einig geworden, dass die Information, dass mithilfe dieser Lanzen eine ganze Armee von Geistern zu beherrschen war um jeden Preis geschützt werden musste. Lediglich den Gekröntenhäuptern der Völker wurde dies mitgeteilt und in allgemeinem Einvernehmen absolutes Stillschweigen beschlossen.
Den öffentlichen Aufruf zur Suche nach den Lanzen begründete man damit, dass sie Überbleibsel aus der Zeit waren als die Drachen Feinde der anderen Völker waren und man sie im Geiste der neuen Zeit zu vernichten suchte. Man wolle damit ein Zeichen setzen das Frieden für jeden verhieß. Selbstverständlich wurde auch eine Belohnung ausgesetzt für denjenigen, der den Amtsmännern der Königin eine authentische Waffe übergab. Mit 10 Goldmünzen war die Belohnung so festgesetzt, dass sie zwar einladend für Arm und Reich wirkte aber keine unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich zog wegen unverhältnismäßiger Höhe.
Auch auf das Thema wie in Zukunft die Ausbildung der Magier unter den Menschen erfolgen sollte war die Monarchin mit ihren ehemaligen Vasallen zu sprechen gekommen. Eragon war zuversichtlich gewesen, dass der Lösungsansatz der ihm vorschwebte auf die Zustimmung der Königin treffen würde.
Er hatte Recht behalten und hoffte nun, dass sein Vorhaben aufgeben würde. Als er seinen Halbruder Murtagh in einiger Entfernung erspähte bot sich die Gelegenheit seinen Plan voranzutreiben.
"Wartet bitte große Schattentöter!"
Murtagh drehte sich abrubd um und wirkte für einen Augenblick fast wie ein gehetztes Tier. Eragon lachte in sich hinein als er die Reaktion des dunkelhaarigen Reiters sah. Nasuada hatte es nicht versäumt bekanntzugeben, welcher Reiter letztlich den tödlichen Stoß geführt hatte. Eragons Bruder sah sich daher einer für ihn völlig ungewohnten Situation gegenüber: Er wurde von allen Seiten bewundert. Die Barden machten sich sogar bereits daran Lieder über ihn zu dichten und in den Erzählungen über den großen Krieg gegen Galbatorix tauchten nun neue Kapitel über die tragische Rolle auf die er gespielt hatte und über seinen mutigen Widerstand.
"Nenn mich nicht so!" knurrte Murtagh. "Was gibt es denn? Kann das nicht warten bis vier bei der Besprechung sind?"
"Du willst dass ich dir in Nasuadas Gegenwart all die neuen Heiratsanträge vortrage die ich an mich weiterleiten soll?"
Murtagh verzog das Gesicht als hätte er in eine Zitrone gebissen.
"Ich soll dich wohl verprügeln kleiner Bruder!"
"Gnade!" flehte Eragon spielerisch. "Es geht eigentlich um etwas anderes. Etwas das nichts mit deinen Heldentaten zu tun hat."
Bei dem Wort Heldentaten atmete Murtagh tief ein und verschränkte wütend die Arme vor der Brust. Eragon ließ sich jedoch nicht beeindrucken und fuhr fort:
"Nasuada und ich haben darüber gesprochen wie in Zukunft Magiebegabte unter den Menschen ausgebildet werden sollen. Sie möchte das die Drachenreiter dabei eine entscheidende Rolle spielen. Zum einen, und darauf bin ich stolz, vertraut uns die Königin. Zum anderen gibt es inzwischen wieder eine gewisse Anzahl von Reitern und die Rolle des Ordens gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Um es kurz zu machen, es soll eine Magierschule in Ilirea gegründet werden der ein Drachenreiter vorstehen soll. Er soll den Unterricht überwachen, selbst durchführen und leiten. Außerdem soll er entscheiden ob ein magiebegabter die charakterliche Reife hat vom Orden in höhere Form der Magie eingeführt zu werden und vielleicht sogar der Verteidigungs -Streitmacht der Ostmark beizutreten. Außerdem wird dieser Reiter zum Vorgesetzten für alle Drachenreiter die sich nicht in der Ostmark sondern im bekannten Teil von Alagaesia aufhalten. Jeder Reiter wird sich zunächst bei ihm melden damit der immer weiß, sollte eine Krise eintreten, welche mit der ihm zur Verfügung stehen. Unter stellt wäre dieser Reiter im Grunde nur dem Ältestenrat."
Murtagh hatte Eragon schweigend zugehört und massiert sich nun mit Daumen und Zeigefinger den Nasenrücken.
"Du denkst dabei an mich oder? Ich soll diese Aufgabe übernehmen."
Eragon war sofort klar, dass die Würfel gefallen waren. Murtagh hatte sein Anliegen erkannt und nun musste sich zeigen ob er bereit war diese Aufgabe zu übernehmen.
"Ich müsste den Orden beitreten oder? "
"Ja." erwiderte Eragon schlicht und fügte dann noch hinzu: "Ich verstehe, dass Du bisher immer gezögert hast dich offiziell uns anzuschließen. Gerade weil ich deine Gründe so gut nachvollziehen kann habe ich dich nie gedrängt oder dich direkt gefragt. Du wusstest das dir meine Tür immer offen steht, ganz gleich was in der Vergangenheit gegeben hat. Ich frage dich jetzt direkt weil....... Murtagh, wenn ich jetzt wann dann? Selbst die Zwerge haben ihre Glückwünsche zu deinem Sieg übermittelt. Der große Krieg hat auch bei ihnen Wunden geschlagen doch inzwischen sind sie vernarbt. Gut, sie werden dich nie völlig ohne Vorbehalte bei sich begrüßen aber was soll's?! Und im Grunde stehst du doch schon an unserer Seite, seit der Krieg zu Ende gegangen ist. Bei jeder Krise hast du uns beigestanden! Du weißt auch, dass ich immer ein offenes Ohr für die anderen Reiter habe und niemals schlicht bedingungslosen Gehorsams erwarte....."
Murtagh ob abwehrend die Hände.
"Das weiß ich allerdings Bruder. Ich gebe zu, kurz nach dem Krieg war mit die Vorstellung von irgend jemanden Befehle entgegennehmen zu müssen unerträglich. Aber ich vertraue dir und ich weiß, dass du kein Despoten bist. Müsste ich denn auf dieser Position mit euch in den Osten fliegen und dem Ältestenrat der Reiter beitreten?"
Eragon saß als ein positives Zeichen, dass Murtagh offenbar bereit war über den Vorschlag nachzudenken.
"Nein, du müsstest natürlich nicht mit uns im Osten leben. Die Schule für die Magier soll der hier in Alagaesia entstehen. Du wärst quasi der erste Reiter der neuen Zeit, der dauerhaft in diesem Teil der Welt stationiert ist. Du wärst unser Sprecher hier."
"Und der Ältestenrat?" Murtagh kratzte sich nachdenklich den Bart. "Mein Verhältnis zu deinem alten Lehrer Glaedr ist zwar entspannter geworden in den letzten Jahren aber mir wäre trotzdem nicht wohl dabei mit ihm im Rat zu sitzen. Ich weiß, dass er den größten Verlust überhaupt durch mich erlitten hat aber auch für Dorn und mich ist die Erinnerung an den Tod des Elfen Oromis alles andere als angenehm. Galbatorix hat meinen Körper übernommen um ihn zu töten. Er hat praktisch meine Seele zur Seite gestoßen und nicht seiner Marionette gemacht. Daran denke ich nicht gern zurück."
"Das kann ich sehr gut verstehen." räumten Eragon ein. "Um deine Frage zu beantworten: Nein du müsstest nicht einen Sitz im Ältestenrat einnehmen. Wenn man deine Erfahrung bedenkt hättest Du zwar jedes Anrecht auf einen Sitz aber es wäre nicht praktikabel. Wie gesagt Du wärst hier in Alagaesia stationiert und könntest gar nicht regelmäßig an den Sitzungen teilnehmen. Deshalb und nur deshalb biete ich dir nicht auch einen Sitz im Rat an. Als unser Abgesandter in Alagaesia hättest Du aber stets das rechtlich an den Rand zu wenden. Ich würde dir einen speziell verzauberten Spiegel hierlassen der dich mit uns verbindet und vor unerwünschten Zuhörern geschützt ist. Vor allem könntest du dir aber auch endlich ein Leben in der Nähe von Nasuada und deines Sohnes aufbauen. Und wie gesagt: so fiel würde sich doch gar nicht ändern, oder?"
Einen Augenblick wirkte Murtagh noch skeptisch, dann verzog er den Mund zu einem schiefen Lächeln.
"Ich müsste sogar schon wo wir diese Schule einrichten könnten."
Eragon konnte nicht anders als zu grinsen.
"Heißt das......?"
Saphiras Reiter zog aus einem Beutel an seinem Gürtel einen Anstecker hervor wie in jeder voll ausgebildete Reiter erhielt. Er stellte das Wappen der Reiter da und war mit einem Rubin geschmückt der Dorns Schuppenfarbe entsprach.
Eine endlose Weile, so erschien es zumindest Eragon, starke Murtagh das Schmuckstück nur nachdenklich an. Dann ergriff er es schließlich und befestigte es an seinem Wams.
Als sich der Blick seiner grauen Augen wieder auf Eragon richtete konnte diese nicht anders als zu Lächeln.
"Aber wie du nennst mich noch einmal "Schattentöter" oder leitest irgendwelche Heiratsanträge an mich weiter! Dann werde ich....."
"Bruderherz!" unterbrach Eragon scheinbar überrascht. "Was für Heiratsanträge? Du bist doch verheiratet!"
Nun mussten Selenas Söhne beide lachen und setzten ihren Weg zum Konferenzraum fort.  

Eragon Band 6 - Die Wege der ReiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt